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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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den Hof zurück und betrat über die Treppe sein Schlafzimmer. Melthone, sein Diener, stritt sich mit jemandem in der Küche. Ihre Stimmen wurden in einem unbestimmten Rhythmus leiser und lauter. Etwas weiter entfernt beschwerte sich jemand in der Waschküche über den zunehmenden Dampf. Hart betrat sein Schlafzimmer und schloß die Tür.
    „Hart?“
    Die Frau setzte sich auf und stützte sich auf ihre Ellbogen. Kleine Lichtstreifen, die durch die geschlossenen Fensterläden drangen, zeichneten sich auf ihrer Nacktheit ab.
    „Was hast du so lange gemacht?“ fragte sie. „Ich habe schon geglaubt, du wärst gegangen.“
    „Geschäfte.“
    Ihre Haut war hell und weich und aristokratisch. Unter seinem Blick errötete sie leicht. Das Gesicht der Frau wurde von dichtem, schwarzem Haar umrahmt, das ihr bis auf die Schultern fiel. Sie hatte ein schmales Gesicht und grüne Augen.
    „Hart?“
    Sie verlängerte das „a“ und rollte das „r“. Hart dachte daran, wie sich ihre Haut anfühlte und stellte sich ihre weißen Schenkel an seinen dunklen Hüften vor. Seine Muskeln spannten sich.
    „Stimmt was nicht?“ sagte sie.
    „Nein.“
    „Dann komm ins Bett.“ Sie lehnte sich gegen die Kissen zurück.
    „Nein.“ Hart durchquerte den Raum, ging auf das Fenster zu und öffnete die Läden.
    „Mach zu!“ schrie die Frau und warf sich über das Bett, um der Helligkeit zu entgehen.
    „Dein Mann ist gar nicht in der Stadt. Stell dich nicht so an.“
    „Bitte! Es macht mich nervös.“
    Man konnte jetzt das gegenüberliegende Haus erkennen. Seine Fenster waren dunkel und still.
    „Mir gefallt es aber so. Komm her, Tara. Laß mich dich im Licht ansehen.“
    Die Frau kniete auf dem Bett. Sie war eher verwirrt als verärgert.
    „Du bist vollkommen verrückt. Mach das Fenster zu, bevor wir beide Ärger bekommen.“
    „Hast du Angst vor einer neuen Erfahrung?“ fragte Hart spöttisch. Er durchquerte den Raum mit schnellen Schritten und packte mit einer Hand ihre Arme. Er zog sie hoch, bis sie keuchte. „Erstaunlich, über wie viele Jungfernschaften eine wohlerzogene Frau von Saltena verfügt, nicht wahr?“ Er sprach mit klinischer Geschäftsmäßigkeit, während seine Finger ihren Körper ertasteten. „Hier und hier und hier.“ Neben ihrer Haut sah seine Hand fast schwarz aus. „Eine mit allen Ehren getraute Dame, nackt im Zimmer eines Außenweltlers. Und es gefallt dir, stimmt’s? Wie dies hier, und dies. Oh ja, und das, Tara, das ist das Allerbeste.“
    Er ließ sie los, kehrte ans Fenster zurück und wischte sich die Finger an einem Handtuch ab.
    „Du bist eine geile Heuchlerin, und die Gesellschaft, der du angehörst, ist nicht anders. Du bist absolut durchschaubar, Lady. Und das langweilt mich.“
    Sie schwang die Beine über den Bettrand und langte nach ihrem Rock.
    „Sei vorsichtig, Hart“, sagte sie ärgerlich. „Denk an unsere Stellung. Ich glaube nicht, daß du es dir leisten kannst, mich zu beleidigen.“
    Hart lächelte. „Eine Frau, die man im Schlafzimmer eines anderen erwischt, wird gesteinigt, meine Liebe. Denk an unsere Stellung.“
    Die Frau hielt inne und musterte ihn.
    „Glaubst du, das sichert deine Position?“
    „Ich bin Bürger der Föderation und Bürger meines Heimatplaneten. Man kann es sich nicht leisten, mich anzufassen. Du würdest einen Antrag auf Auslieferung stellen müssen, meine Liebe. Was dir nicht leichtfallen dürfte, wenn du unter einem Steinhaufen begraben bist.“
    Sie schloß ihren Büstenhalter. Ihr Ärger schien sich in Luft aufgelöst zu haben. „So einfach ist es auch wieder nicht …“ fing sie an.
    „Kein Interesse.“
    „Na schön.“ Sie nahm ihren Umhang vom Kleiderhaken. „Ich gebe dir trotzdem einen großzügigen Rat, Außenweltler. Du siehst nur die Oberfläche dieses Planeten. Und die verbirgt einiges.“
    „Ich bin Ihnen auf ewig dankbar, Madame. Und nun hau ab.“
    Sie warf einen Kristallkelch nach ihm. Hart duckte sich. Das Gefäß flog über ihn hinweg durch das Fenster und zerschellte auf der Straße. Jemand schrie wütend auf. Tara eilte die Treppe hinab und rannte über den Innenhof zum Dienstboteneingang. Hart wartete, bis er ihre von Umhang und Kapuze verhüllte Gestalt unter sich über die Straße gehen sah, dann schloß er die Fensterläden und ordnete in aller Ruhe das Bett. Die Kissen dufteten nach ihrem Parfüm. Er nahm das Bettzeug und brachte es in die Waschküche. Der alte Mann, der dort arbeitete, musterte ihn kurz mit einem

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