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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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unvorteilhaften Stelle, etwa unter einem Kino oder einem Pub, beerdigt lag. Seawoll hatte technisch den Oberbefehl über die ganze Operation, und ich war ziemlich sicher, dass ihn das in wunderbare Stimmung versetzte.
    Alle sollten auf ihren Plätzen sein, sobald Nightingale und ich das Royal Opera House durch den Bühneneingang verließen und auf die Bow Street hinaustraten. Angesichts der Tatsache, dass Henry Pyke von Charles Macklin weniger als zehn Meter die Straße hinauf totgeschlagen worden war, hielten wir das für den idealen Ort, um unseren kleinen Geisterfangzug zu beginnen. Deshalb öffnete ich leicht widerwillig meine Reisetasche, zog die Uniformjacke an und setzte den idiotischen Helm auf. Eins möchte ich hier mal klar festhalten: Wir allehassen diesen verdammten Helm. Im Handgemenge ist er völlig nutzlos, außerdem verleiht er einem eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem blauen Kugelschreiber mit aufgesetzter Kappe. Es gibt nur einen einzigen Grund, warum wir das Ding immer noch tragen, dass nämlich sämtliche Alternativen noch schlimmer aussehen. Aber da ich in diesem Kasperletheater nun mal die Rolle des Schutzmanns zu spielen hatte, schien es am besten, auch wie einer auszusehen.
    Inzwischen war es fast Mitternacht; die letzten Opernfreunde hatten das Gebäude verlassen und schlenderten in Richtung U-Bahn -Station oder Taxistand davon. Bow Street wurde so still und leer, wie eine Straße mitten in London nur werden kann.
    »Sind Sie sicher, dass Sie ihn beschatten können?«, fragte ich.
    »Tun Sie Ihren Job, Peter«, antwortete Nightingale, »und ich tue meinen.«
    Ich zog das Kinnband des Helms fester zu. Dann überprüfte ich die Airwave-Verbindung und bekam aus Versehen Seawoll an den Apparat, der mich anknurrte, ich solle nicht länger herumtrödeln, sondern endlich an die Arbeit gehen. Ich wollte Nightingale fragen, ob ich meiner Rolle entsprechend aussähe, und drehte mich zu ihm um, und so kam es, dass ich sah, wie der Mann im gediegenen Anzug aus dem Schatten neben dem Bühneneingang trat und Nightingale in den Rücken schoss.

10
Der tote Winkel
    Der Mann war mittleren Alters; er trug einen Anzug von guter Qualität, aber unauffälligem Schnitt. Er hielt etwas in der rechten Hand, das wie eine halbautomatische Pistole aussah, und einen Opernführer in der linken. Am Revers prangte eine weiße Nelke.
    Nightingale fiel sofort, zuerst auf die Knie, dann kippte er nach vorn aufs Gesicht. Der Stock fiel ihm aus der Hand und klapperte über die Steinplatten.
    Der Mann im Anzug schaute mich an. Im Licht der Natriumdampflampen der Straßenbeleuchtung wirkten seine Augen blass und farblos. Er zwinkerte mir zu. »So macht man das«, sagte er.
    Man kann einem Mann mit Pistole davonlaufen, vor allem in derart trüben Lichtverhältnissen, solange man daran denkt, im Zickzack und so schnell wie möglich zu laufen. Ich will nicht sagen, dass mir diese Option nicht verlockend erschien, aber wenn ich davonlief, hätte niemand den Mann daran hindern können, noch einen Schritt näher zu treten und Nightingale eine Kugel in den Kopf zu jagen. Für solche Situationen sah meine Ausbildung vor, dass ich langsam zurückwich und dabei beruhigend auf den Revolverhelden einredete: Redenschafft Vertrauen und konzentriert die Aufmerksamkeit des Übeltäters auf den Polizisten, so dass sich die Zivilisten absetzen können. Haben Sie mal
Die blaue Lampe
mit Jack Warner und Dirk Bogarde gesehen? Während meiner Ausbildung in Hendon wurde uns eine Szene aus dem Film gezeigt, in der PC Dixon, dargestellt von Warner, erschossen wird. Das Drehbuch war von einem Expolizisten geschrieben worden, der offenbar genau wusste, wovon er redete, denn Dixon stirbt nur deshalb, weil er ein Dinosaurier ist, der blöderweise direkt auf einen bewaffneten Verdächtigen zuläuft. Unsere Ausbilder machten uns absolut klar: nicht auf den Bewaffneten zugehen, nicht drohen, sondern weiterreden und langsam zurückweichen. Ein Verdächtiger, der glaubt, dass sich seine Lage durch den Mord an einem Polizisten in irgendeiner Weise verbessern ließe, muss schon einzigartig dumm oder politisch motiviert sein oder sich, was auch schon vorgekommen ist, durch diplomatische Immunität absolut sicher fühlen. Jedenfalls kann es auf diese Weise gelingen, ein bisschen Zeit zu schinden, bis eine bewaffnete Eingreiftruppe auftaucht und dem Blödmann das Hirn wegpustet.
    Ich glaubte nicht, dass mir die Rückzugsoption etwas bringen würde   – ganz

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