Die Flüchtlinge des roten Mondes
Nachdruck, „hätte ich vielleicht Verständnis gehabt. Du willst doch nicht etwa ableugnen, daß du nur Joda eins auswischen wolltest, weil er hier jagen kann und du nicht?“
Verdammt, das geht unter die Gürtellinie! Ich hatte nicht vor, auf dieser Ebene zu streiten, aber sie hat damit angefangen! Wild schleuderte er zurück: „Du mit deinem Gerede über wissenschaftliche Prinzipien! Glaubst du, ich würde nicht bemerken, wie sich der Junge benimmt?. Und du ebenfalls? Umarmt dich und küßt dich …“
„Und wenn schon!“ entgegnete sie wütend. Ihre Augen flammten. „Glaubst du etwa, weil ich gern mit dir zusammen bin, hättest du Besitzansprüche auf meinen Körper, oder ich könnte vielleicht nicht tun, was ich will? Du liegst falsch in dem, was du zu sehen geglaubt hast, Dane“, fügte sie in vernünftigerem Tonfall hinzu. „Das ist sein Alter, mehr nicht. Er hat sein ganzes Leben lang isoliert von allen anderen verbracht, verachtet als ein Feigling, und jetzt hat er Erfolg. Er ist ein Granth-Töter, er wird akzeptiert und sogar gemocht … und plötzlich ist er sich auch bewußt geworden, daß ich, seine Speermeisterin, auch eine Frau bin. Es wäre unvernünftig, darüber ärgerlich zu sein. Er ist ein Junge im ersten Bewußtsein seiner Mannhaftigkeit. Mir bedeutet es nichts, Dane; warum mußt du eifersüchtig sein und alles kaputtmachen?“
Sie näherten sich dem Lager, und Aratak, der ihre streitende Stimmen hörte, hob ungehalten den Kopf, starrte sie an, drehte sich dann mit einem philosophischen Achselzucken um und begann taktvollerweise damit, Fliegen zu fangen. Dane kannte ihn lange genug, um zu wissen, daß das Göttliche Ei wahrscheinlich eine Weisheit über die Fruchtlosigkeit, sich in einen Streit einzumischen, auf Lager hatte, wenn dieser sich bei Protosimianern und ihren Partnern ereignete. Dieser Gedanke schenkte ihm eine kurze, reuevolle Pause.
Doch der Gedanke, wie sich Rianna in Jodas starke, überschwengliche Arme geschmiegt hatte und wie ihr Gesicht aufgeregt gerötet gewesen war, machte ihn erneut wütend. Er gab zurück: „Und wer rationalisiert hier und überdeckt die Wahrheit mit leichtem Gerede über wissenschaftliche Prinzipien? Wenn du den Jungen willst, kann ich dich nicht zurückhalten … aber bilde dir nichts auf deinen guten Geschmack ein! Ein Wilder aus einer Welt, in der man uns für Sternendämonen hält!“
„Wer bist du denn?“ knurrte sie ätzend zurück, „daß du über Barbaren oder Wilde reden kannst?“ Dann lauschte sie ihren eigenen Worten trotz ihrer Wut, hielt inne und blieb mit offenem Mund stehen. Dane sah sie jedoch nicht an. Er warf den Harlikkörper auf den Boden und beugte sich darüber, die Lippen fest aufeinandergepreßt. Er sagte: „Wir sollten es häuten. Wenn du das Huhn rupfen willst, tu es. Andernfalls könntest du ein Feuer anzünden, damit wir das Fleisch über Nacht trocknen können.“
Aus dem Augenwinkel sah er, wie sie unentschlossen einen Schritt auf ihn zuging. Bewußt tat er, als ignoriere er sie. Verdammt, dieses Mal war sie zu weit gegangen. Während seine rasiermesserscharfe Klinge zwischen Muskeln und Haut des Harlik entlangglitt und sauber die Schichten voneinander trennte, wurde ihm wieder die totale Fremdheit zwischen ihm und Rianna bewußt. Abgesehen von der Erinnerung an die gemeinsam erlebte Gefahr auf dem Roten Mond hatten sie keine gemeinsamen Hintergrunderfahrungen. Sie war ihm fremd, vollständig fremd, und vielleicht war Dane für sie wirklich das, wie sie ihn genannt hatte – ein Barbar, ein Wilder, kaum besser als Joda. Hölle – vielleicht keinen Deut besser!
Sie hatten wirklich nichts miteinander gemein. Liebte er sie, mochte er sie wenigstens? Er erinnerte sich, wie erbittert sie auf dem Sklavenschiff der Mekhar gegeneinander gekämpft hatten, wie sich ihre Wut immer wieder gegen ihn gerichtet hatte. Doch unter der Gefahr des Roten Mondes hatten sie zueinander gefunden. Er dachte daran, wie er sie zum ersten Mal unter dem Roten Mond genommen hatte, in dem Reservat der Heiligen Beute, mit der Großen Jagd als Drohung vor sich, mit dem Wissen, daß sie nur eine Beute waren, die getötet werden würde. Es hatte ihre Nähe verstärkt, die Erregung der Vereinigung angesichts des Todes … beide hatten dem nicht widerstehen können. Es hatte auch keiner von beiden versucht.
Aber war das Liebe? Waren eine gemeinsam erlebte Gefahr und sexuelle Anziehung ausreichend, um danach ein Leben miteinander zu
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