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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Ich habe erfahren, daß Sie während Ihrer Zeit auf Kroeber an einem Übertragungsverfahren gearbeitet haben.“ Der Erzbischof setzte seine Kapuze auf, um sich vor den Sonnenstrahlen zu schützen, und verbarg die Hände in seinen weiten Ärmeln. Wie ein dunkles Oval bewegte er sich durch die Helligkeit; wie ein helles Oval war sein Gesicht in der dunklen Kapuze zu erkennen.
    „Ihre Informanten scheinen nicht übel zu sein.“
    „Vielen Dank. War die Methode erfolgreich?“
    Hart runzelte die Stirn. „Allgemein besehen – ja.“
    „Nur allgemein besehen, Menet Kennerin?“
    „Es gab einige Fehlschläge wegen falscher Programmierungen.
    Wenn der Spenderkörper nicht zu acht Neunteln paßt, mißlingt die Übertragung.“
    „Aha. Dann wäre ein Klon der bevorzugte Spenderkörper?“
    „Ja.“ Hart warf einen Blick auf den Regenten. „Aber man kann eine Übertragung nicht aus dem Stegreif bewerkstelligen, Eure Eminenz.“
    „Nicht? Verzeihen Sie mir meine Unwissenheit, Menet.“ Der Erzbischof lächelte. „Es ist gewiß gefährlich, über die Mechanismen des Bösen nachzusinnen, aber schließlich muß ein Schäfer etwas über das, was die Wölfe tun, erfahren. Ich hätte an sich angenommen, daß der Austausch von krankem gegen gesundes Gewebe einen heilenden Effekt hervorruft.“
    „Nur am Rande. Der Geist ist mehr als nur eine simple Ansammlung von Gewebe und Blut. Ein übertragener Irrer ist immer noch ein Irrer, Eure Eminenz.“
    Der Erzbischof hielt an. Der wenige Meter von ihnen entfernte Regent hatte das Interesse an dem Vogel verloren. Er schüttelte ihn ab. Das Tier machte einen Hüpfer, versuchte mit seinen gestutzten Schwingen zu fliegen und bohrte seine Klauen in den Finger des Regenten. Der Regent brüllte, umschloß den Vogel mit der ganzen Hand und öffnete sie dann wieder. Der Vogel lag zerquetscht auf seiner Handfläche. Der Regent tippte ihn an, dann riß er ihm die Federn aus.
    „Mein Neffe gehört zu Gottes Unschuldigen“, murmelte der Erzbischof. „In einundzwanzig Jahren hat er keine Sünde begangen.“
    „Nicht eine, Eure Eminenz?“
    „Tiere sind amoralische Geschöpfe, Menet Kennerin. Sie haben keinen freien Willen. Und wer nicht mit Vorsatz sündigen kann, sündigt auch nicht.“ Der Erzbischof ging weiter. Hart blieb ihm auf den Fersen. „Ich sollte mich über den Zustand meines Neffen also freuen. Aber jemand, der zu Gottes Unschuldigen gehört, kann nicht Gregorys großer Führer sein.“
    „Aber es ist eine erbliche Stellung, Eure Eminenz.“
    „Das ist sie in der Tat.“
    „Ist er Regent seit …“
    „Seit einem Jahr. Seit mein Bruder starb.“
    Der Regent hob den toten Vogel an seinen Mund und knabberte an ihm. Der Lakai sah ihm teilnahmslos zu.
    „Aus Gründen, die offensichtlich sind, hat mein Neffe keine Nachkommen.“
    Hart blieb still. Stonesh ging die Allee hinunter. Die Bäume hielten die Sonnenhitze etwas ab, aber das Gebrabbel des Regenten folgte ihnen nach.
    „Was die Erbfolge angeht, so liegt alles im dunkeln, Menet Kennerin. Es hat ein paar unerwartete Todesfälle und eine mühselige Geburt gegeben. Es wäre nützlich, wenn mein Neffe einen Sohn hätte.“
    „Denken Sie an eine Ehe, Eure Eminenz?“
    „Der Regent ist steril.“
    Hart blieb stehen. Der Erzbischof machte noch ein paar weitere Schritte, dann drehte er sich um und sah ihn an. Minuskelgelbe Blumen, die auf dem Gras wuchsen, umsäumten den Rand seiner Robe.
    „Soll das etwa heißen, daß ich …?“
    „Ich bitte Sie um nichts, mein Freund. Wir führen nur eine simple Unterhaltung.“
    Hart machte eine ungeduldige Geste. „Aber unsere Unterhaltung bewegt sich auf gefährlichem Grund, Eure Eminenz.“
    „Gefahr ist relativ.“
    „Für Sie vielleicht. Aber nicht für mich.“
    Der Erzbischof ließ seine Hände aus den Ärmeln gleiten und legte sie locker übereinander. „Seit Sie auf Gregory sind, haben Sie nicht ein einziges Mal in Gefahr gelebt.“
    „Jetzt wird sie aber zunehmend deutlicher. Ist Eurer Eminenz das verborgen geblieben?“
    „Ich bin der Erzbischof von Saltena, Menet Kennerin, und Sie sind ein Abtreiber, ein Außenweltler; ein Mann mit dunklem Ruf. Ich würde Ihnen empfehlen, das nicht zu vergessen.“
    „Und die Justiz, Eure Eminenz?“
    „Den Sarkasmus können Sie sich sparen. Die Justiz hat innerhalb dieser Mauern nichts zu suchen. Sie ist bedeutungslos hier. Aber für Sie hat sie vielleicht nirgendwo auf diesem Planeten

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