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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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verbringen? Dane glaubte in den Tiefen einer unvermittelten depressiven Stimmung, daß es nicht ausreichte. Nach der Jagd, als sie lediglich zwei menschliche Überlebende waren, hatte die Erinnerung, das starke Band der gemeinsam erlebten Gefahr sie verbunden, hatte eine starke Gemeinschaft gebildet. Aber Liebe? Liebe … was war Liebe?
    Er hatte Dallith geliebt, die auf dem Roten Mond gestorben war … und ohne Dallith gab es kein lebendes Wesen in den Welten des Universums, mit dem ihn noch ein emotionales Band einte. Er war allein, allein, allein wie es noch kein menschliches, auf der Erde geborenes Wesen jemals gewesen war, und die Erde selbst war irgendwo in den unermeßlichen Weiten der Sterne verloren!
     
    Belsar war schon lange hinter dem westlichen Rand des Canons versunken. Nun herrschte dämmriges Zwielicht. Nach dem Sonnenuntergang waren nur der Schein des Feuers und der Glanz der Sterne übriggeblieben, die eben am Firmament aufgingen. Hell leuchteten die Flammen. Dane schnitt die letzten Teile des Harliks in Streifen. Rianna nahm mit kühler Höflichkeit das Fleisch entgegen, und sie und Joda begannen, es um Stöcke zu wickeln, die sie zu diesem Zweck vorbereitet hatten, um sie über der tiefen Feuergrube zu drehen, die sie aus Steinen gebaut hatten.
    „Sieh mal, wir bedecken es mit einer Schicht nasser Blätter“, erklärte sie, „das wird den Rauch ablenken und das Fleisch trocknen, so daß wir es viele Tage lang aufbewahren können. Wir haben keine Zeit, es an der Luft zu trocknen. Nein, Joda, laß das Fleisch für das Abendessen übrig. Leg nicht alles dort hinein …“
    Dane sagte: „Wir haben doch den Vogel zum Abendessen.“ Er hatte bemerkt, daß sie ihn gerupft und gesäubert, mit grünen Ruten zusammengebunden und über das Feuer gelegt hatte.
    „Wirf den Vogel samt seiner Federn zu den Virekhi“, sagte Joda zornig. „Ich würde lieber hungern, als etwas essen, was mit einer unehrenhaften Waffe getötet wurde.“
    Die Virekhi waren die gurrenden Raubtiere der Nacht. „Wie es dir beliebt“, gab Dane zurück. „Mich binden eure Tabus hier nicht. Tut mir leid, wenn ich dich beleidigt habe, aber wir werden das Fleisch vielleicht brauchen. Nimm Haut und Knochen des Harlik draußen vor dem Lager für die Raubtiere.“
    Joda fauchte zurück: „Ich brauche keine Befehle von einem Speerwerfer anzunehmen!“ Der Tonfall des Jungen machte Dane klar, daß damit eine der schmutzigsten Beleidigungen gemeint war, und Rianna sagte scharf: „Joda! Entschuldige dich sofort bei Dane!“
    Einen Moment lang dachte Dane, der Junge würde trotzig reagieren. Im hellen Feuerschein wirkte sein Gesicht zusammengezogen und zornverzerrt. Dann senkte er den Blick und sagte: „Meine Lady hat recht. Wir reisen alle zusammen und befinden uns in gemeinsamer Gefahr, und ich werde versuchen zu …“ Er rang nach Worten und imitierte Arataks übliche Phrase. „Der Ehrwürdige sagt, wir müssen den anderen ihre Andersheit belassen. Es tut mir leid, dich beleidigt zu haben, Dane, und noch mehr, daß ich meine Lady beleidigt habe. Aber ich werde nicht das Fleisch eines unehrenhaft getöteten Tieres essen.“ Er bückte sich, nahm die Überreste des Harlik auf und trug sie aus dem Lichtkreis. Rianna lächelte Joda an, ein liebevolles, dankbares Lächeln, und Dane dachte mit erneuter Bitterkeit: Sie sorgt schon dafür, daß der eine Barbar nicht alles verdirbt, indem er mit dem anderen Primitiven streitet, während sie, die unbeteiligte Wissenschaftlerin, sie beide beobachtet!
    Als Joda nach einer Weile zurückkam und die Virekhi sich vor dem Lager balgten und gurrten, nahmen sie ruhig und – zumindest oberflächlich – friedlich ihr Mal ein. Riannas taktvolle Rücksichtnahme, die Tatsache, daß sie gemeinsam unterwegs waren und daß Streit gefährlich war, glättete die Wogen. Doch Dane spürte immer noch eiskalt die Entfremdung. Riannas Freundlichkeit gegenüber Joda, wie sie eine Vorwitzigkeit nicht zurückwies, sondern begrüßte, ließ Dane irgendwie weniger an sich selber denken … Auch er war ihre Wahl gewesen! Er sah in die vertrauten Augen auf der anderen Seite des Feuers, das einzige Vertraute an ihr, seit Haut und Haare dunkelbraun gefärbt waren, doch auch ihre Augen und das beruhigende Lächeln konnten ihn nicht umstimmen.
    Über dem Lagerfeuer schienen die Sterne von Belsar mit gespenstischer Helligkeit. Sterne, von Dämonen heimgesucht, gefürchtet von den Leuten … von Leuten, die auch einen

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