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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Gebäude zeichnen sich durch jene besondere Atmosphäre aus, die den Ruhm britischer Architektur der zweiten Hälfte des 20.   Jahrhunderts ausmacht: ein angestrengtes Bemühen um Geschäftigkeit, verbunden mit karger Unmenschlichkeit.
    Vor dem Gerichtssaal standen zwei Wartebänke. Wir setzten uns auf die eine; die Angeklagte Celia Munroe, ihr Rechtsanwalt und ein Freund, den sie wohl als moralische Stütze hergeschleppt hatte, teilten sich die andere Bank mit dem Opfer, Mr.   Ranatunga, und Mr.   Ranatungas Bruder. Niemand auf der anderen Bank verspürte auch nur die geringste Lust, hier zu sein, und alle gaben uns dafür die Schuld.
    »Schon was aus Los Angeles gehört?«, erkundigte ich mich.
    »Brandon Coopertown stand am Abgrund«, antwortete Lesley. »Offenbar waren alle seine Geschäftspläne in den USA gescheitert und seine Produktionsfirma stand kurz vor der Pleite.«
    »Und das Haus?«
    »Wäre wohl bald der Vergänglichkeit anheimgefallen«, erklärte Lesley reichlich gespreizt. Ich sah sie fragend an. »Sechs Monate Rückstand bei Zins und Tilgung für die Hypotheken«, fügte sie hinzu. »Und dieses Jahr kratztesein Jahreseinkommen nicht mal an die fünfunddreißigtausend Pfund.«
    Das waren gute zehntausend mehr als das, was ich als voll ausgebildeter Constable erhielt   – mein Mitgefühl hielt sich deshalb in Grenzen.
    »Sieht immer mehr wie eine klassische Familientragödie aus«, fuhr Lesley fort, offenbar hatte sie gerade ihre Kenntnisse in forensischer Psychologie aufgefrischt. »Der Vater steht vor einem katastrophalen Statusverlust, kann die Schande nicht ertragen und beschließt, dass ohne ihn auch das Leben seiner Frau und seines Kindes bedeutungslos sind. Also dreht er durch, tötet einen Kollegen aus dem Mediengeschäft, tötet seine Familie und tötet schließlich sich selbst.«
    »Wobei er auch noch dafür sorgt, dass ihm das Gesicht herunterfällt?«, fragte ich.
    »Jede Theorie hat ihre Schwachpunkte«, sagte Lesley. »Zumal wir auch gar keinen Grund dafür finden können, warum sich William Skirmish in jener Nacht im West End aufhielt.«
    »Vielleicht wollte er eine Frau aufreißen«, sagte ich.
    »Wollte er nicht«, sagte Lesley. »Das wüsste ich.«
    Weil das, was William Skirmish kurz vor seiner Ermordung getan hatte, für den Fall an sich kaum noch relevant war, hatte man diesen Aspekt dem jüngsten Anfänger des Ermittlungsteams übertragen, also Lesley. Und weil sie so viel Zeit und Mühe darauf verschwendet hatte, William Skirmishs letzte Stunden zu rekonstruieren, war sie nicht nur bereit, sondern geradezu überglücklich, mir ihre Ergebnisse bis zur allerletzten Einzelheit ausführlichst darzulegen. So hatte sie auch William Skirmishs romantischeVorlieben überprüft, aber keinerlei Hinweise darauf gefunden, dass er auf der Suche nach Sex durchs West End gestreift sein könnte   – unser William war ernsthaft monogam. Seine sämtlichen privaten Kontakte kannte er von der Arbeit oder durch gemeinsame andere Freunde. Lesley hatte auch alle Überwachungskameras überprüft, an denen er in der Mordnacht vorbeigekommen war. Soweit sie es hatte nachvollziehen können, war er von seinem Haus zur U-Bahnstation Tufnel Park gegangen und war mit der U-Bahn zur Tottenham Court Road gefahren. Von dort war er durch die Mercer Street zum Covent Garden gegangen   – und zu seiner tödlichen Begegnung mit Coopertown. Kein Umweg, kein Zögern   – so, als sei er verabredet gewesen.
    »Fast so, als hätte da etwas in seinem Kopf herumgespukt und ihn beeinflusst«, meinte sie.
    Und deshalb erzählte ich ihr vom Zauberspruch
Dissimulo
und erklärte ihr die Theorie, dass etwas in Coopertowns Hirn eingedrungen sei, das ihn dazu gebracht habe, sein Gesicht zu verändern, William Skirmish umzubringen und danach sogar seine eigene Familie. Und dann war es unvermeidlich, dass ich ihr meinen Besuch bei Mama Themse schilderte und ihr auch gleich noch von meinen Zauberlehrstunden und Molly, der freakigen Haushälterin, erzählte.
    »Darfst du mir das alles erzählen?«, fragte Lesley.
    »Warum denn nicht? Nightingale hat es mir nicht verboten. Dein Boss glaubt schließlich auch, dass diese Dinge existieren, es gefällt ihm nur nicht.«
    »Also hat sich jemand oder etwas in Coopertowns Denken eingemischt   – richtig?«
    »Richtig.«
    »Und wer oder was auch immer das gewesen sein mag«, fuhr Lesley fort, »kann das vielleicht auch mit William Skirmishs Denken gemacht haben. Dieses   … Etwas

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