Die Fluchweberin
nirgendwo wurde eine Unterhaltung geführt. Je näher ich meinem Ziel kam, desto mehr wurde mir bewusst, dass ich eigentlich nicht die geringste Ahnung hatte, was ich dort wollte. Wonach suchte ich überhaupt? Nach einem Beipackzettel, der mit dem Amulett gekommen war? Was, wenn Max tatsächlich ein Zauberer war, der erst Kim und dann mich verhext hatte?
Krampfhaft versuchte ich mich daran zu erinnern, wie die Gestalt aus meinem Traum ausgesehen hatte, die mir die Kette umgelegt hatte, doch sosehr ich mich auch konzentrierte, es wollte mir nicht gelingen, eine Ähnlichkeit zu Max zu finden. Dazu war der Eindringling zu verschwommen gewesen. Um ehrlich zu sein, glaubte ich auch nicht, dass Max etwas mit der Sache zu tun hatte. Ich traute ihm wederzu, dass er Kim und mich in irgendeiner Form verhext, noch, dass er Skyler angegriffen hatte. Wenn der Zauber bei ihm seinen Ursprung hatte, dann wusste er nichts davon. Darauf hätte ich, ohne zu zögern, meinen Hintern verwettet.
Auch wenn Max nicht oder nur unwissentlich in die Sache verwickelt war, so kam das Amulett von ihm. Vielleicht würde es mir weiterhelfen, wenn ich einen Hinweis auf den Absender finden könnte. Irgendetwas, das mir mehr über den Ursprung des Schmuckstücks und seine Verwendung verriet.
Unbehelligt erreichte ich Max’ Zimmer. Ich streckte die Hand nach dem Türgriff aus. Eine Hand auf meinem Mund unterdrückte meinen erschrockenen Aufschrei, als ich gepackt und unsanft in eine Besenkammer auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges gezerrt wurde. Die Tür blieb einen kleinen Spaltbreit offen, nicht weit genug, um die Dunkelheit von mir fernzuhalten, die sich in der engen Kammer über mich legte und meine Panik anwachsen ließ. Ich strampelte und versuchte mich zu befreien, als ich mir plötzlich der Kette um meinen Hals bewusst wurde. Skyler. Ich versuchte noch immer, mich seinem Griff zu entwinden, doch ich kämpfte nicht mehr mit allen Mitteln.
»Sei leise«, zischte er mir ins Ohr und klang dabei so eindringlich, dass ich schlagartig meine Gegenwehr einstellte.
Er veränderte seine Position, schob sich näher an den Türspalt heran und spähte auf den Gang hinaus. Gegenüber ging die Zimmertür auf und Max trat auf den Gang. Er hielt einen Ordner mit dem Teamlogo unter den Arm geklemmt, den er wohl vergessen hatte, und lief zum Treppenhaus. Kurz darauf waren seine Schritte verklungen und er war fort.
Scheiße! Er hätte beim Teammeeting sein sollen! Um ein Haar wäre ich einfach in sein Zimmer spaziert und … Oh Mann, wie hätte ich ihm das erklären sollen?!
Doch ich hatte noch einen weiteren Erklärungsnotstand. Was sollte ich Skyler erzählen? Plötzlich war ich mir seiner Nähe überdeutlich bewusst, ebenso wie der Tatsache, dass ich mich zu wohl dabei fühlte. Sofort versteifte ich mich in seinem Griff.
Er wartete noch ein paar Sekunden ab, dann ließ er mich los und schaltete das Licht an. »Was sollte das werden?«
»Nichts.«
»Interessante Auffassung, die du da von nichts hast.«
»Du meine Güte«, entfuhr es mir ein wenig zu laut. Sofort senkte ich meine Stimme. »Ich habe Max ein Buch geliehen und brauche es zurück.«
»Und deshalb willst du dich heimlich in sein Zimmer schleichen, statt ihn darum zu bitten, es dir zu geben.«
Es hatte keinen Zweck, zu leugnen, dass ich mich bei ihm einschleichen wollte. Dafür hatte ich mich zu auffällig benommen. Ich verstand jedoch nicht, warum Skyler sich so aufführte. Wie ein eifersüchtiger … nein, nicht eifersüchtig. Es war wohl eher Misstrauen, das seinen Blick so hart und kalt werden ließ, dass es mir einen Schauder über den Rücken jagte.
»Solltest du nicht beim Teammeeting sein?«
»Und zulassen, dass du dich inzwischen in Schwierigkeiten bringst?« Skyler schüttelte den Kopf. »Ich schlage vor, wir gehen jetzt erst einmal an einen Ort, wo wir ungestört sind, und dann erzählst du mir, was du wirklich hier wolltest.« Er öffnete die Tür und bedeutete mir, die Kammer zu verlassen. Als ich mich nicht sofort bewegte, schob er mich auf den Gang. Glühender Schmerz durchfuhr mich an der Stelle, an der Skylers Hand meinen geschundenen Rücken berührte. Ich unterdrückte einen Aufschrei, konnte aber nicht mehr verhindern, dass mir ein Stöhnen entfuhr. Sofort hielt Skyler inne. Einen Moment lang musterte er micheingehend, dann schob er die Bluse in meinem Rücken ein Stück nach oben und sog zischend die Luft ein.
»Oh mein Gott, Raine!«, entfuhr es ihm. »Was
Weitere Kostenlose Bücher