Die Flüchtlinge
überleben.“ Quilla ging durch die Büsche auf eine andere Gewächsreihe zu. „Hoku gibt sich schon seit über siebzehn Jahren alle Mühe mit uns. Ich glaube, uns würde etwas fehlen, wenn sie damit aufhören würde.“
„Vielleicht“, sagte Ozchan zweifelnd. „Aber Ihr Vater ist mein Patient, und mir wäre wohler, wenn das jeder wüßte.“
Quilla richtete sich auf und sah ihn, als er durch die Büsche auf sie zukam, an.
Ozchan war ein noch junger Mann. Er mochte ungefähr sechsundzwanzig Standardjahre alt sein. Jason war sein erster Fall. Er hatte eine dunkle, leuchtende Hautfarbe und ebensolche Augen. Sein Gesicht drückte Selbstbewußtsein aus. Warum war er dann so verletzlich? Obwohl er ihm nicht im geringsten glich, erinnerte er sie an Jes.
„Hoku wird ihn schon nicht übernehmen“, sagte sie. „In diesem Fall sind Sie der Spezialist, und das weiß sie auch. Aber wenn es um Jasons Bewußtsein geht, ist sie die Expertin, nicht Sie. Können Sie damit fertig werden?“
„Ich glaube, ich werde es müssen. Wenn sie es fertigbringt, ihn aus dem Bett zu holen und in den Rollstuhl zu setzen, ist es die Sache sicher wert.“
Quilla lachte und beugte sich zu einem Busch hinab. „Sie hat Ihnen wohl auch die Zähne gezeigt, was?“
Ozchan lachte.
Als Quilla zwischen den Pflanzen einherging, roch sie den süßen, würzigen Duft, den sie absonderten. An ihren Händen und ihrer Kleidung blieben grün-orangene Staubkörnchen zurück. Das Sonnenlicht badete das Pflanzenfeld im warmen Licht. Eine kleine Eidechse lief über den Boden, kletterte an einem Stengel hinauf und plapperte laut vor sich hin. Die Saftbehälter füllten sich langsam, aber beständig.
„Wie nennt man diese Gewächse?“ fragte Ozchan.
„Zimania rubiflora.“ Der nächste Busch war mit einem beinahe leeren Kollektor versehen. Quilla runzelte die Stirn und schob ein paar andere Zweige zur Seite. An ihren Unterseiten waren einige Schuppenflecken zu erkennen.
„Und was tun sie? Außer vor sich hinzuwachsen, meine ich?“
Quilla zog ein weißes Band aus der Tasche und versah die Pflanze mit einem Etikett. „Der Saft wird verarbeitet und dazu benutzt, elektronische Teile aus ihm herzustellen. Die Frucht selbst ist ungenießbar, aber man kann sie gut als Dünger verwenden.“
„Elektronische Teile? Aus Pflanzensaft?“
„Sicher. Der kleine Monitor, an den Jason angeschlossen ist – dieses Ding, das dazu dient, den Puls, die Respiration und den Blutdruck zu messen –, besteht teilweise aus Dingen, die aus diesem Saft hergestellt wurden. Im Handel läuft es unter dem Begriff Z-Line. Es wird drüben auf Shipwright hergestellt.“
„Das wußte ich nicht.“
Quilla sah ihn überrascht an.
Ozchan zuckte die Achseln. „Ich bin Arzt, kein Elektroniker. Die anderen stellen das Zeug her; ich setze es bloß ein.“
„Und wenn die Geräte einen Defekt haben?“
„Dann schicke ich sie ein, damit sie wieder repariert werden. Dafür sind Reparaturtechniker schließlich da, oder etwa nicht?“
„Aber nicht bei uns“, erwidere Quilla und klopfte sich den Staub von den Händen. „Wir sind eine Kolonialwelt, Dr. M’Kale. Hier ist jeder für alles einsetzbar. Da wir nicht genügend Leute für alles haben, muß sich jeder einzelne in mehr als nur einem Fach auskennen. Ich zum Beispiel verarzte Pflanzen, und wenn Hoku mich braucht, auch Menschen. Ich richte Maschinen, elektrische Leitungen, warte den Generator, halte die Farm in Schwung und webe. Das letztere nicht allzu gut, weil es meinen Neigungen nicht hundertprozentig entspricht. Es ist einfach notwendig.“ Sie sah zum Himmel hinauf. Die Sonne strahlte immer noch hell, dabei stand sie in der Nähe des Horizonts. „Fast Zeit zum Abendessen. Kommen Sie mit?“
Sie gingen zusammen über die Wiese. Überall erstreckten sich bebaute Felder. Sie reichten bis zu den Wäldern. Unter den Kaedos versammelten sich die kasirischen Arbeiter, unterhielten sich und zogen Essen aus den Beuteln hervor. Quilla entdeckte Palen und winkte ihr zu. Die Eingeborene grüßte zurück. Ein Kasirenjunges kam über die Wiese gelaufen, umschlang Quillas Beine und schnatterte etwas auf Kasiri. Quilla hörte dem Kleinen ernsthaft zu, gab ihm eine Antwort und schickte ihn dann wieder zu den anderen zurück.
„Sind Sie hier geboren?“ fragte Ozchan.
„Nein, auf Terra. Aber meine Brüder und meine Schwester sind hier zur Welt gekommen. Und Sie? Woher kommen Sie?“
„Der Planet heißt Hogarths Landing und
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