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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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geschleuderten Speer fürchteten. Wo in dieser ungeheuren Vielzahl von Sternen war Danes eigene verlorene Sonne? Welcher von den Millionen von Lichtpunkten enthielt eine kleine, blaue Welt, so klein und unbedeutend – aber seine Heimat? Dane kaute nachdenklich die süßliche, knusprige Haut des Vogels und wünschte sich schmerzhaft, in dem vertrauten Grand Canyon zu sitzen und nicht in der Großen Schlucht von Belsar, wünschte sich, daß er zum Himmel sehen könnte und das vertraute Gefunkel des Großen Bären, des Polarsterns und Andromedas betrachten könnte und nicht dieses grelle, dämonenverseuchte Sternenlicht. Er hatte sich noch niemals in seinem Leben so allein gefühlt, trotz des vertrauten Riesenkörpers von Aratak, der sich dicht an das Feuer gekauert hatte, trotz Riannas freundlicher Stimme und ihrem falschen, taktvollen Lächeln. Doch als er die Decken unter dem Sternenhimmel ausbreitete, sehnte er sich nach der vertrauten Wärme ihres Körpers, nach etwas, was die Einsamkeit und das Brennen der Sterne vertrieb.
    Plötzlich begriff er, warum das Volk von Belsar zwischen sich und dem unheimlichen Himmel Tücher spannte, und er sehnte sich nach einem Zelt über seinem Kopf …
    Vielleicht kam Rianna noch zu ihm. Sie hatte das schon oft nach kleineren Streitigkeiten getan, wollte die Unterschiede mit dem Bewußtsein ihrer ursprünglichen Gleichheit auswischen. Das starke sexuelle Verlangen hatte zwischen ihnen noch nie nachgelassen. Doch die Nacht nahm ihren Verlauf, das Feuer erstarb zu einem dünnen Rauchfaden, und sehr schwach duftete das Fleisch in der improvisierten Trockengrube, und sie kam nicht.
    Lag sie in Jodas Armen, gewillt, ihm seine neu errungene Männlichkeit zu bestätigen? Dane fühlte sich zerrissen, wütend, eifersüchtig, sehnsüchtig, elend. Er konnte nicht schlafen, und das plötzliche Bewußtsein von Riannas totaler Fremdheit schmerzte ihn.
    Sie hatten wirklich nichts miteinander gemein. Nichts außer Erinnerung an die gemeinsamen Gefahren auf dem Roten Mond … waren sie wirklich durch nichts anderes verbunden? Das und eine starke sexuelle Anziehung?
    Schlimmer und demütiger war, daß Rianna das einzige menschliche Wesen im Universum war, mit dem er sich überhaupt verbunden fühlte, daß er sich an sie hängte, weil sie das einzige Vertraute in einem Universum unbegreiflich fremdartiger Wesen darstellte. Und sie, die wußte, wie sehr er von ihr abhängig war, würde sie ihn verlassen?
    Es gab niemand anderen. Jetzt, wo Dallith tot war, gab es niemanden mehr … Es wäre nicht so mit Dallith gewesen , dachte er, ich habe sie geliebt und sie mich, sie hat mich wirklich geliebt. So weit wäre es nicht gekommen …
    Dann erkannte er mit einem ironischen Lächeln die Selbsttäuschung. Er hatte Dallith idealisiert … und sie war gestorben, noch ehe sie ihm seine Illusionen rauben konnte. Sie hatten unter dem Schatten des Roten Mondes Gefahren und Liebe geteilt, und sie war auf tragische Weise gestorben, als Freiheit und Sieg schon fast gesichert erschienen. Jeder Augenblick, den er mit Dallith verbracht hatte, war farbig gewesen, aufgeladen mit Gefühlen. Niemals waren sie von den gewöhnlichen Dingen des Alltagslebens konfrontiert worden, die oft so desillusionierend wirken. Daher würde Dallith für ihn immer seine verlorene Liebe darstellen, die einzig Perfekte seines Lebens, die einzige Erinnerung ohne Makel und immer in seinen Gedanken gegenwärtig, verbunden mit den Erinnerungen an Gefahren, an Liebe und Angst, an seine Jugend …
    Rianna war real, seine Kameradin, seine Freundin, seine Schwertkampfkameradin … aber sie war ihm vollständig fremd und würde es immer bleiben. Alles andere war eine Illusion. Nach einer Weile verfiel er in gehetzte Träume von Sternen und geschleuderten Felsen und Rashas und einsame Wanderungen. Spät erwachte er. Das Feuer war ausgegangen, und um sich her konnte er bei dämmrigem Sternenschein die drei Gestalten seiner Kameraden ausmachen, die in ihre Decken eingerollt dalagen. Aratak riesig und dunkel, mit einem schwachen, durchsichtigen Schein um die Kiemenschlitze herum, die durch die Dunkelfärbung nicht überdeckt werden konnten. Joda, der so schmächtig, fast wie ein Kind wirkte. Rianna, ein abgesondertes, merkwürdig fremdartiges Bündel, zusammengerollt, so wie sie immer schlief, die Arme über dem Kopf, das Gesicht in ihnen vergraben, ihm den Rücken zugewandt, fremd, zurückweisend … Sie wirkte klein und allein, so daß Dane in seiner

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