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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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den Schlummer der sorglos im Bug ausgestreckten Wachen. Zuerst schlugen sie erstaunt die Augen auf und sahen zum Himmel; der spannte sich aber noch in seiner alten Gestalt über ihnen aus. Dieselben Sterne schauten funkelnd auf sie nieder, auf die sie beim Einschlafen ihre Blicke geheftet hatten; doch entsetzt sprangen sie empor, denn die Baumwollholzschößlinge, deren träumendes Wiegen sie bis dahin ebenfalls neben sich beobachtet und deren Nicken sie mit dem eigenen Kopf gar oft begleitet hatten, lagen hinter ihnen. – Das Wasser rauschte nicht mehr gegen ihren Bug an; die Weiden rückten weiter und weiter zurück. Die Männer wurden mit einem Male munter und sprangen, von einem unguten Gefühl getrieben, nach dem Tau. Es hing locker über Bord, und ihr Ruf »Das Boot ist los!« weckte mit Blitzesschnelle die noch hier und da in der warmen Sommernacht an Deck verstreuten Gefährten.
    Alles sprang jetzt herbei und lief wild und ratlos durcheinander; einige fühlten nach Grund, andere rissen am Tau, ein paar sprangen nach dem Lotsen, um ihn ans Steuerrad zu rufen, keiner aber dachte an die Hauptsache, daß das Dampfboot auch nicht ohne Dampf regiert werden könne und erst die Feuer wieder aufgeschürt und das Wasser erhitzt werden müsse, ehe sie hoffen durften, wirklich ernster Gefahr für ihr Boot zu entgehen.
    Erst des Steuermanns fester Ruf sammelte die Schar wieder zu geregelter Tätigkeit. Rasch wurden vor allen Dingen um die stets bereitliegenden kleinen Anker Taue geschlagen, um sie über Bord zu werfen und sie wenigstens da zu halten, wo sie sich gerade befanden. Die Feuerleute mußten indessen unter allen Kesseln die Feuer aufschüren und zu gleicher Zeit nachpumpen, damit nicht durch Wassermangel ein noch größeres Unglück – das Zerspringen der Kessel – herbeigeführt würde. Diese Vorsichtsmaßregeln, zur rechten Zeit getroffen, wären auch hinlänglich gewesen, um das Boot gar bald wieder instandzusetzen. Durch die ungemein starke Strömung aber waren sie schon weiter hinabgerissen, als sie im Anfang selber vermutet hatten; denn diese führte mit reißender Schnelle, und zwar rückwärts, dem westlichen Ufer entgegen.
    »Stangen hinter an Backbord Zwischendeck!« schrie der Steuermann mit heiserer Stimme. »Stemmt Euch, meine Burschen, versucht die Bäume zu treffen und schiebt ab!«
    Die Matrosen gehorchten in flüchtiger Eile dem Befehl. Die langen Stangen wurden, alles von Passagieren niederstoßend, was ihnen zufällig im Weg war, nach hinten geschleppt und dort rasch über Bord und gegen die Seitenwand gestemmt, um das jetzt unvermeidliche Anprallen wenigstens soviel wie möglich zu mildern. Die Anker waren zu gleicher Zeit ebenfalls übergeworfen; der weiche Schlammboden gewährte ihnen aber noch keine Festigkeit, – sie schleppten nach, und in demselben Moment rannte auch der ›Van Buren‹, seitwärts gegen das Ufer treibend, mit der Backbordseite und mit dem hinteren Teil zugleich so gewaltig gegen die Stämme an, daß das mächtige Boot bis in seinen Kiel hinunter erzitterte und das Backbordradhaus krachend und prasselnd zusammenbrach.
    Die Passagiere stürmten jetzt erschreckt von allen Seiten herbei, einzelne sogar schon mit ihren Habseligkeiten unter dem Arm oder auf dem Rücken, bereit, mit nächster Gelegenheit ans Ufer oder doch wenigstens in ein rettendes Boot zu springen. Auch die Mannschaft selbst war im ersten Augenblick bestürzt; denn man wußte noch nicht genau, wie bedeutend der angerichtete Schaden sei und ob der Rumpf wirklich so gelitten habe, daß das Fahrzeug sinken müsse.
    Der Zimmermann sprang denn auch vor allen Dingen in den Rumpf hinunter, und die Pumpen wurden versucht. Da ergab es sich, daß der ›Van Buren‹ wahrscheinlich nur mit dem breiten Oberteil in das starre Treibholz hineingerannt war und weiter nicht gelitten hatte als an Rad, Bulwarks und Steuer. Allerdings wurde der Schaden jetzt so schnell wie möglich und so gut es gehen wollte ausgebessert; ehe das Steuer aber wieder hergestellt war, konnten sie nicht daran denken auszulaufen, und die Sonne stand schon hoch am Himmel, als es, mit Hilfsstücken und starken Ketten geschnürt und befestigt, so weit hergerichtet war, um den ›Van Buren‹ wenigstens bis Helena zu bringen. Dort mußte dann alles wieder ordentlich repariert werden.
    Zweimal machten sie dabei vergebens den Versuch auszulaufen; denn noch immer verweigerte das Steuer den Dienst. Das Backbord-Rad war nämlich ganz zertrümmert, und

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