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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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einen Stein, zielte und schleuderte ihn hinterher. Der Vogel flatterte auf und fiel zu Boden. Dane tötete es und fühlte sich jetzt irgendwie befriedigt.
    „Hier“, sagte er zu Rianna, als er bei den beiden anlangte. „Jetzt habe ich auch meinen Teil getan. Wir können dies hier heute abends braten und dann das Harlikfleisch rösten und als Proviant mitnehmen. So wird es länger frischbleiben.“
    Aber Joda starrte ihn mit offenem Mund an, war schockiert und entrüstet. Nach einem langen Moment der Stille sagte er: „Aber ich hatte gedacht … euer Volk sei zivilisiert! Du hast einen Stein geworfen! “ In seiner Stimme klang Abscheu und Entsetzen, und er trat sogar einen Schritt von Rianna fort und blickte sie konsterniert, an, als habe auch sie eine Grausamkeit begangen. Zu spät fiel Dane das Tabu dieses Planeten ein, keinen Speer zu schleudern, keinen Pfeil zu schießen, nicht einmal einen Stein zu werfen …
    „ Dane! “ sagte Rianna scharf. „ Wie konntest du nur! “ In ihrer eigenen Sprache sagte sie rasch, so daß Dane es nur durch die Translatorscheibe hören konnte: „Weißt du eigentlich, daß du vielleicht alles zerstört hast, was ich an Loyalität für uns aufgebaut hatte? Weißt du denn nicht, daß dies ihr stärkstes Tabu ist?“
    Dane gab verteidigend zurück: „Wir befinden uns nicht unter Leuten, die dieses Tabu achten, Rianna. Joda weiß, daß wir nicht zu seinem Volk gehören. Sicher ist er vernünftig genug, um zu begreifen, daß es in einem Universum mit so vielen Völkern auch verschiedene Gesetze gibt, und dieses gehört nicht zu den unsrigen.“ Er redete Joda an und versuchte eine Art Entschuldigung, soweit ihm dies möglich war: „Ich habe einfach die hiesigen Gesetze vergessen, Joda. Tut mir leid, wenn ich dich beleidigt habe. Bei uns ist das nicht Gesetz, aber ich habe versucht, es einzuhalten. Ist es denn so wichtig hier draußen, wo es außer dir niemand von deinen Leuten sieht und sich beleidigt fühlt?“
    Er sah, wie Joda mit sich kämpfte, und sagte zu sich selber: Jawohl, ich habe eine verdammte Dummheit begangen, doch der Junge ist klug genug, es zu begreifen.
    Joda sagte mit ehrlichem Kummer in der Stimme: „Ich dachte … zivilisiertes Benehmen … ich hätte nicht gedacht, daß du ein Mann seist, der einen Speer schleudert!“ Bekümmert mit den Augen blinzelnd, drehte er sich um und ging.
    Dane bückte sich, um sich den Tierkörper auf die Schulter zu heben. Rianna wandte sich ihm ärgerlich und bekümmert zu. „Dane, wie konntest du nur? Wie konntest du so etwas tun?“
    Nüchtern gab Dane zurück: „Ich habe es vergessen, Rianna. Das ist die Wahrheit. Ich habe den Vogel gesehen und einfach reagiert. Ihr redet über kulturbedingte Instinkte. Hast du vergessen, daß auch ich so etwas habe?“ Wieder stieg Wut in ihm auf. Hölle, er hatte sich entschuldigt, hatte sich fast vor dem Jungen gebeugt! „Ich habe ihm gesagt, daß es mir leid tut. Ich habe versucht, es zu erklären. Aber früher oder später wird er lernen müssen, daß nicht jeder in dem ganzen großen Universum nach den beschränkten Dörflertabus lebt, und wenn er clever genug ist, eine Vorstellung von der Galaxis zu akzeptieren, wird er auch clever genug sein, damit zu leben.“
    „Und wenn schon. Ich wollte es ihm Schritt für Schritt beibringen. Und du versuchst da einen dummen Trick!“ Sie sah ihn voller Wut mit dem Temperament an, das er in dem einen Jahr ihres Zusammenlebens so gut kennengelernt hatte. Sie war wütend wie selten. „Du hast vielleicht meine ganze Arbeit zunichte gemacht!“
    „Verdammte Arbeit!“ schleuderte er ihr entgegen und wandte sich zu ihr um, wobei er das Gewicht des Harliks auf der Schulter verlagerte. Sie warf den Kopf zurück und sagte verächtlich: „Oh, was soll es schon, du verstehst das ja doch nicht. Du bist kein Wissenschaftler. Ich vermute, du begreifst nicht einmal die Grundprinzipien, die besagen, daß man auf einem fremden Planeten die dortigen Sitten und Gebräuche niemals verletzen darf. Aber von dir kann man ja nicht erwarten, daß du überhaupt irgend etwas weißt – überhaupt nichts!“ wiederholte sie zornig. „Du weißt nichts von der Arbeit eines Wissenschaftlers!“
    Verletzt und wütend gab Dane zurück: „Verdammt, dann hungere doch! Ich dachte, ich würde etwas Wichtiges beisteuern!“
    „Wenn wir seit Tagen nichts richtiges zu essen gehabt hätten und du kurz vor dem Verhungern gewesen wärest“, fauchte Rianna mit verletzendem

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