Die Flüchtlinge des roten Mondes
Schritt zurückzutreten, ehe der emporschießende Dschungel einen umgarnte.
Dravash schob einen Zweig beiseite und trat in das helle Tageslicht. Seine schwarzen Schuppen glitzerten. Vor ihm erkannte Dane eine niedrige Natursteinmauer mit glasartiger Oberfläche. In der Mauer war ein Spalt, durch den Dravash hindurchging. Die anderen folgten ihm. Dane blickte zurück und sah hinter sich augenscheinlich unberührten Dschungel. Wieder verbarg das Kraftfeld den Stützpunkt, und er fragte sich, ob ein Beobachter – es mußten intelligente Wesen sein, innerhalb von nur wenigen Meilen Entfernung – sie offensichtlich aus dem Nirgendwo hatte auftauchen sehen. Doch er hoffte inbrünstig, daß niemand um ihre Existenz hier wußte.
Ein Hauch würziger, heißer Luft schlug Dane ins Gesicht, und er starrte einen langen Hang hinab, der mit von der Hitze verdorrtem Gras bedeckt war. Dunkle, verkrüppelte Bäume, die ihn ein wenig an Apfelbäume erinnerten, rauschten bei jeder Bö des heißen Windes. Kleine, eulenartige braune Vögel starrten sie aus den Zweigen eines Baumes an und erhoben sich, mit den kurzen Flügeln flatternd, mit sonderbar traurigen Rufen in die Luft und glitten den Hang herab. Auf den Zweigen hatten sie wie kleine Eulen ausgesehen. Im Flug erinnerten sie an Rebhühner. Er starrte ihnen nach und spürte, wie sich ein Gefühl von Heimweh um sein Herz krampfte.
Eulen und Rebhühner. Aber das waren sie nicht. Apfelbäume und Tannen, Sonnenuntergang hinter der Golden Gate Bridge, die leuchtend roten Ahornblätter im Herbst, Flüsse, in denen man angeln konnte, der Fujiyama, Tahiti, der Rio Grande, der Hudson … vorbei! Auf immer verloren, irgendwo im interstellaren Raum! Seine Finger krampften sich um den Rand der Schwertscheide. Der Daumen drückte den Verschluß. So wie jetzt spürte er es selten … Er blickte auf seine Füße hinab, die sich den Weg über die fremde Erde suchten.
Ein kleines Tier, fast wie ein Kaninchen, schoß aus dem Gras und hoppelte den Berg hinunter.
Schweiß rann über Danes Stirn. Mit jedem Schritt abwärts wurde die Hitze stärker. Das Gras war goldfarben, von der Sonne versengt. Die Hitze war höllisch und von klammer Feuchtigkeit.
Der Hang war länger, als er ausgesehen hatte. Weit unten deutete ein fernes Glitzern auf einen kleinen Strom am Grunde des Tales hin – doch Dane erinnerte sich an die Karte. Dieses Flüßchen mußte zu einem gehörig großen Strom anschwellen. Sie begannen den langen Abstieg hinab. Dahinter hob sich eine üppige grüne Masse, die wie ein Moosbett wirkte.
Als Belsar im Zenit stand, hatte Dane in der prallen Hitze Kopfschmerzen bekommen, und die Sonnenstrahlen schienen den ganzen Himmel zu erfüllen. Seine Augen brannten, und er wünschte sich, daß unter den Eingeborenensachen eine Sonnenbrille gewesen wäre. Getrockneter Schweiß klebte ihm am Körper. Gut, daß die anderen im Gegenwind gingen.
Wenn es hier nur ab und zu einmal schneite, würden wir besser damit fertig. Es gab, wie er sich erinnerte, um die Pole eine Schneeschicht, und die erste Untersuchungsgruppe hatte Anzeichen von Vergletscherungen gefunden, die vor ein paar Millionen Jahren einmal den ganzen Planeten bedeckt hatten. Nun, auch bei den Zwischeneiszeiten der Erde hatte es Hitzeperioden gegeben. Damals hatte es in England Nilpferde, und Elefanten in Nordamerika gegeben. Planeten hatten eben kalte und heiße Perioden, und es war sein Pech, daß er diesen in einer Hitzeperiode betrat.
Und sie waren immer noch hoch in den Bergen. Er erinnerte sich an die Karten, die er auf der Reise hierher studiert hatte. Sie mußten einige tausend Meter hinabsteigen, ehe sie die Stadt erreichten. Wie heiß würde es dort erst sein?
„Wann machen wir eine Pause?“ fragte Rianna. Dravash drehte sich überrascht um. Seine Rasse hatte sich auf einem noch heißeren Planeten als diesem entwickelt. Aber Aratak blieb stehen und kauerte sich neben sie.
„Sie stammen aus kalten Welten, Kapitän“, erklärte er. „Fühlst du dich wohl, Rianna? Ich habe nicht daran gedacht, wie schwierig das Klima für euch sein würde.“
„So schlimm ist es nicht“, meinte sie, „aber ohne Pause kann ich nicht mehr lange in dieser Hitze weitergehen – und Dane auch nicht.“
Eine schwarze, schuppige Pranke wies den Abhang hinab. „Da unten gibt es Wasser“, sagte Dravash. „Könnt ihr noch bis dahin durchhalten? Ich denke, wir könnten auch hier rasten – jedenfalls ein bißchen. Aber wenn uns jemand auf
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