Die Flüchtlinge
liegt im Nordsektor. Ich habe ihn im Alter von sechzehn Jahren verlassen, um zur Schule zu gehen. Seitdem bin ich nicht mehr dort gewesen.“
„Und warum nicht?“
„Ich hatte immer zuviel zu tun, glaube ich. Außerdem ist Hogarths Landing nicht gerade das, was man unter einem Vergnügungsplaneten versteht. Man lebt dort unter Kuppeln. Die Atmosphäre ist nicht atembar, und es ist kalt und ungemütlich dort. Die Minengesellschaften geben dort den Ton an. Ich habe den Planeten nie gemocht, und an meiner Einstellung hat sich bis heute nichts geändert. Mit Aerie hat er nicht die geringste Ähnlichkeit. Es ist sehr idyllisch hier.“
Quilla lächelte und schwieg. Über ihnen jagte ein Zubringerboot am Himmel dahin. Es hielt auf den Hafen zu.
„Das wird Hetch sein“, sagte Quilla. „Er kommt pünktlich zum Essen, wie üblich.“ Sie gingen etwas schneller. Meya kam aus dem Haus geflitzt und lief den Abhang hinunter. Die Zwillinge folgten ihr auf dem Fuße, während Mim wütend etwas hinter ihnen herrief.
„Es ist ein großes Ereignis, wenn ein Zubringer herunterkommt, nicht wahr?“
„Ja. Wir sind hier ziemlich abgeschnitten“, erwiderte Quilla. Ozchan musterte sie eingehend und suchte in ihren Worten nach Spuren von Sarkasmus. Quilla biß sich auf die Zunge; dann erlaubte sie sich ein kleines Lächeln.
In der Küche duftete es nach Brot und Eintopf. Quilla und Ozchan wuschen sich im Spülbecken die Hände, nahmen die Teller in Empfang, die Mim ihnen reichte und brachten sie ins Eßzimmer. Eine der Köchinnen kam die Treppe hinunter. Sie hielt Jasons Tablett auf den Armen. Der größte Teil des Abendessens war unberührt.
Quilla wechselte ein paar Worte mit dem Schreiner und kam dann ins Eßzimmer zurück. „Die Rampe ist fast fertig“, sagte sie. „Vielleicht kann er schon morgen mit uns hier unten essen.“
„Ich würde mich nicht darauf verlassen.“
Meya kam durch den Vordereingang hereingestürmt und griff nach Quillas Arm. Quilla wandte sich lachend um; erst dann sah sie Meyas Gesichtsausdruck.
„Was ist passiert, Meya? Stimmt irgend etwas nicht?“
„Hetch ist da“, sagte Meya keuchend. „Er hat Hart mitgebracht.“
Die Zwillinge traten nun auch ein. Sie sahen ängstlich aus.
„Ich möchte oben essen“, sagte Decca.
„Das kommt gar nicht in Frage“, sagte Quilla bestimmt. „Darüber wird nicht einmal diskutiert.“
„Aber Hart hat Laur umgebracht“, sagte Jared leise.
„Das hat er nicht. Er ist euer Onkel – und dein Bruder, Meya. Er wird euch nichts tun. Ihr werdet alle freundlich zu ihm sein, verstanden?“
„Aber …“
„Habt ihr das verstanden?“
Meya und die Zwillinge nickten unglücklich. Quilla beauftragte Decca damit, Tabor zu informieren und befahl Jared, sich das Gesicht zu waschen.
„Ist Hoku noch da?“ fragt sie Meya.
„Ja. Sie wird zum Abendessen bleiben.“
„Kannst du mal zu ihr gehen und ihr sagen, daß ich mit ihr sprechen möchte? Ich bin im Wohnzimmer.“
Meya ging hinaus; sie machte immer noch einen verstörten Eindruck.
Ozchan, der überhaupt nichts verstand, sagte: „Ist etwas nicht in Ordnung?“
Quilla schüttelte den Kopf. „Scheiße“, murmelte sie dann. „Sie gehen besser mit, wenn ich mit Hoku spreche. Es wird Jason möglicherweise nicht gefallen, aber ich glaube, daß Sie es früher oder später doch wissen müssen. Aber diese Sache ist vertraulich, verstehen Sie? Sie dürfen darüber mit niemandem sprechen. Nur mit mir, mit Hoku und meinem Vater. Verstehen Sie das?“
Ozchan nickte.
Er war plötzlich ganz Arzt und folgte ihr ins Wohnzimmer. Hoku kam nur einen Augenblick später. Sie warf ihre Tasche auf einen Sessel, setzte sich hin und maß Quilla mit einem finsteren Blick.
„Meya war völlig aus dem Häuschen. Was geht hier vor?“
Quilla zog die Tür zu und schloß ab. „Hart ist zurückgekehrt. Meya hat gesehen, daß Hetch ihn mitgebracht hat.“
„Sie war erst zehn, als er ging. Vielleicht hat sie sich geirrt.“
„Hoku“, sagte Quilla nur.
Die Ärztin verzog das Gesicht. „Ah, ich vergaß: Nur ein Kennerin sieht wie ein Kennerin aus. Warum ist er hergekommen?“
„Wegen Jason?“
„Vielleicht. Er könnte davon gehört haben.“ Hoku starrte in den leeren Kamin. „Er wird seinen Vater sehen wollen.“
„Können wir ihn irgendwie fernhalten?“
„Das wäre dumm“, erwiderte Hoku. „Ich würde sagen, das lassen wir besser. Vielleicht schafft er es sogar, Jason aus seiner Lethargie zu reißen. Sie
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