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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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nur einen Augenblick Zeit gaben, seine Gedanken zu sammeln, fühlte er selbst, daß jetzt eine Antwort unumgänglich nötig sei, hielt sich aber, da ihm jeder weitere Faden abgerissen war, fest an die letzte Frage und stotterte nur, indem er dabei ein höchst beruhigendes Gesicht zu machen versuchte und in einem fort mit dem Kopfe schüttelte: »Er ist noch nicht tot – sie bringen ihn!«
    »Wen? Um aller fünf Wunden unseres Heilands willen!« – schrien die beiden Frauen wie aus einem Munde, während Adele leichenblaß wurde und krampfhaft der Schwester Arm erfaßte. »Wen, Mann? – Wen bringen sie? – Wo ist James? Wo ist Cook?«
    »Hinter dem anderen her!« rief der alte Lively jetzt, durch die vielen Fragen total verwirrt. – »Er kommt mit dem einen, den wir durchs Bein geschossen haben.«
    »James?« rief die alte Dame.
    »Cook?« stöhnte dessen Frau.
    »Unsinn«, brummte aber jetzt der Alte, dem allmählich siedendheiß wurde. – »Der Mulatte. – Herr Jesus, Weiber, macht einen nicht toll! – James und Cook sind beide so gesund wie ich. – Cook hat sich die Nase ein wenig wundgeschlagen; – den Mulatten haben sie geschossen; der andere ist entflohen, und James ist auf der Fährte geblieben. – Vater Unser, der du bist im Himmel! – Ihr fragt ja, daß es einem wie mit Kübeln den Rücken hinunterläuft.«
    »Beruhigen Sie sich«, sagte Mrs. Dayton jetzt, indem sie die alte Frau unterstützte, »es ist keiner unserer Freunde verwundet; sie haben nur einen der Diebe gefangen, den sie nach Hause bringen.«
    »Aber was in aller Welt erschreckst du uns da nur so!« rief mit vorwurfsvollem Tone die alte Frau.
    »Ach, Vater«, beteuerte auch Mrs. Cook, »die Angst bekomme ich in vier Wochen nicht wieder aus den Gliedern!«
    »Na, das ist eine schöne Geschichte«, brummte der Alte in komischer Verzweiflung, – »ich werde mit bester Absicht vorausgeschickt, um gleich als persönliches Beispiel zu dienen, daß sich alle wohl befinden, und springe nun gerade mit beiden Füßen ins Porzellan hinein. Aber besser noch so als so. Sie sind alle wohl, – Cook und Hawes werden gleich hier sein; – Bohs ist aber mit Cooks James – Heiland der Welt, man verliert hier noch das bißchen Verstand! – James ist mit Cooks Bohs, – nein, doch nicht – der Hund wollte nicht mit – dem weißen Dieb nach und wird wohl nicht eher wiederkommen, bis er ihn selber bringt oder doch genaue Kunde sagen kann, wohin er sich gewendet hat.«
    Der alte Mann mußte jetzt umständlichen Bericht über das Geschehene abstatten; denn als er in der Nacht die Gewehre holte, hatte er ihnen nur flüchtig sagen können, daß jemand gestohlen habe, dem sie nachsetzen wollten. Diesem Bericht schloß sich aber eine von dem alten Lively bis dahin noch gar nicht bemerkte Person an, die erst diesen Morgen eingetroffen war und noch beim nachträglich bereiteten Frühstück saß, als die beiden Frauen dem Botschafter entgegeneilten. Dieses Individuum war aber niemand Geringeres als Doktor Monrove oder der Leichendoktor, wie ihn die Hinterwäldler nannten, der jetzt noch, zwischen Hunger und Neugier schwankend, mit einem halb abgenagten Truthahnknochen in der einen und einem Stück braungebrannten Maisbrots in der andern fettigen Hand, zu den Frauen trat und mit stetig wachsendem Interesse hörte, daß ein Mann verwundet, gefährlich verwundet sei und sogar hierhergeschafft werden würde.
    »Bester Mr. Lively –« wandte er sich jetzt an den Alten.
    »Ach, Leich – Doktor Monrove«, sagte Lively, während er sich erstaunt und vielleicht auch erschreckt nach dem sonst gern gemiedenen Mann umblickte. Erzählten sich doch die Landleute überhaupt schon von ihm, er wittere eine Leiche so weit wie ein Turkey-Bussard, – »Ihr kommt apropos – und könnt hier gleich Eure Kunst zeigen und herausfinden, ob einem armen Teufel noch zu helfen ist, dem das Tageslicht an mehr als einer Stelle durch die Haut scheint. Aber da kommen sie wahrhaftig schon! – So mögt Ihr gleich mit anfassen. Alte, wo wollen wir ihn denn hinlegen?«
    »Ach, du lieber Gott!« sagte die alte Dame. – »Hier ins Haus soll er?«
    »Nun, wir dürfen –«
    »Nein, nein, du hast recht; es ist auch ein Mensch so gut wie wir, wenn auch ein sündhafter, den Gott gestraft hat. Ja, da weiß ich aber meiner Seele keinen Rat weiter, als ihr müßt ihn in Cooks Haus schaffen, und ihr anderen zieht, bis er transportiert werden kann, zu uns herüber. – Ach, beste Mrs. Dayton, daß

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