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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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zu.
    „Hart!“ rief seine Schwester. Er blieb stehen, lehnte sich mit einer Hand gegen den Türrahmen und sah über die Schulter zurück.
    „Wenn du ihn aufregst, wirst du Aerie noch heute abend verlassen und nie wieder zurückkommen.“
    Harts Lächeln war von Boshaftigkeit durchsetzt. Er gab Ozchan einen Wink und ging die Treppe hinauf. Verstört setzte Ozchan ihm nach.
     
    Quilla drückte lautlos die Klinke nieder, dann öffnete sie die Tür und glitt hinein. Ozchan saß mit freiem Oberkörper auf dem Bett und hatte ein Diktiergerät in der Hand. Er ließ es los und zog sich rasch ein Hemd über.
    Quilla ließ ihren Blick von seinem dunkelhäutigen Körper wegwandern, schloß die Tür, lehnte sich dagegen. Ihre Hände behielt sie hinter dem Rücken.
    „Was hat mein Bruder zu Jason gesagt?“
    „Warum wollen Sie das wissen?“
    Sie preßte die Schultern gegen das Holz der Tür.
    „Ich glaube Hart nicht, daß er nur hergekommen ist, um uns zu besuchen. Er hat einen Grund, über den er uns im unklaren läßt, und ich glaube, daß das mit Jason zusammenhängt. Ich muß herausfinden, was er vorhat.“
    „Ich verstehe dieses ganze Durcheinander nicht“, sagte Ozchan. Er schloß die Hemdknöpfe und ließ die Hände dann sinken. „Hart kommt mir äußerst charmant vor.“
    „Sie sind neu hier. Können Sie nicht einfach akzeptieren, daß ich wissen muß, was er plant?“
    „Nein. Für mich sind alle Gespräche, die mein Patient führt und an denen ich als Beobachter oder Teilnehmer zugegen bin, Vertrauenssache. Ich werde dies erst anders sehen, wenn ich dazu in der Lage bin, mir ein anderes Urteil bilden zu können.“ Er seufzte. „Ich bin Arzt, Quilla Kennerin – kein Spitzel.“
    „Ich müßte nur Hoku heraufholen. Sie würde es schon schaffen, Sie vom Gegenteil zu überzeugen“, sagte Quilla.
    Ozchan lächelte. „Ihre Hausärztin ist zwar nicht zu unterschätzen“, erwiderte er, „aber ich glaube, Sie würde meine Position in diesem Fall verstehen.“
    Quilla ging ans Fenster und zog die Vorhänge beiseite. Die Lichter Havens zwinkerten ihr einschläfernd zu. Sie fragte sich, wie sie ihn dazu bringen konnte, sie zu verstehen, ohne ihm allzuviel zu verraten.
    „Dieses Zimmer hat einmal Tabor gehört“, sagte sie. „Damals, als die Flüchtlinge von Neuheim kamen; bevor wir den anderen Flügel des Hauses bauten.“
    Ozchan trat von seinem Bett weg und stellte sich neben sie. Er roch nach Leder und Ozon.
    „Ist Tabor ihr Gatte?“
    „Hat mein Vater sich aufgeregt, als Hart eintrat?“
    Ozchan lachte und berührte ihre Schulter.
    „Warum fragen Sie Ihren Vater nicht selbst?“
    „Weil er nicht mit mir reden würde.“ Sie ging einen Schritt weiter. Ozchan legte die Hände auf den Fenstersims.
    „Er war angespannt“, sagte der Arzt. „Er hat die Landung gesehen – und Hart. Deswegen war er nicht überrascht. Aber er war angespannt.“
    „Hat Hart Sie gebeten, das Zimmer zu verlassen?“
    „Sind Sie mit Tabor verheiratet?“
    Diesmal lachte Quilla. „Nein. Er wäre es aber gern. Er ist etwas anderes für mich. Hat Hart Sie gebeten, das Zimmer zu verlassen?“
    „Können wir uns nicht dabei hinsetzen? Es wäre bequemer.“
    Quilla schüttelte den Kopf. Er blieb neben ihr stehen.
    „Was ist er für Sie?“ fragte Ozchan.
    Quilla sah ihn erwartungsvoll an.
    Er verzog das Gesicht. „Ja, Hart bat mich hinauszugehen. Ich erwiderte, daß das unmöglich sei, da ich dableiben müsse, um den Monitor zu überwachen. Daraufhin sagte er, er könne das erledigen. Ich habe aber abgelehnt.“
    Quilla schob die Hände in ihre Achselhöhlen und dachte nach. „Mußten Sie ein Beruhigungsmittel einsetzen?“
    „Tabor ist der Vater der Zwillinge, nicht wahr?“
    „Ja.“
    „Ich wünschte, Sie würden mir erzählen, was hier überhaupt vor sich geht“, sagte Ozchan und gab seinen angriffslustigen Tonfall auf. „Jason hat eine Menge mitgemacht, und deswegen ist es sehr schwer für mich zu entscheiden, was ihm schaden oder nützen kann.“ Er nahm auf dem Bettrand Platz und schob die Hände zwischen seine Knie. „Was Tabor und Sie angeht, so geht das mich eigentlich gar nichts an. Entweder war oder ist er Ihr Geliebter. Er ist der Vater der Zwillinge und lebt hier, aber ich weiß nicht, ob er mit Ihnen zusammenlebt. Na ja, was soll’s auch? Aber über Hart muß ich Bescheid wissen.“
    Quilla verschränkte die Arme vor der Brust und schaute aus dem Fenster.
    „Ich sollte mich vielleicht mal umhören“,

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