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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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des Gesprächs damit, in den Kamin zu starren. Plötzlich wurde mir klar, daß ihn die Schwangerschaft meiner Tochter aus der Fassung gebracht hatte. Die Absurdität dieser Feststellung baute meine Nervosität ab. Ich lächelte.
    „Ja, natürlich erinnere ich mich daran, daß er ging“, sagte Meya ruhig. „Ich habe ihn zwar nicht gehen sehen, aber eines Morgens war er weg. Er hat den Zubringer genommen, der von hier startete.“ Sie hielt inne und sah die Männer an. „Wir waren ziemlich froh, daß er endlich ging. Drake war ein ziemlich unerfreulicher Zeitgenosse.“
    „Hat er gesagt, wohin er wollte? Hat er mit Ihnen darüber gesprochen? Oder vielleicht mit Ihrem Bruder?“
    Meya zuckte die Achseln. „Zu mir hat er bestimmt nichts gesagt. Die Worte, die er mir gegenüber äußerte, hatten einen anderen Inhalt.“
    Ich steckte die Hände in die Taschen zurück. Sie fühlten sich plötzlich klamm an, und ich wollte Meya sagen, sie solle vorsichtiger sein und nichts aufs Spiel setzen. Ich spürte, daß mich etwas gegen sie aufbrachte, hielt mich aber zurück.
    „Sie haben ziemlich lange gebraucht, um sich um ihn zu kümmern“, sagte ich. Zu meiner Erleichterung richteten sich die Blicke der Männer wieder auf mich. „Neun Monate, nicht wahr? Oder ist es zehn her, seit er hier war?“
    „Er hat oft ausgedehnte Reisen unternommen“, sagte der Verlegene. „Aber im allgemeinen läßt er sich hin und wieder sehen, und sei es nur, um seine Gewinne abzuholen.“
    „Gewinne“, wiederholte ich.
    „Tev Drake ist der Hauptaktionär von Albion-Drake. Sicher haben Sie das gewußt.“
    Ich sah Meya überrascht an.
    „Ich glaube, er hat Quilla gegenüber mal sowas erwähnt“, sagte sie. „Es schien nicht sehr wichtig zu sein.“
    „Es ist sehr wichtig“, sagte der Verlegene, ohne den Blick vom Kamin abzuwenden. Die anderen nickten formell. „Für die Firma ist Drakes Abwesenheit ein ernsthaftes Problem.“
    „Ein wie ernsthaftes?“
    „Ernsthaft genug!“
    Meya zuckte erneut die Achseln und trat einen Schritt vom Kaminsims weg. „Vielleicht sollten Sie die Passagierliste der Rhanikas Falcon überprüfen“, sagte sie. „Das war das einzige Schiff, das den Hafen an diesem Tag verließ. Das hat er möglicherweise genommen.“
    „Was sagen Ihre Hafenunterlagen dazu?“
    „Wir sind zu klein, um darüber Bücher zu führen“, erwiderte ich. „Wir verlassen uns auf die Passagierlisten. Ich glaube, Sie sollten es am besten damit versuchen. Wenn Sie die Falcon erreichen wollen, können Sie die Funkbude am Hafen benutzen.“ Ich stand auf. „Wenn Sie uns jetzt entschuldigen wollen? Wir haben zu arbeiten.“
    Die Männer standen auf. Ihre Blicke waren immer noch unfreundlich. Meya ging zur Tür.
    „Ich hoffe, daß Sie ihn finden werden“, log ich freundlich.
    „Das hoffen wir auch, Quia Kennerin.“
    „Wenn Sie ihn finden“, sagte Meya, „würden Sie ihm dann etwas von mir sagen?“
    „Aber gewiß.“
    „Sagen Sie ihm, daß ich ihn erschießen lasse, wenn er je wieder einen Fuß auf diesen Planeten setzt.“ Sie ging hinaus.
    Die Männer sahen einander mit ausdruckslosen Gesichtern an. Dann marschierten sie den Hügel hinunter. Ich sah sie nie wieder, aber einen Monat später erfuhren wir, daß Tev Drake unauffindbar sei und man vermutete, er sei irgendwo im Gregory/Acanthus-Sektor umgekommen. Meya begrüßte diese Nachricht mit Erleichterung.
    Was mich anging, so dachte ich nun regelmäßiger über Albion-Drake nach. Wir besaßen die Pflanzung und die Schiffahrtslinie. Wenn es uns gelang, einen Anteil der Firma zu kaufen, die unsere Produkte verarbeitete, konnten sich unsere Gewinne verdoppeln. In einem solchen Fall waren wir auf niemanden mehr von außen angewiesen. Der Gedanke faszinierte mich, und zum ersten Mal seit Jasons Unfall entwickelte ich wieder Enthusiasmus. Ich sprach mit Quilla und Jes darüber und entwickelte Pläne. Die Sache würde Zeit, Anstrengungen und Geld erfordern – aber wir konnten nur gewinnen.
    Einen Tag bevor Meya ihr Baby bekam, kam Jes nach Hause zurück. Es war eine sehr leichte Geburt. Sie lag in ihrem Zimmer, war von Ehemann, Hebamme, Bruder, Schwester, Mutter und allen möglichen anderen Leuten, die unentbehrliche Dinge taten, umgeben und unterhielt sich. Musik erklang. Es war wie in einem Irrenhaus, aber zwischen den Wehen lächelte sie und verlangte nach diesem und jenem. Als es schließlich soweit war, hatte es den Anschein, als würde jedermann in ihrem Zimmer ihre

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