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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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– gewissermaßen mein ganz persönlicher Suchscheinwerfer.
    »Ich hatte eigentlich etwas Subtileres erwartet«, sagte Seawoll.
    Ich ließ die Lichtsäule verschwinden und versuchte mich an die »Gestalt« zu erinnern, aber es war wie der Versuch, sich an einen Traum zu erinnern, der einem entschlüpft, bevor man ihn richtig fassen kann. Ich wusste, ich würde viel Zeit im Labor verbringen müssen, um die Form wieder einzufangen, aber wie Nightingale gleich zu Beginn gesagt hatte   – zu wissen, dass die
Forma
irgendwo existiert, ist schon die halbe Miete.
    »Hat das gereicht für die verdammte Kamera?«, fragte Seawoll, und als ich nickte, seufzte er erleichtert auf. »Wir haben knapp eine halbe Minute«, fuhr er fort. »Ich hab noch nie so viel Scheiße heranrollen sehen seit damals, als de Menezes erschossen wurde, also, mein Junge, ich kann dir nur raten, dir möglichst schnell ein Loch zu suchen, in das du dich verkriechen kannst, und dort drinzubleiben, bis diese ganze Scheiße vorbei und tief und fest und auf ewig begraben ist.«
    »Und was ist mit Lesley?«, fragte ich.
    »Darüber brauchst du dir keinen Kopf zu machen. Für Lesley bin ich zuständig.«
    Was bedeutete, dass Seawoll sich als Lesleys Beschützer in Szene setzte   – wer an sie herankommen wollte, musste erst mal über ihn gehen. Da mein eigener Boss derzeit in einem Bett im University College Hospital lag und durch Schläuche beatmet wurde, schien es eher unwahrscheinlich, dass Nightingale in ähnlicher Weise als mein Beschützer auftreten würde. Ich rede mir gern ein, dass Seawoll seinen Schutz auch auf mich ausgedehnt hätte, wenn ihm das möglich gewesen wäre, aber da bin ich mir keineswegs sicher. Immerhin sagte er nicht, dass ich auf mich selbst aufpassen müsse   – das war ohnehin klar.
    »Was zum Henker machen wir jetzt?«, fragte Seawoll.
    »Das fragen Sie mich?«
    »Verdammt, den Tisch frag ich nicht!«, bellte Seawoll.
    Ich zuckte die Schultern. »Weiß ich nicht. Sir. Es gibt vieles, was ich nicht weiß.«
    »Dann sollten Sie schleunigst anfangen, sich weiterzubilden, Constable«, sagte Seawoll. »Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich persönlich glaube nicht, dass dieserMr.   Henry Pyke jetzt mit dem Morden aufhören wird   – oder glauben Sie das etwa?«
    Ich schüttelte stumm den Kopf.
    Stephanopoulos grunzte und tippte auf ihre Armbanduhr.
    »Ich lasse Sie laufen«, sagte Seawoll. »Weil wir diesem ganzen verdammten Geisterscheiß ein Ende machen müssen, bevor irgendein Obermufti in der Met noch auf die Idee kommt, den Erzbischof von Canterbury hinzuzuziehen.«
    »Ich werde mein Bestes tun«, erklärte ich.
    Seawoll bedachte mich mit einem Blick, der klar besagte, dass mein Bestes verdammt noch mal das Mindeste war. »Wenn wir wieder anfangen«, sagte er, »will ich sicher sein, dass Ihr Hirn eingeschaltet ist, bevor Sie Ihren Mund in Bewegung setzen. So wie nach der Sache in Hampstead   – alles klar?«
    »Kristallklar«, versicherte ich ihm.
    Die Tür flog krachend auf und ein Mann steckte den Kopf herein. Er war mittleren Alters, hatte grau meliertes Haar, breite Schultern und außerordentlich buschige Augenbrauen. Selbst wenn ich ihn nicht von seinem Webprofil erkannt hätte, wäre mir klar gewesen, dass Deputy Assistant Commissioner Richard Folsom eines der ganz großen Tiere im Dschungel war. Er krümmte den Zeigefinger in Seawolls Richtung und sagte: »Alex, auf ein Wort, bitte.«
    Seawoll blickte das zerstörte Kassettengerät an, sagte: »Vernehmung unterbrochen«, und nannte die Uhrzeit. Dann stand er auf und folgte Folsom gehorsam wie ein braver Untergebener aus dem Raum. Stephanopoulosunternahm den halbherzigen Versuch, mir einen ihrer bösen Blicke zu widmen, aber ich fragte mich, ob sie noch immer ihre Sammlung von Plüschponys besaß.
    Kurz darauf kehrte Seawoll zurück und erklärte uns, dass wir die Vernehmung in einem anderen Raum mit funktionierender Überwachungstechnik fortsetzen würden. Woselbst wir dann auch die altehrwürdige Tradition fortsetzten, unverschämt nach Strich und Faden zu lügen, dabei aber nichts als die Wahrheit zu sagen. Aufgrund der Aussage eines selbstverständlich gänzlich durchschnittlichen Informanten mussten Nightingale und ich davon ausgehen, dass die sinnlosen Angriffe in und um das Londoner West End nicht von einer Einzelperson durchgeführt worden waren, sondern dass es sich um eine Bande handelte und dass wir diese möglicherweise in der Bow Street

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