Die Fluesse von London - Roman
in Los Angeles«, sagte sie. »Kommt heute Nacht zurück.«
Nightingale legte seine Karte auf den Tisch und versprach Mrs. Coopertown, dass er, und damit spreche er auch für sämtliche redlichen Polizisten, Angriffe durch kleine kläffende Köter sehr ernst nehme und dass er sich wieder melden werde.
»Was haben Sie dort drin gespürt?«, wollte Nightingale wissen, als wir zu seinem Jaguar zurückgingen.
»Im Sinne von irgendwelchen
Vestigium
?«, fragte ich.
»
Vestigium
ist der Singular; der Plural lautet
Vestigia
«, erklärte Nightingale. »Also: Spürten Sie
Vestigia
?«
»Um ehrlich zu sein, nein. Nichts. Nicht mal einen kümmerlichen Hauch.«
»Ein weinendes Kind. Eine verzweifelte Mutter. Ein abwesender Vater. Ganz zu schweigen von einem Haus dieses Alters«, überlegte Nightingale laut. »Da müsste doch irgendetwas vorhanden sein.«
»Sie kam mir ein wenig wie ein Sauberkeitsfreak vor«, sagte ich. »Vielleicht hat sie alle Magie weggeputzt?«
»Irgendjemand hat das ganz bestimmt getan. Morgen unterhalten wir uns mal mit ihrem Mann. Jetzt gehen wir zum Covent Garden zurück und versuchen festzustellen, ob wir nicht doch noch eine Spur finden können.«
»Es ist jetzt drei Tage her«, wandte ich ein. »Wären da die
Vestigia
nicht längst verschwunden?«
»Steine halten
Vestigia
recht gut. Darum haben alte Gebäude so viel Charakter. Dennoch wird es nicht leicht festzustellen sein – nicht mit all den Fußgängern und der übernatürlichen Komponente des Bezirks.«
Wir hatten den Jaguar erreicht. »Können Tiere
Vestigia
wahrnehmen?«, fragte ich.
»Hängt vom Tier ab«, antwortete Nightingale.
»Angenommen, dieses spezielle Tier hat etwas mit dem Fall zu tun?«
»Warum müssen wir in deinem Zimmer trinken?«, wollte Lesley wissen.
»Weil sie mich nicht mit dem Hund ins Pub lassen«, sagte ich.
Lesley, die auf meinem Bett hockte, beugte sich hinunter und kraulte Toby hinter den Ohren. Der Hund jaulte leise vor Vergnügen und schob den Kopf zwischen Lesleys Knie. »Du hättest ihnen sagen sollen, dass es sich um einen geisterjagenden Hund handelt«, meinte sie.
»Wir jagen nicht nach Geistern. Wir suchen nach Spuren von übernatürlicher Energie.«
»Hat er wirklich behauptet, ein Zauberer zu sein?«
Langsam bedauerte ich, Lesley alles erzählt zu haben. »Ja. Und ich habe auch gesehen, wie er einen Zauberspruch anwandte und so.«
Wir tranken ein paar Flaschen Grolsch aus einer Kiste, die Lesley bei der Weihnachtsfeier entführt und hinter einem losen Stück Gipskartonplatte in der Kleinküche versteckt hatte.
»Erinnerst du dich an den Typen, den wir letzte Woche wegen eines Überfalls verhaftet haben?«
»Wie könnte ich den vergessen?« Schließlich war ich bei der Rangelei brutal gegen eine Wand geknallt worden.
»Ich denke mal«, sagte Lesley bedächtig, »dass dein Kopf doch mehr abbekommen hat, als wir dachten.«
»Es ist alles total real. Der Geist, die Magie, einfach alles.«
»Dann müsste doch alles irgendwie verändert wirken?«, fragte sie.
»Nein, denn es war schon die ganze Zeit da, direkt vor deiner Nase. Nichts hat sich geändert, deshalb bemerkst du auch keine Veränderungen.« Ich trank den letzten Schluck aus der Flasche. »Klaro?«
»Ich hab dich immer für einen Skeptiker gehalten. Für einen, der in wissenschaftlichen Kategorien denkt.«
Ich gestikulierte mit der neuen Flasche, die sie mir in die Hand drückte. »Okay«, sagte ich. »Also, du weißt, mein Dad spielte Jazz.«
»Klar. Du hast mich ihm mal vorgestellt, weißt du noch? Ich fand ihn echt nett.«
Ich unterdrückte ein Stöhnen. »Und du weißt auch, dass es beim Jazz darum geht, um eine Melodie herum zu improvisieren?«
»Tatsächlich? Und ich dachte immer, man singt über Käse und wie man die Hosenträger festmacht.«
»Sehr witzig. Jedenfalls hab ich meinen Dad gefragt« (als er mal nüchtern war – aber das sagte ich nicht laut), »woher er weiß, was er spielen muss. Und er sagte, wenn man die Grundlinie einer Melodie findet, weiß man es einfach, weil es dann perfekt ist. Du findest die richtige Grundlinie und brauchst ihr nur noch zu folgen.«
»Und was hat das mit deiner Geisterjagd zu tun?«
»Was Nightingale tun kann, passt genau zu der Art und Weise, wie ich die Welt wahrnehme – es ist die richtige Grundlinie.«
Lesley lachte. »Du möchtest also Zauberer werden.«
»Ich weiß nicht.«
»Du lügst«, stellte sie fest. »Du willst sein Lehrling werden und
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