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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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eingelassen waren. An einer Wand hing sogar ein Periodensystem, auf dem allerdings sämtliche Elemente fehlten, die seit dem Zweiten Weltkrieg entdeckt worden waren.
    »Zuerst füllen wir eines der Becken mit Wasser«, sagte Nightingale und drehte an dem Griff am unteren Ende eines langen Auslaufs, der die Form eines Schwanenhalses hatte. Ein fernes Klopfgeräusch war zu hören, der schwarze Schwanenhals zitterte, dann spuckte er widerwillig einen Schwall braunes Wasser aus.
    Wir traten schnell einen Schritt zurück.
    »Seit wann ist der Raum nicht mehr benutzt worden?«, fragte ich.
    Das Klopfen wurde lauter und schneller und schließlich floss das Wasser gleichmäßig aus dem Hahn, schmutzigbraun zuerst, dann wurde es immer klarer. Das Klopfen erstarb allmählich. Als völlig klares Wasser kam, drückte Nightingale den Stöpsel in den Abfluss und ließ das Becken dreiviertel voll laufen.
    »Wenn man diesen Zauberspruch versucht«, sagte er, »sollte man immer ein Becken voll Wasser in der Nähe haben. Reine Vorsichtsmaßnahme.«
    »Machen wir ein Feuer?«
    »Nur, wenn Sie etwas falsch machen. Ich führe Ihnen den Spruch vor; Sie müssen aber genau aufpassen   – so wie bei den
Vestigia
bei der Leiche. Verstanden?«
    »
Vestigia «
, nickte ich. »Kapiert.«
    Nightingale hielt die rechte Hand in die Höhe, die Handfläche nach oben, und ballte sie zur Faust. »BeobachtenSie meine Hand genau.« Er öffnete die Faust. Und plötzlich erschien, nur wenige Zentimeter über seiner Handfläche, ein Lichtball. Hell, aber nicht blendend hell, so dass ich ihn direkt anschauen konnte.
    Nightingale schloss die Hand wieder und der Lichtball verschwand. »Noch mal?«, fragte er.
    Ich denke, bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich immer noch auf eine rationale Erklärung gehofft. Aber als ich jetzt sah, wie leicht es Nightingale fiel, dieses Zauberlicht hervorzubringen, wurde mir klar, wie die rationale Erklärung lautete: Magie gab es wirklich. Die nächste logische Frage war natürlich: Wie funktionierte sie?
    »Noch mal«, nickte ich.
    Er öffnete die Hand und das leuchtende Gebilde erschien erneut. Die Lichtquelle schien ungefähr die Größe eines Golfballs zu haben; die Oberfläche schimmerte wie Perlmutt. Ich beugte mich vor, konnte aber nicht ausmachen, ob das Licht aus dem Inneren der Kugel kam oder von der Oberfläche.
    Nightingale schloss die Faust. »Seien Sie vorsichtig«, warnte er. »Ihr Augenlicht könnte Schaden nehmen.«
    Ich blinzelte und sah rote Flecken. Er hatte recht; ich hatte mich von der Weichheit des Lichts täuschen lassen und zu lange hineingeschaut. Ich spritzte mir ein wenig Wasser in die Augen.
    »Bereit für einen neuen Versuch?«, fragte Nightingale. »Versuchen Sie, sich auf die Empfindung zu konzentrieren, genau wie ich   – Sie sollten etwas fühlen können.«
    »Etwas?«
    »Magie ist wie Musik. Jeder hört sie anders. Wir haben zwar einen technischen Begriff dafür, nämlich
Forma
,aber das Wort sagt Ihnen bestimmt nicht mehr als ›etwas‹, nicht wahr?«
    »Darf ich die Augen dabei schließen?«, fragte ich.
    »Unbedingt.«
    Und ich fühlte tatsächlich »etwas«, wie eine kurze Ahnung im Augenblick der Schöpfung. Wir wiederholten die Übung, bis ich sicher war, dass ich mir das »Etwas« nicht nur einbildete. Nightingale wollte wissen, ob ich noch irgendwelche Fragen hätte. Ich fragte ihn, wie man den Zauber nannte.
    »Gemeinhin ist er unter dem Namen Werlicht bekannt.«
    »Können Sie ihn auch unter Wasser ausführen?«
    Nightingale schob seine Faust in das Wasserbecken. Trotz des unbequemen Winkels brachte er ohne erkennbare Schwierigkeiten ein Werlicht zustande.
    »Also hat es nichts mit Oxidation zu tun«, murmelte ich.
    »Konzentration«, befahl Nightingale. »Zuerst die Magie, dann die Wissenschaft.«
    Ich versuchte mich zu konzentrieren, aber worauf?
    »Ich werde Sie jetzt auffordern«, sagte er, »die Faust genauso zu öffnen, wie ich es getan habe. Im selben Augenblick müssen Sie sich das in Gestalt vorstellen, was Sie spürten, als ich das Werlicht erzeugte. Denken Sie einfach, Sie müssten nach dem Schlüssel zu einer Tür suchen. Haben Sie verstanden?«
    »Hand«, sagte ich gehorsam, »Gestalt, Schlüssel, Schloss, Tür.«
    »Genau. Und nun fangen Sie an.«
    Ich holte tief Luft, streckte den Arm aus und öffnetedie Faust   – nichts geschah. Nightingale lachte nicht, aber es wäre mir lieber gewesen, er hätte gelacht. Ich atmete tief durch, versuchte mir die »Gestalt«

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