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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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nehmen, keine Erfolgsprämien.“ Sie stand auf, lächelte ihn an und ging woandershin. Hart sah hinter ihr her. Die Gemahlin des Regenten und der Erzbischof zogen sich zurück, aber das Fest würde bis zum Morgengrauen weitergehen. Hart ging, um seinen Umhang zu holen. Die Tänzer und die Musik, nach der sie sich bewegten, kamen ihm wie mechanisch vor; die Lichter waren ihm zu grell und der Raum zu heiß. Er stand an der Tür, wartete auf seinen Wagen und fragte sich, ob er für diese Nacht jemanden fürs Bett finden würde.
    Der Wagen kam, Hart stieg ein. Als eine Hand seinen Arm berührte, zuckte er zurück.
    „Ruhig, Menet“, sagte der Erzbischof. „Ich möchte lediglich mit Ihnen sprechen, ohne daß man uns zusieht. Sagen Sie dem Fahrer, er soll ins Hafenviertel fahren.“
    „Zu den Docks, Eure Eminenz?“
    „Das wäre ein langer, ungestörter Weg.“
    Hart beugte sich aus dem Fenster und gab die Richtung an. Der Wagen fuhr an und bewegte sich die breite Allee hinunter. Stonesh schwieg. Hart ließ sich gegen die Rückenlehne fallen und musterte die wenigen Lichter, an denen sie vorbeikamen.
    „Nun“, sagte der Erzbischof schließlich, „was halten Sie von der Gemahlin unseres Regenten?“
    „Sie ist eine Kuh. Eine Maschine zum Kinderkriegen. Ich nehme an, daß man sie deshalb ausgewählt hat.“
    „Das ist zwar wenig schmeichelhaft für die Dame, Menet, entspricht aber an und für sich der Wahrheit. Ich möchte, daß die Maschine zum Kinderkriegen so schnell wie möglich funktioniert.“
    „Es wäre jetzt möglich. Bringen Sie sie zu meinem Haus, dann …“
    „Unmöglich. Sie haben ja keine Ahnung, wie gefährlich das wäre. Ich werde es arrangieren, daß Sie sie in ihren Räumen aufsuchen können …“
    „Dann geht es nicht.“ Hart beugte sich vor. Abgesehen von dem gelegentlichen Aufblitzen seines dicken Rings war der Erzbischof in der Finsternis unsichtbar. „Um die Übertragung vorzunehmen, muß ich die Zygote in eine Spritze füllen, das Mädchen in einen Durchseher legen und die Spritze durch die Bauchdecke in den Uterus führen. Ich brauche dazu ein Stasisfeld, Sterilisatoren, den Durchseher, Umschläge, Pulsmesser – mehr, als man in einem Wagen unterbringen kann. Es ist unmöglich, all das in den Palast hineinzuschmuggeln, Eure Eminenz. Wenn es überhaupt getan werden soll, dann nur in meinem Haus.“
    „Anders geht es nicht?“
    Hart gab keine Antwort. Der Erzbischof seufzte. „Mit ihrem Zyklus ist alles in Ordnung. Es gehen schon die ersten Gerüchte um. Die Ärzte sind der Meinung, daß mein Neffe momentan in einem Zustand ist, den er wohl so leicht nicht wieder erreichen wird.“
    „Soll das heißen, er wäre zum Geschlechtsverkehr fähig, Eure Eminenz?“ Hart versuchte, sich den Regenten dabei vorzustellen.
    „Zumindest zu einem Versuch. Seine Gemahlin wird so betrunken sein, daß sie den Unterschied gar nicht bemerkt. Und wenn sie dann schläft, nehmen Sie die Übertragung vor. Heute nacht.“ Der Erzbischof machte eine Pause. „Wir könnten sie auch unter Drogen setzen.“
    „Nein. Ich will so wenig Chemikalien wie möglich in ihrem Kreislauf haben.“ Hart legte eine Hand auf den Hals des Erzbischofs. Der alte Mann zuckte leicht zusammen, schob sie jedoch nicht weg. „Genau unter meinen Fingern liegt ein Blutgefäß, Eure Eminenz. Ein leichter Druck ruft Besinnungslosigkeit hervor. Drückt man fest zu, gibt es einen Todesfall.“
    „Ja?“
    Hart zog die Hand zurück. „Nachdem Ihr Neffe mit ihr fertig ist, nachdem sie eingeschlafen ist, werde ich dafür sorgen, daß sie besinnungslos bleibt. Dann bringen wir sie in mein Haus, nehmen die Übertragung vor und fahren sie zurück.“
    Der Wagen hielt an. Wasser brandete gegen die Kaimauern an und glitzerte im Sternenlicht. Verankerte Schiffe dümpelten auf den Wellen. Hart öffnete das Fenster, warf einen schweigenden Blick hinaus und hob dann den Kopf, um den Fahrer anzusehen.
    „Zum Palast.“
    Im matten Licht der Sterne sah Hart, daß der Erzbischof nickte.
     
    „Jetzt?“ fragte die Gemahlin des Regenten leise. Hart lauschte dem Entsetzen, das in ihrer Stimme mitschwang. Er stand schweigend hinter dem Schirm, wo der Erzbischof ihn plaziert hatte. Ein Stuhl fiel krachend auf den Boden des Ankleideraums, und die Gemahlin kicherte nervös.
    „Kommen Sie, beeilen Sie sich.“ Eine tiefe, weibliche Stimme. „Hier, legen Sie das ab. Sie können den Regenten doch nicht warten lassen.“
    „Ist er da drin? Ist er schon

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