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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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eigenen Einsamkeit sich fragte : Sind wir denn alle immerzu allein? Er wollte aufstehen und zu ihr gehen, sie fest in den Arm nehmen, zu ihr unter die Decke schlüpfen … doch er tat es nicht. Aber wenn er es täte – würde sie ihn zurückweisen, ihn fortschicken? Er blieb, wo er war, und schlief schließlich wieder ein.

 
14
     
    Als er erwachte, stieg ihm köstlicher Geruch gekochten Fleisches in die Nase. Rianna hatte die Feuergrube geöffnet und war dabei, das getrocknete Harlikfleisch einzuwickeln und zu verstauen. Zwischen ihrem Lager und dem Fluß graste eine kleine Herde dieser rehähnlichen Tiere. Sie probierten ein paar Streifen des Fleisches. Dane fand, es schmeckte fast wie wenig gesalzener, aber gut geräucherter Schinken. Joda fragte im Hinblick auf die Tiere: „Sollen wir noch eins fangen?“
    „Mehr können wir nicht tragen“, erwiderte Dane und versuchte, sanft zu sprechen. Vielleicht wollte der Junge nicht einfach mit seinen Jagdkünsten angeben, sondern machte sich Sorgen um den Proviant. „Laß uns nicht unnötig etwas töten, nicht mehr jedenfalls, als wir in ein paar Tagen essen können. Da oben wird es auch Wild geben …“
    Rianna löschte das Feuer. Aratak übernahm einen Teil des Trockenfleisches in sein Bündel, weil er meinte, er sei stark genug, es zu tragen. Rianna akzeptierte das, wenn sie auch genau wußte, daß Aratak nichts davon anrühren würde. Dane entfernte sich eine kurze Strecke vom Lager und blickte prüfend in den Wald, der hinauf in die grüne Schlucht mit dem Wasserfall führte. Er suchte mit dem Teleskop nach einem anständigen Zugang. Es gab einen recht ordentlichen Weg, aber als er ihn bis in die Schlucht hinein mit den Augen verfolgte, endete er auf einem Grat, den man ohne Steigeisen, Seile und Kletterhaken nicht erklimmen konnte, und selbst dann würden es Joda und Rianna vielleicht nicht schaffen … von Aratak ganz zu schweigen! Gut, daß er diesen Weg nicht eingeschlagen hatte, denn er war zu naheliegend.
    Die Harlik hatten sich friedfertig äsend bis an den Rand des Waldes bewegt. Dane erinnerte sich, wie sich Joda im Gebüsch versteckt gehalten hatte, bis sie ihm fast in die Speerspitze gelaufen waren. Wenn wir heute morgen eins fangen würden, würde ich mich dort hinkauern, und Rianna oder der Junge würden die Tiere von den Bäumen her auf mich zutreiben … aber natürlich war jetzt keine Zeit dafür.
    Eine Schar Knackeulen flatterte keckernd aus den Bäumen hoch. Man hörte plötzlich einen aufgeregten Vogelstimmenchor und Rufe von Affen. Die Harliks hoben die Köpfe und witterten. Zwischen den Bäumen schimmerte etwas Weißes.
    Dane warf sich auf die Erde, duckte sich nieder, rief den anderen etwas zu … doch bevor noch sein Knie den Boden berührt hatte, war das Wesen schon mitten auf der freien Fläche.
    Schneller als eine Rasha. Schneller als ein Granth … ein Huschen. Ein weißes Huschen mit sechs vorbeizischenden Beinen. Die Harlikherde ergriff panikartig die Flucht und wirbelte mit riesigen Sätzen davon. Doch das Wesen war bereits zwischen ihnen. Der lange weiße Hals streckte sich und erwischte ein junges Tier mitten in der Bewegung.
    Dann stand es aufgebäumt da und hielt den um sich schlagenden Tierkörper zwischen den riesigen Fängen. Das Tier erschlaffte. Der weiße Hals nickte, die Kiefer lösten sich voneinander, und das Harlik fiel leblos zwischen das erste Beinpaar des Dings. Die schneeweißen Nüstern waren blutbespritzt.
    Die roten Flecken schienen zu leuchten. Das weiße Tier hob sich grell vor dem grünlila Hintergrund des Waldes ab, geisterhaft weiß, weiß wie der Tod.
    Der Sklavenhund der Kirgon!
    Sein Körper war schmal und anmutig wie der eines Windhundes, allein auf Schnelligkeit ausgerichtet. Die sechs Beine waren schlank und feinknochig und hatten große Tatzen. Doch die Kiefer ähnelten nicht denen eines Hundes, nicht einmal denen des legendären Hundes von Baskerville. Sie stammten von einem Jagdtier aus dem Eozän auf Danes Welt, ließen ein tödliches Grinsen sehen, das sich über dichten Reihen leuchtender Zähne von Ohr zu Ohr erstreckte.
    Einen Moment lang stand er über seiner Beute. Die Augen schimmerten wie winzige Goldflecken in dem weißen Fell, dann verfiel es wieder in huschende Bewegungen. Der lange, außerordentlich muskulöse Hals – wie bei einem Hengst oder einem Seelöwen – nickte nieder, und die furchterregenden Kiefer schlossen sich um den Rehkörper. Er riß das Tier ohne das geringste

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