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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Maschine nach rückwärts nicht wieder loskommen. Da sie nun endlich einsahen, daß jeder weitere Versuch nutzlos, die Nacht dagegen eingebrochen war und der Fluß mit jeder Stunde stieg, so hofften sie, mit Tagesanbruch vielleicht von selber flott zu werden, und versuchten deshalb mit der Jolle ans Ufer zu fahren und ein Springtau dort irgendwo zu befestigen. Dies geschah, damit sie, wenn sie wirklich loskämen, nicht wieder mit der Strömung hinabtrieben. Die mit der Befestigung des Taues beauftragten Leute fanden indes ein schwereres Geschäft, als sie im Anfang vermutet haben mochten. Die ganze Insel war allerdings dicht mit Bäumen bewachsen, jedoch nur mit schwachen Baumwollholzstämmen, die kaum ein Flatboot, viel weniger denn ein so schweres Fahrzeug gehalten hätten. An dem äußeren Rande der Insel stand dabei der junge Aufwuchs, lauter Schößlinge der Baumwollholzbäume, die starr und dicht wie Schilf aus dem schon etwas angeschwollenen Mississippi herauswuchsen und dem breiten Bug der Jolle hartnäckig den Eingang verweigerten. Die ersten bogen sich zwar, wenn die Matrosen mit allen Kräften dagegen ruderten, elastisch zur Seite wie Stahlfedern, preßten sich aber dann auch augenblicklich mit rückwirkendem Druck wieder gegen das Boot an, sobald die Ruder nur einen Augenblick aufhörten zu arbeiten.
    Die Matrosen mußten den Versuch endlich aufgeben und in das hier etwa drei Fuß tiefe Wasser springen, was des Triebsandes wegen an und für sich schon mit großer Gefahr verknüpft war. Mit vereinter Anstrengung zogen sie nachher das lange, schwere Tau so weit inselwärts wie ihnen das möglich war, schlugen es hier, wo sie wieder trockenen, das heißt wenigstens nicht unter Wasser stehenden Boden fanden, um eine Anzahl der schwachen Stämme herum und kehrten dann an Bord zurück, um zu weiteren Operationen den anbrechenden Tag zu erwarten.
    Nun waren allerdings zwei Wachen an Deck gelassen, die auch die Feuer unter den Kesseln unterhalten sollten. Wie das aber mit fast allen Wachen geht, so blieben sie im Anfang ungemein munter, warfen sorgsam Holz nach und sahen nach dem Tau, ob es noch immer straff sei und festhalte; sobald jedoch einmal Mitternacht vorüber und keine Ablösung für sie bestimmt war, legten sie sich auf das vor den Kesseln aufgeschichtete Holz, fingen an sich Geschichten zu erzählen und suchten sich damit munter zu halten. Der Erzähler wurde endlich aber auch schläfrig; der Zuhörer hatte schon lange aufgehört, Zuhörer zu sein, und tiefes Schweigen herrschte bald auf dem schlummernden Koloß.
    Leise murmelnd brach sich die Flut an seinem Bug, und in der nicht fern gelegenen Weideninsel rauschte und brauste es; das vorn angeschwemmte Holz stemmte die Strömung, und dann und wann warfen sich mächtige losgeschwemmte Stämme dagegen und versuchten, diesen natürlichen Damm zu durchbrechen. Rabenschwarze Nacht lag dabei auf dem dumpf grollenden Strome, und es war, als ob die Waldgeister von beiden Ufern wunderliche, unheimliche Weisen herüber- und hinüberriefen, während der alte Mississippi die langgehaltenen Melodien dazu in seinen schäumenden Bart summte.
    Auf dem Boote rührte sich nichts mehr. Nur die beiden Wachen hoben noch dann und wann einmal müde und schon halb bewußtlos die Köpfe und blickten nach den Sternen empor und zu den leise schwankenden Weiden an der Steuerbordseite, ob sie noch auf der alten Stelle lägen. Das monotone Summen des Stromes schloß aber bald wieder ihre Augenlider, und das harte Lager war doch nicht hart genug, festen, gesunden Schlaf von ihnen fernzuhalten.
    An dem Springtau zerrte und zog indes die kräftige, unermüdliche Flut, und der steigende Strom hob das Boot aus seinem sandigen Bett. Je mehr es aber anfing flott zu werden, desto mehr wirkte auch die Strömung darauf ein und begann schon, das noch haltende Tau straff anzuspannen. Im Anfang hielten die schwankenden, jungen Stämme allerdings noch sicher die ihnen anvertraute Last, je stärker aber das Boot anzog, desto mehr bogen sie sich, desto mehr rutschte das Tau nach oben. Wohl leistete die Zahl noch einigen Widerstand; hier und da brach aber einer der am meisten in Anspruch genommenen Stämme, ein anderer ließ das Tau über den elastischen Wipfel gleiten; mit jedem Augenblicke verminderte sich der Halt, den jenes ungeheure Gewicht erforderte, und jetzt – knickte auch der letzte Stamm.
    Der Ruck, der das ›Van Buren‹-Tau befreite, zitterte aber durch das ganze Boot und störte

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