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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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hat. Ich bin echt geschockt.«
    »In Ihrer Familie sind Enttäuschungen ja wohl an der Tagesordnung«, sagte sie. »Ihr Chemielehrer war von Ihnen so enttäuscht, dass er sogar einen Leserbrief an den
Guardian
schrieb. Sie waren sein blauäugiger Liebling, bildlich gesprochen.«
    »Ich weiß. Mein Dad hat den Zeitungsausschnitt in sein Sammelalbum geklebt.«
    »Wenn man Sie wegen schweren Fehlverhaltens feuert, wird er dann den Zeitungsausschnitt mit der Meldung auch in sein Sammelalbum kleben?«
    »Deputy Assistant Commissioner Folsom«, sagte ich. »Er ist einer von Ihren Boys, nicht wahr?«
    Tyburn lächelte dünn. »Ich behalte aufstrebende Karrieren gern im Auge.«
    »Sie haben ihn um den kleinen Finger gewickelt, hm? Schon erstaunlich, was manche Leute tun, wenn sie dafür ein bisschen herumfummeln dürfen.«
    »Werden Sie doch erwachsen, Peter. Hier geht es um Macht und Interessenwahrung, und nur weil fast Ihr ganzes Denken über Ihre äußeren Geschlechtsorgane funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass das auch bei allen anderen Menschen der Fall ist.«
    »Freut mich zu hören, denn irgendjemand muss ihm mal sagen, dass er sich die Augenbrauen stutzen lassen sollte«, sagte ich. »Stammte die Pistole von Ihnen?«
    »Seien Sie doch nicht absurd.«
    »Es ist Ihr Stil. Jemand anders finden, der Ihre Probleme für Sie löst. Machiavelli wäre stolz auf Sie.«
    »Haben Sie jemals auch nur einen Satz von Machiavelli gelesen?«, fragte sie. Ich zögerte, und sie zog die richtige Schlussfolgerung. »Ich schon«, sagte sie. »Und zwar im Original. Auf Italienisch.«
    »Und warum taten Sie das?«
    »Für mein Examen. In St. Hilda’s, Oxford. Geschichte und Italienisch.«
    »Mit Auszeichnung natürlich.«
    »Natürlich. Jetzt werden Sie auch verstehen, warum mich Nightingales ausgeblichener Adel keineswegs beeindruckt.«
    »Noch mal   – stammte die Pistole von Ihnen?«
    »Nein, sie stammte nicht von mir«, antwortete sie. »Ich brauchte diesen Fehlschlag gar nicht in Szene zu setzen. Es war sowieso nur eine Frage der Zeit, bis Nightingale etwas vermasseln würde. Obwohl nicht einmal ich erwartet hatte, dass er so dumm sein würde, sich niederschießen zu lassen. Trotzdem stört die ganze Sache natürlich sehr.«
    »Warum sind Sie nicht im Haupthaus? Warum stecken Sie hier in der Remise fest? Das Folly ist sehr eindrucksvoll, es hat eine schier unglaubliche Bibliothek und Sie könnten ein Vermögen verdienen, wenn Sie es als Drehort an Filmgesellschaften vermieten würden.«
    »Alles zu seiner Zeit«, sagte sie.
    Ich fummelte meine Schlüssel aus der Tasche. »Hier   – ich leihe Ihnen die Hausschlüssel. Sie können die Fallschirmjäger bestimmt überreden, Sie ins Haus zu lassen.« Sie wandte sich von meiner ausgestreckten Hand ab.
    »Die ganze Sache hat wenigstens ein Gutes«, sagte sie. »Wir haben endlich die Gelegenheit, rational zu entscheiden, wie wir mit diesen Dingen umgehen.«
    »Sie
können
nicht ins Haus, stimmt’s?« Ich dachte an Beverley Brook und ihre abträglichen Kraftfelder.
    Sie bedachte mich mit ihrem Herzoginnenblick, dem alten arroganten geldschweren Starren, das die Frauen der Fußballstars niemals beherrschen werden, und für einen kurzen Moment floss es förmlich aus ihr heraus, der Gestank von Abwasserkanälen und Geld und Handel, Abmachungen, die bei Brandy und Zigarren geschlossen wurden. Und weil Tyburn eine moderne Frau war, lag auch ein Hauch von Cappuccino und sonnengetrockneten Tomaten darin. »Haben Sie alles, was Sie hier holen wollten?«, fragte sie.
    »Der Fernseher gehört mir«, sagte ich.
    Sie sagte, ich könne ihn abholen, wann immer ich wollte. »Was hat er nur in Ihnen gesehen?«, fragte sie mit einem Kopfschütteln. »Warum ausgerechnet Sie als Hüter der geheimen Flamme?«
    Ich fragte mich, was zum Teufel die geheime Flamme war. »Einfach Glück, schätze ich.«
    Sie würdigte mich keiner Antwort, drehte mir den Rücken zu und befasste sich wieder mit dem Inhalt der Truhen und Kisten. Und ich fragte mich, wonach sie wirklich suchte.
    Auf meinem Weg über den Vorplatz des Kutschenhauses hörte ich ein gedämpftes Bellen hinter mir und blickte mich um. Ein blasses, trauriges Gesicht beobachtete mich von einem Fenster im zweiten Stock: Molly. Sie hielt Toby eng an ihre Brust gepresst. Ich blieb stehenund winkte ihnen zu, in möglichst optimistischer Weise. Dann ging ich los, um nachzuschauen, ob Nightingale noch lebte.
     
    Vor Nightingales Krankenzimmer hielt ein

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