Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
den Fersen ist …“
    Wir sind ihm eine Last, dachte Dane und trottete weiter den Berg hinab. So schlimm war es auch nicht, gemessen an Temperaturen auf der Erde, wenn er nur in guter Kondition gewesen wäre. Und das war er nicht, mußte er reumütig bemerken. Zu bequemes Leben in Ödstadt.
    „Ich schaffe es“, sagte Rianna. „Nur eine Minute.“ Sie wühlte in ihrem Beutel und streckte Dane eine Hand entgegen, auf der kleine, weiße Pillen lagen.
    „Salz. Das brauchst du in dieser Hitze.“
    „Richtig.“ Daran hätte er auch selber denken können. Er war oft genug in den Tropen gewesen, um diese Gefahr zu kennen. Ein Sonnenstich befand sich nämlich nicht unter den Risiken, um derentwillen er auf diesen Planeten gekommen war (weshalb war er eigentlich gekommen?), doch wenn dieser Tag hier typisch war – oder noch schlimmer, wenn es ein kühler Tag war –, würde das zu einer der größten Gefahren.
    Bisher wirkte alles ganz friedlich …
    Sie gingen weiter. Eines dieser Eulenwesen segelte über ihnen und schnalzte traurig. Ein Tier von der ungefähren Erscheinungsform eines Rehs graste friedlich neben dem Wasser. Es blickte auf, als sie sich näherten, sah sie und flüchtete in anmutigen Sprüngen.
    Jenseits des Flusses wucherte das verfilzte Grün zu einem Wald aus, so dicht, daß Dane ihn für einen Dschungel hielt. Als sie die letzte ebene Strecke diesseits des Flusses überquerten, vernahmen sie mehrere beunruhigende Geräusche: ein Hupen und sonderbare, entfernte, stöhnendklagende Schreie. Die apfelbaumartigen Bäume wurden dicker, als sie sich dem Fluß näherten, und wechselten in eine andere Baumart mit fedrigen Blättern und weich wirkenden bräunlichen Stämmen über, die Riesensumachs glichen. Über dem Wald wedelten palmenartige Zweige, die in Dane plötzlich ein Gefühl von Heimweh nach einer Kokospalme oder einem Bananenbaum wachriefen.
    Auch war das Gras hier dicker, und er suchte unbehaglich seinen Weg, weil er Angst vor Schlangen hatte. Nach einer Weile hob er einen Stock auf und tastete den Boden vor jedem Schritt ab. Rianna beobachtete ihn eine Zeitlang neugierig und fragte dann: „Was suchst du?“
    „Schlangen.“
    „Schlangen? Wozu? Interessierst du dich dafür?“
    „Nein, natürlich nicht. Aber auf dieser Welt kann es giftige Exemplare geben, von denen wir nichts wissen.“
    „Giftig? Schlangen?“ Dieser Gedanke erstaunte sie. „Du meinst, auf deiner Welt sind Schlangen giftig? Was machen sie denn? Haben sie Stacheln am Schwanz wie ein Fischkiller? Wie merkwürdig!“ Der Gedanke allein schien sie zu belustigen, und nach einem Moment kicherte auch Dane.
    „Aber du würdest nicht lachen, wenn du einmal gesehen hättest, wie jemand an einem Klapperschlangenbiß gestorben ist“, sagte er, plötzlich wieder ernst.
    „Biß? Eine Schlange? Du meinst, Schlangen haben auf deiner Welt Zähne und beißen auch?“
    „Fangzähne“, antwortete er, „hohle Zähne mit Giftdrüsen.“
    „Oh, wie ein Todesvogel“, sagte sie. „Aha.“
    Der Gedanke an die Existenz eines Todesvogels schockierte Dane, und noch lange Zeit später blickte er ab und zu mißtrauisch zum Himmel auf. Aber warum eigentlich nicht? Auf seiner Welt hatten Vögel und Schlangen gemeinsame Ahnen, die Reptilien.
    Aber diese kurze Unterhaltung machte ihn nachdenklich. Die der Erde ähnliche Erscheinungsform dieses Planeten konnte tödliche Fallen verbergen. Die Schlangen brauchten nicht giftig zu sein – aber alles andere. Die Vögel. Die Rehe. Alles …
    Ein Insekt von der Größe eines Kolibris flog vorbei. Ein weiteres, sogar noch größer, schwebte auf netzartigen Flügeln über den Fluß. Als sie sich dem Wasser näherten, löste sich ein Schwarm der Vögel, die Dane insgeheim Knackeulen nannte, aus den Bäumen.
    Dravash trank nur wenig, während Dane und Rianna das süße Naß aus der raschen Strömung in sich einsaugten und sich gegenseitig mit Wasser bespritzten. Aratak bewegte sich flußabwärts, bis er eine tiefe Stelle fand, in der er bis zu den Augen versinken konnte. Aus dem Teich schossen einige kleine nagetierartige Wesen, die sich entsetzt und aufgescheucht im Dschungel versteckten.
    Dravash schnaubte, setzte sich ans Ufer und beobachtete sie mißmutig. Dane hätte sich nicht gewundert, wenn Dravash sich eine Pfeife angesteckt hätte – wenn ihn auch die Vorstellung eines drei Meter großen Drachens, der friedlich ein Pfeifchen raucht, zum Lachen brachte. Der Kapitän erinnerte ihn an einen alten

Weitere Kostenlose Bücher