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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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mißtrauischen Blick, dann beugte er sich wieder über den Zuber.
    Hart legte sich auf dem schattigen Hof in eine Hängematte und schloß die Augen. Er dachte über Kinder nach, die blaue Augen hatten.
    Die Stadt Saltena auf dem Planeten Gregory 4 versorgte Hart Kennerin nicht nur mit Geld und Sinnesfreuden, sondern auch mit allem anderen, was das Herz begehrte. Die weißen Türme der Kathedralen, die hoch in den Himmel ragten, bekamen von seinen Geschäften nichts mit, im Gegenteil: Ihr Glockenschlag begleitete sogar noch die sanften Manipulationen seiner Hände. Das helle Licht der Sonne, das cremefarbene Wabern der Meeresnebel und das Geflimmer der Regenbogen in der feuchten Luft schufen auf dieser Welt eine Atmosphäre schwüler, lüsterner Luxuriösität. Die Bewohner Saltenas bewegten sich in dieser Umwelt langsam und vorsichtig, zumal noch die Gesetze und diverse Ängste auf ihren Schultern lasteten. Im Gegensatz zu ihnen schritt Hart stets leichtfüßig und aufrecht durch die Stadt: Ein goldhäutiger Mongole mit blauen Augen, der seine Bewegungen den Erwartungen seines Willens anpaßte.
    Die Gesetze dieser Welt untersagten die Geburtenkontrolle. Hart versorgte seine Patienten mit Verhütungsmitteln und brach unerwünschte Schwangerschaften ab.
    Die Gesetze verboten zudem genetische Manipulationen. Hart versorgte seine Klienten mit grünäugigen Töchtern und goldäugigen Söhnen.
    Er schnippelte hier etwas Unerwünschtes weg, begradigte dort ein angegriffenes Gen, stellte seine Kunden zufrieden und verstieß im übrigen nicht nur gegen die Gesetze seiner Umwelt, sondern auch gegen die der Schöpfung.
    Für den Rest der Föderation war Gregory 4 eine Welt, über die man Witze riß; ein planetares Sanatorium für Irre, die alles verboten, was auf den anderen Planeten zum täglichen Leben gehörte wie die Atemluft, das Geld oder das Essen. Für Hart Kennerin war Gregory 4 eine Schatzkammer voller Aristokraten, die über ihre eigenen Gesetze unglücklich waren und gerne bereit waren, für eine entsprechende Hilfe zu zahlen. Was er auch tat, es machte ihn mit jeder Handlung wohlhabender.
     
    Jem Stonesh war – wie immer – auch an diesem Abend schwarz angezogen. Als er sich einen Weg durch die Menge bahnte und auf Hart Kennerin zuging, machten die Menschen ihm Platz. Er verbeugte sich lächelnd und wußte genau, daß seine Robe von den bunten, juwelenverzierten Gewändern der anderen abstach. Überall senkten sich respektvoll die Köpfe. Freundliches Gelächter folgte seinen Worten. Die Gäste dieser Gesellschaft waren gebildete Menschen; niemand wäre auf den Gedanken gekommen, sich über seinen Aufzug zu mokieren. Stonesh war eine wichtige Persönlichkeit.
    „Menet Kennerin?“
    Hart, der ein Glas in der Hand hielt, deutete eine Verbeugung an.
    „Eure Eminenz?“
    Stonesh schaute zu ihm auf. Er lächelte leicht. Seine vollen, runden Wangen bewegten sich.
    „Ich glaube, ich habe noch nicht die Ehre gehabt, Sie kennenzulernen, obwohl man mir gesagt hat, daß Sie bereits seit einem Jahr hier leben.“
    „Wir bewegen uns nun einmal nicht in den gleichen Kreisen, Eure Eminenz.“
    Hart gab Stoneshs Lächeln zurück. Zwei Abtreibungen, eine Genmanipulation und eine Affäre hatten ihm den Weg zu dieser Gesellschaft eröffnet, und er fragte sich, wie viele von diesen anmutigen, schwarzhaarigen Aristokraten jetzt Todesängste ausstanden, weil er sich mit dem untersetzten und fetten Erzbischof von Saltena unterhielt. Sein Lächeln wurde breiter.
    „Ich hoffe, daß das in Zukunft anders sein wird“, sagte der Erzbischof. „Sie kommen von Kroeber?“
    „Ja. Ich habe gehört, daß Eure Eminenz dort ebenfalls ausgebildet wurde.“
    „Das ist Jahre her, Menet Kennerin. Lange vor all diesem hier.“ Er deutete auf den eleganten Raum, die Leute, die sich in ihm aufhielten und den dicken, roten Ring an seinem Finger. „Aber in der Zwischenzeit wird sich auf der Universität zweifellos ein Wechsel vollzogen haben.“
    „Vielleicht.“
    „Kommen Sie. Ich werde mir jetzt einmal das Vorrecht des Alters herausnehmen und Sie ein wenig ins Private hineinziehen. Sie können mir etwas von Kroeber erzählen. Je älter ich werde, glaube ich, desto mehr trauere ich meiner Jugend hinterher.“
    Hart lachte und folgte Stonesh hinaus. Auf dem Korridor hielten sich einige Leute auf. Als der Erzbischof an ihnen vorbeiging, stellten sie ihre Gespräche ein. Hart glaubte den einen oder anderen nach Luft schnappen zu hören.
    Stonesh

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