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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Lesley in mein Zimmer im Folly schmuggeln könnte. Deshalb war ich doch einigermaßen überrascht, als die ehrbare Frau aus der Mittelschicht, die in ihrem guten Mantel vor uns stand, sich plötzlich über den Tresen warf und Mr.   Ranatunga an der Kehle packte, um ihn zu erwürgen.
    Ihr Name war Celia Munroe, wohnhaft in Finchley, und sie war mit ihren Töchtern Georgina und Antonia sowie deren Freundinnen Jennifer und Alexandra ins West End gekommen, um ihnen mal eine Extrafreude zu machen. Der Ärger begann damit, dass Mrs.   Munroe fünf Voyager-Film-Bons vorlegte, die zum verbilligten Bezug der Tickets berechtigten. Mr.   Ranatunga wies darauf hin, dass die Gutscheine in diesem Kino nicht galten, Mrs.   Munroe wollte wissen, warum, aber Mr.   Ranatunga konnte ihr nicht erklären, warum, da sich das Management seiner Firma nicht die Mühe gemacht hatte, ihn über die Gutscheinaktion zu informieren. Mrs.   Munroe brachte daraufhin ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck,und zwar mit einer Gewalttätigkeit, die nicht nur Mr.   Ranatunga, sondern auch Lesley und mich völlig überraschte   – und, wie sie bei ihrer Vernehmung erklärte, auch Mrs.   Munroe selbst.
    Lesley und ich wollten gleich nach dem Beginn des Streits eingreifen, aber wir fanden nicht einmal die Zeit, zu fragen, worum es eigentlich ging, als Mrs.   Munroe bereits angriff. Es passierte sehr schnell, und wie es oft bei völlig unerwarteten Ereignissen der Fall ist, brauchten auch wir ein paar Sekunden, bis uns klar wurde, was geschah. Glücklicherweise hatten wir schon genügend Straßenerfahrung, um nicht vor Schreck zu erstarren; wir packten Mrs.   Munroe von beiden Seiten an den Schultern und versuchten sie von dem armen Mr.   Ranatunga wegzureißen. Aber ihr Griff um seinen Hals war so fest, dass er quer über den Tresen mitgezerrt wurde. Inzwischen waren die Mädchen halb hysterisch, und anscheinend begann das älteste Kind, Antonia, von hinten auf mich einzuschlagen, was ich allerdings in diesem Moment gar nicht spürte. Mrs.   Munroes Mund war zu einem wütenden Fletschen verzerrt, an Hals und Armen traten die Sehnen hervor. Mr.   Ranatungas Gesicht lief jetzt dunkel an und seine Lippen wurden schon blau.
    Lesley trieb ihren Daumen in den Druckpunkt an Mrs.   Munroes Handgelenk. Die Frau ließ so plötzlich los, dass ich mit ihr rückwärts zu Boden stürzte. Sie landete auf mir und es gelang mir schließlich, ihr die Arme an den Leib zu pressen, aber erst, nachdem sie mir einen brutalen Ellbogenstoß in die Rippen versetzt hatte. Ich nutzte meine Vorteile   – Gewicht und Stärke   –, um sie von mir weg auf den nach Popcorn riechenden Teppichboden zuwälzen, wo sie mit dem Kopf nach unten zu liegen kam. Natürlich hatte ich keine Handschellen dabei, deshalb presste ich ihr die Hände auf dem Rücken zusammen und hielt sie fest. Rechtlich gesehen bleibt einem nicht viel anderes übrig, als einen Verdächtigen formell festzunehmen, wenn man ihn erst einmal angefasst hat. Ich betete ihr den hübschen Spruch von ihren Rechten vor, woraufhin sie einfach schlaff wurde. Lesley hatte sich inzwischen nicht nur um den verletzten Mr.   Ranatunga gekümmert, sondern auch die Kinder eingesammelt und den Zwischenfall beim Revier in Charing Cross gemeldet.
    »Wenn ich Sie loslasse«, sagte ich zu Mrs.   Munroe, »sind Sie dann brav?«
    Sie nickte stumm. Ich ließ sie los, und sie rollte sich auf den Rücken und setzte sich auf.
    »Ich wollte doch nur ins Kino«, jammerte sie. »Als ich jung war, ging man einfach ins örtliche Odeon und kaufte eine Karte und legte das Geld dafür hin und dann kriegte man die Karte. Und wieso ist jetzt alles so kompliziert, und seit wann gibt’s denn diese beschissenen Nachos, und was verdammt ist überhaupt ein Nacho?« Eines der Mädchen kicherte verlegen.
    Lesley kritzelte in ihr polizeiliches Notizbuch. Denn wie es so schön in der Rechtsbelehrung heißt: Alles, was man sagt, kann gegen einen verwendet werden   – und dafür muss es natürlich irgendwo festgehalten sein.
    »Ist der Junge verletzt?«, fragte mich Mrs.   Munroe besorgt. »Ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte. Ich wollte eigentlich nur mit jemandem reden, der wenigstens halbwegs Englisch beherrscht. Letzten Sommer war ich in Bayern in den Ferien und jeder konnte Englisch, undsogar ziemlich gut. Aber dann bring ich meine Kinder hier ins West End in London und alle sind Ausländer und ich versteh kein Wort von dem, was sie

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