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Die Flüchtende

Die Flüchtende

Titel: Die Flüchtende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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zu einem lang ersehnten Fest unterwegs wäre, einen halben Meter vor ihr her.
    Das Haus war einstöckig und hatte ein Mansardendach. Irgendwann, als es noch Mode gewesen war, hatte jemand so viel schlechten Geschmack besessen, die Fassade mit Eternitplatten zu verkleiden. Vor der Außentür in der Mitte des Hauses hatte vermutlich dieselbe Person eine Treppe samt einer kleinen Veranda mit grünen Lichtwellplatten eingebaut, und das hatte dem Charme des Hauses den Todesstoß versetzt.
    Sie blieben vor der Gartenpforte stehen und sahen sich an. Sibylla schüttelte missmutig den Kopf, um zu zeigen, dass sie dies für eine ausgesprochen schlechte Idee hielt. Das gab Patrik den Anstoß, sofort die Gartentür zu öffnen und in Richtung Haustür zu schlendern.
    Sie seufzte und folgte ihm. Hier konnte sie ja schlecht stehen bleiben.
    «Was willst du denn sagen?»
    Er kam nicht dazu zu antworten, da im ersten Stock des Nachbarhauses ein Fenster aufging und eine Frau mittleren Alters den Kopf herausstreckte.
    «Wollen Sie zu Gunvor?»
    Sie sahen sich an.
    «Ja», antworteten sie wie aus einem Munde und sahen sich wieder an.
    «Sie ist in ihrem Häuschen. Draußen bei Segersvik. Soll ich sie grüßen?»
    Patrik machte einen Schritt auf die Grundstücksgrenze der Frau zu.
    «Ist es weit dorthin?»
    « Nun, es sind schon einige Kilometer. Sind Sie mit dem Auto da?»
    «Ja», erwiderte Patrik ohne Zögern.
    « Sie nehmen die alte Straße nach Gamleby, fahren an Piperskärr vorbei, und dann sind es wohl noch an die zehn Kilometer. Ich glaube, da steht ein Schild.»
    «Vielen Dank für Ihre Hilfe.»
    Er kehrte der Frau den Rücken zu und nahm ihr dadurch die Gelegenheit, noch mehr Fragen zu stellen. Sie gingen zur Gartenpforte zurück, und in dem Moment, als sie auf die Straße traten, hörten sie, wie die Frau das Fenster schloss.
    «Er ist da draußen ermordet worden», sagte er leise. «Ich habe gelesen, dass er in seinem Sommerhaus ermordet worden ist.»
    Sie gingen weiter, um aus dem Blickfeld der Frau zu kommen. Am Ende der Straße blieb Sibylla stehen.
    «Nun denn. Und was machen wir jetzt? Wir schaffen das kaum zu Fuß, wenn wir den Bus zurück erwischen wollen.»
    «Wir müssen ein Taxi nehmen.»
    Sie runzelte die Stirn.
    «Ich habe Geld», erklärte er.
    Sie war trotzdem nicht erbaut.
    «Wie kommt es, dass du so viel Geld hast? Ist das so üblich in deinem Alter?»
    Er antwortete nicht, sondern sah zu Boden.
    «Mensch, sag bloß, du hast es geklaut?»
    «Nein. Nur geliehen.»
    «Von wem?»
    Er zog los in Richtung Busbahnhof, wo sie einen Taxenstand gesehen hatten. Sibylla blieb stehen.
    «Ich mache keinen Schritt, bevor du erzählst, wem du es geklaut hast.»
    Er blieb stehen und drehte sich um.
    «Ich habe es mir zu Hause geliehen. Aus der Haushaltskasse. Das ist harmlos. Ich zahle es zurück, bevor sie was merken.»
    «Aha. Und mit welchem Geld?»
    «Ach. Das wird sich zeigen.»
    Er drehte sich um und ging weiter, doch Sibylla rührte sich nicht vom Fleck. Als er das merkte, drehte er sich erneut um und rief gereizt nach ihr.
    «Was ist nun, wollen wir hier herumstehen und dumm daherreden, oder wollen wir versuchen etwas auszurichten?»
    «Wie viel war es?», rief sie zurück.
    Er zögerte ein wenig.
    «Tausend Kronen.»
    Sie holte ihren Brustbeutel hervor und entnahm einen weiteren geheiligten Schein, zog den Reißverschluss zu und ging auf Patrik zu.
    «Hier», sagte sie und reichte ihm den Schein. «Und wenn du jemals wieder was klaust, mache ich auf der Stelle die Biege. Kapiert? »
    Er nickte verblüfft und betrachtete den Schein.
    «Ob du das kapiert hast, will ich wissen!»
    «JA!»
    Er riss den Schein an sich. Sie ging an ihm vorbei und zum Busbahnhof voraus.
    « Bitte.»
    Nach etwa zehn Metern drehte sie sich um. Er stand noch immer am selben Fleck.
    «Wollen wir hier herumstehen und dumm daherreden, oder kommst du?»
    Er zögerte noch einen Moment und kam ihr dann widerstrebend nach.
    Als das Taxameter die Zweihundertkronenmarke passiert hatte, schüttelte sie den Kopf.
    Taxi fahren!
    So eine Verschwendung hatte sie noch nie erlebt.
    An Piperskärr waren sie längst vorbei, und der Asphalt war eben abrupt zu Ende gewesen und in einen Kiesweg übergegangen. Sie fuhren mal durch Wald und mal durch Felder, kurvten über sanfte Hügel und um Felsbuckel und Gehölze herum.
    Niemand sagte etwas unterwegs. Der Taxifahrer war zum Glück einer von der schweigsamen Sorte, und Patrik hatte es nach ihrer Zurechtweisungen

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