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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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da?“
    „Natürlich nicht, dumme Gans. Zuerst müssen Sie fertig sein. Geben Sie mir das Glas.“
    „Ich will es wiederhaben!“ Glas klirrte gegen Glas. Das Plätschern einer Flüssigkeit. Kleiderrascheln.
    „Hier.“
    „Bitte, ich bin noch nicht fertig. Ich habe noch nicht gebetet. Bitte, nur noch fünf Minuten. Bitte, ich werde mich auch nicht mehr sträuben. Nur noch eine Minute …“
    Ihre Stimme verschwand im Schlafzimmer. Hart lehnte sich gegen die Wand. Er hatte ein ungutes Gefühl im Magen. Die andere Frau kehrte zurück, rief der Gemahlin des Regenten noch ein paar ermahnende Hinweise zu und schloß die Tür. Erneut knisterten irgendwelche Stoffe, Schränke wurden geöffnet und geschlossen, dann ging sie hinaus. Hart lauschte den gedämpft klingenden Geräuschen aus dem Schlafzimmer und fragte sich, ob die Gemahlin nun weinte oder betete.
    Kurz darauf öffnete sich die äußere Tür und das mit einem Anflug von Begierde gefärbte Gebrabbel des Regenten erfüllte den Raum. Eine ärztlich klingende Stimme murmelte etwas. Hart unterdrückte das Verlangen, etwas zu sagen. Die innere Tür öffnete sich. Einen Augenblick später fing die Gemahlin an zu schreien. Hart dachte an den sonnenbeschienenen Abhang und den zerquetschten Vogel. Er hielt sich die Ohren zu und dachte an seinen Sohn. Das Geschrei erstarb.
    Der Regent wurde schnarchend aus dem Schlafraum herausgetragen. Jem Stonesh lugte um den Schirm herum und gab Hart ein Zeichen. Hart folgte ihm ins Schlafzimmer. Die Gemahlin lag schlaff auf dem Bett, hatte das Nachthemd bis zum Nabel hochgezogen und sich erbrochen. Hart überprüfte ihren Puls, schob ihre Lider nach oben und drückte mit der Hand auf ihren Hals. Dann zog er das Nachthemd herab, schlug sie in eine Decke und nahm sie auf den Arm. Sie erwies sich als überraschend leicht.
    Melthone hatte frei. Das Haus war dunkel und still, als Hart im Innenhof anhielt und das Gewicht der Frau in seinen Armen verlagerte. Stonesh schloß das Tor und watschelte hinter ihm her.
    „Warten Sie hier“, sagte Hart und deutete mit dem Kinn auf die Tür des Salons.
    „Ich will zusehen.“
    „Ich arbeite nicht vor Publikum.“
    „Menet Kennerin …“
    „Eure Eminenz! Wir haben es hier mit einem chirurgischen Eingriff zu tun, nicht mit einem politischen!“ Hart sah den Erzbischof konzentriert an. „Sie warten dort drinnen.“
    Stonesh drehte sich um und überquerte den Hof. Als er verschwunden war, warf Hart sich den Körper der Gemahlin über die Schulter und ging in sein Labor.
    Zuerst säuberte er sie und spülte ihr das Erbrochene vom Leib. Unter dem Licht der Lampen wirkte sie winzig; sogar ihre Hüften kamen ihm aufgrund der Schattenbildung schmal vor. Hart justierte die Beleuchtung. Auf ihren Schenkeln fand er frische Kratzer, die zu bluten anfingen, als er sie reinigte. Sie war immer noch Jungfrau.
    Er verabreichte ihr ein Ernüchterungsmittel und schloß sie an die Pulsatorelektroden an. Als sich die elektronisch erzeugte Bewußtlosigkeit ihrer bemächtigte, wurde der Rhythmus ihres Atmens ruhiger. Hart legte sie unter den Durchseher und fing an zu arbeiten.
    Drei Stunden später, als er sicher sein konnte, daß die Übertragung geklappt hatte, löste er die Elektroden und wusch die Paste von ihrem Schädel. Die Gemahlin bewegte den Kopf und murmelte hilflos im Schlaf vor sich hin. Hart berührte ihre Brüste und erinnerte sich an die Schreie, die sie ausgestoßen hatte. Sie schien das geborene Opfer zu sein: Erst hatte sie sich dem grobschlächtigen Wahnsinn des Regenten hingeben müssen, und jetzt war sie der kalten Objektivität seiner Nadeln und Lampen ausgeliefert. Er legte die rechte Hand auf ihren Bauch und stellte fest, daß der kleine Punkt verschwunden war. Die Labormaschinerie summte behaglich vor sich hin.
    „Sie haben mir ein Kind gegeben“, sagte sie.
    Hart zuckte zusammen; seine linke Hand fuhr zu ihrem Hals hinauf. Sie packte seinen Unterarm und hielt ihn fest. Ihr Blick war ruhig. Hart entkrampfte sich und ließ seine Hand lose auf ihrem Hals liegen.
    „Hat man Ihnen etwas erzählt?“ fragte er.
    „Nein.“ Die Gemahlin des Regenten drehte den Kopf und musterte das Laboratorium. Hart spürte, wie sich ihre Halsmuskeln strafften. „Aber ich soll dem Regenten einen Sohn gebären. Ich bin schließlich nicht blöd. Da er es nicht kann, haben Sie es getan.“
    Sie bewegte unter seiner Hand die Hüften, aber Hart schüttelte den Kopf.
    „Sie sind immer noch Jungfrau.“
    Sie sah

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