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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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führte ihn durch einen Korridor in eine kleine Bibliothek. Die Wände waren voller Regale. Auf den feinen, handgeschnitzten Tischen lagen Handscanner. An einer Wand befand sich ein verschlossener, mit einer gläsernen Front versehener Schrank. Hart ging näher an ihn heran und las die Titel der dort eingelagerten Bücher. Der Erzbischof drückte in der Nähe des Fensters einen Knopf.
    „Brandy, Menet?“
    „Aber gern. Ist das Ihre Sammlung? Sie ist nicht nur exzellent, sondern auch umfassend.“
    „Vielen Dank. Sie gehört mir nur in dem Sinne, daß sie mir zur Verfügung steht. Hin und wieder kommt auch etwas dazu, das ich selbst erworben habe. Der Descartes zum Beispiel.“
    Die Tür öffnete sich, und ein Diener schob einen Servierwagen herein. Stonesh entließ ihn und schenkte den Brandy höchstpersönlich ein.
    „Ich denke, daß Sie mit mir einer Meinung sind, wenn ich behaupte, daß es hier ein wenig ruhiger ist. Davon abgesehen“ – der Erzbischof lächelte – „bin ich der Auffassung, daß meine Anwesenheit unter ihren Klienten bereits genug Unruhe erzeugt hat. Ist es nicht so, Menet?“
    Hart drehte den Kognakschwenker zwischen den Fingern hin und her. In seinem Bauch breitete sich ein ungutes Gefühl aus.
    „Und wenn es so wäre, Eure Eminenz?“
    „Dann wäre ich ein guter Beobachter, nicht wahr? Nehmen Sie doch Platz. Der Brandy ist nicht weniger exzellent als die Büchersammlung, wenngleich auch nicht so alt.“
    Hart setzte sich. Obwohl er keine Miene verzog, fühlte er sich unwohl. Der Erzbischof ließ sich in einen Schaukelstuhl sinken und streckte die Beine aus.
    „Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Menet, ich bin keinesfalls ein guter Beobachter. Aber meine Mitarbeiter sind es. Ich bin lediglich ein fetter, alter Kleriker. Ich bin müder als nur müde, ein wenig kurzatmig, und die Zeit läuft mir immer schneller zwischen den Fingern hindurch.“
    Hart widersprach ihm freundlich, aber der Erzbischof nickte.
    „Wenn man altert“, fuhr er fort, „sieht man die Welt zunehmend von innen heraus. Dennoch kann man nicht die ganze Zeit in seinem eigenen Schädel verbringen. Man stagniert dann sehr schnell. Ich bin stets auf der Suche nach Informationen, Menet Kennerin. Und ich bin von einer endlosen Neugier besessen. Erzählen Sie mir etwas.“
    „Von Kroeber, Eure Eminenz?“
    Stonesh lachte erheitert. „Ich habe dort studiert, vor fast vierzig Jahren. Und Sie?“
    „Ich bin vor achtzehn Standardmonaten von dort fortgegangen.“
    „Mit einigen Diplomen, nehme ich an.“
    Hart zuckte die Achseln und setzte den Kognakschwenker erneut an die Lippen. Der Erzbischof wirkte wie eine träge Katze, was Harts Anspannung noch verstärkte.
    „Na, kommen Sie, Menet. Es wäre nicht schwierig für mich, Sie unter einem Scanner befragen zu lassen; aber auf diese Weise ist es doch wohl zivilisierter.“
    „Biomedizin, Chemie, Chirurgie, Biotheorie, Molekularbiologie. Doktorate.“
    Der Erzbischof hob die Augenbrauen.
    „In all diesen Disziplinen?“
    Hart nickte. „Das wissen Sie doch sicher.“
    Stonesh winkte seinen Einwand beiseite. „Ich bin erfreut. Der Gedanke, daß unsere braven Bürger und ehrenwerten Pfarrkinder ihr Leben einem Scharlatan anvertrauen, wäre mir unerträglich. Ich kann also davon ausgehen, daß Sie in den meisten Ihrer Fächer Examina abgelegt haben?“
    „Was sonst?“
    „Sie könnten ein Hochstapler sein.“ Stonesh lächelte. „Aber beruhigen Sie sich, Menet. Ich glaube, Sie sind ein ehrlicher Mann.“
    Hart hob den Kognakschwenker und musterte den Erzbischof durch die Rundung des Glases. Er zweifelte jetzt nicht mehr daran, daß sein Gegenüber es von Anfang an auf ihn abgesehen hatte. Er fragte sich allerdings, ob er es möglicherweise ihm zu verdanken hatte, daß er auf diesem Empfang zu Gast sein durfte.
    „Wie alt sind Sie?“ fragte Stonesh.
    „Fünfundzwanzig Standardjahre.“
    „Sieh einer an. Es ist kaum zu glauben, daß ein Mensch Ihres Alters bereits derart viele Doktorate gesammelt haben soll. Haben Sie vorher Medizin praktiziert?“ verlangte Stonesh zu wissen. „Hat man Ihnen je offiziell eine Zulassung erteilt?“
    Hart stand so schnell auf, daß der Brandy beinahe über den Rand seines Glases schwappte.
    „Wollen Sie mich verhaften lassen? Wenn es das ist, was Sie vorhaben, dann schreiten Sie zur Aktion. Aber hören Sie auf, mich ständig von der Seite her anzureden!“
    Der Erzbischof seufzte und faltete die Hände in seinem Schoß. Er sah Hart

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