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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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an ihn auf das Land hinausgeschickt war, in einem ganz andern Teile der Stadt als der, in dem sich Marie befand! Wollte er wirklich unerkannt sein, oder war diese Bewegung nur Zufall? All diese Gedanken zuckten pfeilschnell durch Tom Barnwells Hirn, als er stehenblieb und der Gestalt des rasch Davoneilenden nachsah. Im Augenblick hatte er sich aber auch wieder genügend gesammelt, um einen festen Entschluß zu fassen; auf keinen Fall durfte er jenen Mann aus den Augen verlieren, denn wußte er wirklich noch nichts von seines Weibes Zustand, so war es nötig, daß er es erfuhr, und wußte er es – Barnwell blieb keine Zeit zu längerem Überlegen; mit flüchtigen Schritten folgte er dem jungen Manne, der gerade um die nächste linke Ecke bog, und wollte ihm, dort angelangt, eben nachrufen. Da sah er ihn, keine zwei Häuser entfernt, vor einer Tür stehen, an die er augenscheinlich eben erst angeklopft haben mußte. – Daß ihm der, dem er begegnete, gefolgt war, hatte Hawes nicht einmal bemerkt.
    Die Straße bildete hier eine Art von freiem Platz, denn die linke Reihe der Häuser war, die zwei vordersten abgerechnet, weiter zurückgedrückt und enthielt neben anderen Privatwohnungen auch das etwas alleinstehende Gerichtshaus und die County Jail, das Gefangnis. Schräg diesem gegenüber befand sich aber das Haus, vor welchem der vermeintliche Mr. Hawes jetzt stand, und Tom Barnwell schritt rasch und ohne Zögern auf ihn zu. Jener jedoch, viel zu sehr in sein Klopfen vertieft und vielleicht ungeduldig, daß ihm von innen nicht geöffnet wurde, mußte den sich nahenden Schritt des leichten, mit Mokassins bekleideten Fußes gar nicht gehört haben, denn er bog sich eben zum Schlüsselloch und rief ärgerlich hinein: »Aber, in drei Teufels Namen, Mrs. Breidelford; ich bin es ja, Sander, und muß Euch wichtiger –«
    Er schrak empor; – dicht neben sich vernahm er in diesem Augenblick zum ersten Male die Tritte des ihm Folgenden, und als er überrascht auffuhr, blickte er in das ernste, ruhige Antlitz Tom Barnwells. Dieser stutzte allerdings über die eben gehörten Worte, war jedoch zu sehr mit dem Zustande Maries beschäftigt, um ihnen auch nur mehr als flüchtiges Gehör zu schenken. Über den Mann selbst aber, der vor ihm stand, blieb ihm kein Zweifel mehr. Es war Hawes, und Tom, der das Zurückschrecken und den ängstlichen Blick seines einstigen Nebenbuhlers bemerkte, der scheu die Straße hinabsah, als ob er sich dem vermuteten Feinde durch die Flucht entziehen wollte, sagte, ihn mißverstehend, ruhig: »Fürchten Sie nichts, Sir; – ich bin Ihnen nicht in feindlicher Absicht gefolgt und hege in der Tat keinen Groll gegen Sie. Wenn das aber auch wirklich der Fall wäre, so müßte er jetzt ganz anderen Gefühlen weichen. Wissen Sie, daß Mrs. Hawes hier in der Stadt ist?«
    »Ich? Ja – ich ich weiß es; ich bin eben auf dem Wege dorthin!« stotterte der sonst so kecke und zuversichtliche Verbrecher, der aber in diesem Augenblick ganz außer Fassung schien. Stieg ihm der Mann, den er da plötzlich vor sich sah, doch fast wie aus dem Boden herauf, und der Gefahr bewußt, in der er sich befand, vielleicht selbst durch den Platz beunruhigt, an dem er angetroffen worden war, konnte er sich kaum zu einer Antwort sammeln.
    »Was? Sie wissen es? Und sind auf dem Wege dorthin?« fragte Tom erstaunt. »Mr. Hawes, ich begreife nicht; wer wohnt in diesem Hause?«
    »Nun, Squire Dayton doch!« rief Sander, der kaum wußte, was er sagte, und noch nicht einmal gesammelt genug war, selbst nur dem fest auf ihm haftenden Blick des jungen Bootsmannes zu begegnen.
    »Squire Dayton?« wiederholte Tom langsam und zum ersten Male mit wirklichem Mißtrauen. »Sie nannten eben einen anderen Namen, sie riefen eine Dame an, der Sie Wichtiges mitzuteilen hatten; – nicht so?«
    »Ich sage Ihnen, ich bin eben im Begriff, Squire Daytons Haus aufzusuchen!« rief da Sander, jetzt zum ersten Male seine verlorene Fassung wiedergewinnend. »Die Dame, die hier wohnt, wollte ich nur – sie sollte Krankenwärterin meiner Frau werden, aber sie sie scheint nicht zu Hause zu sein «
    »Nein, so scheint es«, erwiderte Tom kalt und war jetzt fest entschlossen, dem Manne nicht von der Seite zu weichen, bis ihm dessen sonderbares Benehmen erklärt sei; »kennen Sie Squire Daytons Haus?«
    »Ja – jawohl; – es liegt an der oberen Grenze der Stadt. – Ich bitte Sie, mich dort anzumelden. – Ich werde gleich nachkommen, Mr. Barnwell, ich hoffe,

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