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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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antwortete mit grimmigem Gesichtsausdruck: »Jetzt nicht mehr. Das war einer der Gründe, warum wir darauf aufmerksam wurden.«
    »Diese Sache wird nicht gut ausgehen, oder?«, fragte ich.
    »Nicht für die Familie, die hier mal wohnte.«
    Wir schlichen in den Flur. Nightingale gab mir ein Zeichen, das Obergeschoss zu überprüfen. Ich zog meinen Schlagstock heraus und hielt ihn bereit, als ich die Treppe hinaufstieg. Das Fenster oberhalb der Treppe war mit schwarzem Tonzeichenpapier zugeklebt worden, um das Sonnenlicht auszusperren. Auf einem der Papierbogen war eine Kinderzeichnung zu erkennen   – ein Haus, quadratische Fenster, eine dünne Rauchfahne kräuselte sich aus einem windschiefen Schornstein, Strichfiguren von Mummy und Daddy standen stolz auf einer Seite des Hauses.
    Als ich auf dem düsteren Treppenabsatz ankam, sprang mir plötzlich ein Wort in den Sinn, ein Wort, das mit V beginnt und viel mit scharfen Eckzähnen und Blutdurst zu tun hat. Ich erstarrte buchstäblich. Nightingale hatte gesagt, alles sei wahr, auf gewisse Weise jedenfalls, und das musste dann wohl auch für Vampire zutreffen, oder nicht? Zwar hatte ich meine Zweifel, ob sie auch nur entfernte Ähnlichkeit mit den Vampiren in Romanen oder T V-Serien hatten, aber eins war sicher: Sie würden strikt dagegen sein, im hellen Sonnenlicht zu glänzen.
    Links befand sich eine Tür. Ich zwang mich, sie zu öffnen und in den Raum zu treten. Ein Kinderzimmer, das eines Jungen, offenbar noch klein genug, um mit Lego und Actionfiguren zu spielen, die überall auf dem Boden verstreut lagen. Das Bett war ordentlich gemacht, mit blau-roten Bett- und Kissenbezügen. Der Junge hatte offensichtlich die Zeichentrickserie Ben 10 und denFußballklub Chelsea so gemocht, dass er ihre Poster an die Wand gehängt hatte. Es roch nach Staub, aber nicht nach Schimmel oder Feuchtigkeit, wie ich es in einem seit geraumer Zeit verlassenen Haus erwartet hätte. Das galt auch für das Elternschlafzimmer   – auch hier war das Bett ordentlich gemacht und die Luft war staubig-trocken, aber in den Ecken waren keine Spinnweben zu sehen. Der Digitalwecker neben dem Bett war stehen geblieben, obwohl er noch am Stromnetz hing. Als ich ihn hochhob, rieselte feiner weißer Sand aus einem Spalt an der Unterseite. Ich stellte ihn vorsichtig zurück und nahm mir vor, ihn später genauer zu untersuchen.
    Der Hauptraum an der Rückseite des Hauses war ein weiteres Kinderzimmer. Tapete mit Motiven von Beatrix Potter, ein Babybett, ein Laufstall, ein hypoallergenes Mobile aus Holz bewegte sich in der Zugluft, die von der offenen Tür hereinwehte. Wie in den anderen Zimmern fanden sich auch hier keine Hinweise auf einen Kampf oder auch nur einen überstürzten Aufbruch; alles war ordentlich weggeräumt worden. Höchst ungewöhnlich für ein Kinderzimmer. Gleichermaßen ungewöhnlich war, dass im Bad keinerlei Schimmel zu sehen war und dass das Wasser im Spülkasten einen staubigen Nicht-Geruch verströmte.
    Den letzten Raum im Obergeschoss hätte ein Immobilienmakler wohl als »halbes Schlafzimmer« bezeichnet, er war höchstens geeignet für ein sehr kleines Kind oder einen Zwerg mit Platzangst. Das Zimmer hatte als Minibüro gedient; es war mit einem zwei Jahre alten Dell-Computer und dem klassischen Ikea-Aktenschrank ausgestattet. Als ich den PC berührte, schien blitzartig einwenig Staub und Ozon aufzuwirbeln, ein
Vestigium
, wie ich es auch im Elternschlafzimmer wahrgenommen hatte. Ich öffnete eine Abdeckung an einer Gehäuseseite und entdeckte darin den gleichen feinen weißen Sand wie beim Wecker im Elternschlafzimmer. Vorsichtig rieb ich ihn zwischen den Fingern: sehr fein, fast pulverartig, aber dennoch körnig und durchsetzt mit goldenen Tupfen. Ich wollte gerade den Hauptprozessor herausziehen, als Nightingale in der Tür auftauchte.
    »Was zum Teufel treiben Sie hier eigentlich?«, zischte er.
    »Ich überprüfe gerade den Computer«, antwortete ich.
    Er zögerte und schob sich das Haar aus der Stirn. »Lassen Sie das vorerst. Wir müssen nur noch unten nachsehen.«
    Ich durfte nicht vergessen, mit einem Beweisbeutel zurückzukommen und den ganzen Computer mitzunehmen.
    Hinter einer Tür im Erdgeschoss führte eine Treppe nach unten. Die Stufen bestanden aus ausgetretenen Hartholzbrettern. Direkt hinter der Tür baumelte eine nackte Glühbirne von der Decke, die mich blendete und die Düsternis am unteren Ende der Treppe nur noch unheimlicher erscheinen

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