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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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eine Bedeutung.“
    Hart öffnete langsam die Fäuste. Er musterte das offene und freundliche Gesicht seines Gegenübers.
    „Ich könnte verschwinden.“
    „Sie könnten es versuchen.“
    „Ich könnte mich auch Ihren Wünschen fügen …“
    „ Meinen Wünschen, Menet?“
    „Wessen Wünschen auch immer. Jedenfalls bin ich anschließend entbehrlich, nicht wahr? Sobald ich meine Schuldigkeit getan habe.“
    „Vielleicht. Aber ich bin trotzdem ein ehrlicher Mensch. Oder sagen wir, ich bin so ehrlich, wie es die Umstände erlauben.“
    „Sie bürgen dafür?“
    „Ja.“
    Hart warf ungeduldig die Arme hoch. „Warum ich? Der Regent ist einundzwanzig! Warum hat man ihn nicht früher behandelt? Es muß doch vor meiner Ankunft andere Biophysiker auf diesem Planeten gegeben haben!“
    „Vielleicht waren sie inkompetent, Menet. Vielleicht habe ich ihnen nicht getraut.“
    „Und mir vertrauen Sie, Eminenz?“
    „Ja. Aber kommen Sie, es gibt für Sie noch etwas anderes Interessantes zu sehen.“
    Hart ging hinter dem Erzbischof die Allee hinunter. Seine Hände öffneten und schlossen sich unaufhörlich. Es war heiß unter den Bäumen; hinzu kam noch der schwere Duft der Blumen.
    Die Allee öffnete sich in einen tropischen Garten. Der Erzbischof blieb neben einem Gebüsch stehen, dem man mit der Heckenschere das Aussehen irgendeines Heiligen gegeben hatte. Die schweren, gelben Zweige leuchteten in der Hitze und der Helligkeit. Als Hart ihn erreichte, setzte der alte Mann seinen Weg fort. Seite an Seite schritten sie eine Reihe eßbarer Märtyrer ab.
    „Sie haben auf Kroeber mit Sperma-Kloning experimentiert.“
    „Gibt es etwas, von dem Eure Eminenz nichts weiß?“
    „Wie Sie bereits bemerkt haben, Menet, sind meine Informanten nicht übel. Waren die Experimente erfolgreich?“
    „Das wissen Sie gewiß ebensogut wie ich.“
    Stonesh zog die Kapuze zurück. „Sie wurden in privater Umgebung vorgenommen, Menet Kennerin. Sie scheinen allerlei im Verborgenen getan zu haben.“
    „So wie Eure Eminenz?“
    Der Erzbischof nickte erheitert.
    „Es ging schief“, sagte Hart. „Ich war damals noch jung und besaß weder die richtige Ausrüstung noch das nötige Wissen. Bisher habe ich noch nicht das Bedürfnis verspürt, es noch einmal zu versuchen.“
    Sie erreichten eine hohe Hecke, in der sich eine Öffnung befand. Stonesh hielt an und ließ die Hände wieder in seinen Ärmeln verschwinden. Dann wandte er sich auf dem Absatz um und musterte Hart, wobei ihm die Sonne in die Augen stach.
    „Sie haben es zweimal versucht. Einmal mit dem Sperma des heruntergekommenen Biologen, der anfangs Ihr Lehrer war und dann Ihr Schüler. Beim zweitenmal benutzten Sie Ihr eigenes Sperma und einen improvisierten Exo-Uterus. Es hatte den Anschein, als wäre alles gutgegangen. Im achten Monat leerte der Uterus sich von selbst. Als Sie aus der Schule kamen, erzählte der alte Mann Ihnen von der Frühgeburt und sagte, er habe den Fötus beiseite geschafft. Sie haben ihn daraufhin zusammengeschlagen, und das nicht zum erstenmal. Am nächsten Tag war er verschwunden!“
    Hart starrte ihn wortlos an. Der Erzbischof machte die Heckenöffnung frei und ließ Hart hindurch.
    Die grünen Wände formten eine Art Vorraum zu dem verzwickten Irrgarten, der bis an den Palast heranreichte. Ein Kindermädchen saß in dem kleinen Quadrat auf dem Boden, und ihre traditionell blauen Kleider breiteten sich auf dem Gras aus. Sie wirkte schwerfällig und machte einen schläfrigen Eindruck. Zu ihren Füßen tummelte sich ein kleiner Junge, der mit einer halbzerfransten Puppe spielte. Seine goldbraunen Oberschenkel leuchteten in der Helligkeit. Stämmige Arme warfen die Puppe von einer Seite zur anderen. Wenn er sich bewegte, wirbelte dichtes, schwarzes Haar um seinen Kopf.
    „Woher soll ich wissen …“ murmelte Hart.
    „Wie können Sie daran zweifeln?“
    Das Kind drehte sich um. Es sah Hart an. Seine Augen waren blau und leicht schräggestellt, wie die aller Kennerins. Trotz der schwülen Luft begann Hart zu frösteln.
    „Es würde mir nicht schwerfallen“, murmelte er, „jeden mit einem so aussehenden Kind zu versorgen, egal wie er selbst aussieht.“
    „Vielleicht“, erwiderte der Erzbischof. „Der Name des alten Mannes ist Gren. Er ist ein wenig kleiner als Sie, weil er gebückt geht. Er hat eine Narbe auf der rechten Wange. Sie sieht aus wie ein Halbmond. Er hat auch Narben auf dem Rücken. Er ging von Kroeber nach Aloquin und dann nach

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