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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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in seine Tiefe.«
    »So haben auch Sie schon von jenen Fürchterlichen gehört, die hier auf dem Mississippi ihr Wesen treiben sollen?« flüsterte Mrs. Everett erschreckt und ängstlich. – »Vielleicht wissen Sie etwas Näheres über ihr Bestehen?«
    »Ich verstehe nicht recht, wen Sie meinen, Madame«, sagte Edgeworth.
    »Sie haben in Helena gehört, daß mein Bräutigam vor kurzer Zeit im Fluß verunglückte?« fragte die Frau dagegen.
    »Ja, – Mr. Smart sprach davon.«
    »Man sagt, das Boot sei auf einen Snag gerannt.«
    »Das ist wenigstens das Wahrscheinlichste. – Du lieber Gott, so mancher arme Bootsmann hat ja schon auf solche Art seinen Tod gefunden.«
    »Ich glaube es nicht«, – flüsterte Mrs. Everett, aber noch viel leiser als vorher.
    »Was?« fragte Edgeworth erstaunt.
    »Daß Holks Boot auf natürliche Weise untergegangen sei«, erwiderte die junge Frau, wie früher flüsternd. »Ich habe einen fürchterlichen Verdacht und will eben nach Viktoria ziehen, wo sich ein Bruder von mir, ein wackerer Advokat, niedergelassen hat. Der soll sehen, ob er die Täter nicht aufspüren kann.«
    »Wäre aber da nicht Holks Sohn, der, wie ich höre, des Verstorbenen Land so schnell verauktionieren ließ, eine viel passendere Person gewesen?« meinte der alte Mann. »Ich weiß nicht recht, ob eine Frau imstande sein sollte, gegen dieses Volk aufzutreten, wenn es nämlich wirklich existierte.«
    »Holk hatte gar keinen Sohn«, fuhr Mrs. Everett noch ebenso leise wie früher fort. »Mein Leben setze ich zum Pfande, daß jener Mann, der sich für seinen Sohn ausgab, ein falsches Spiel spielte. Ich habe oft oft mit dem armen Holk über seine Familie gesprochen, und er verbarg mir nichts. Ach, wie oft hat er mir versichert, er stehe ganz allein in der Welt und habe nur mich, auf die er sein künftiges Lebensglück baue. – Hätte er den Sohn verleugnen sollen? Nie!«
    »Hm!« murmelte Edgeworth und schaute eine ganze Weile sinnend vor sich nieder; – er erinnerte sich dessen, was ihm Smart noch vor seiner Abfahrt gesagt hatte. Unwillkürlich schweifte dabei sein Blick zu den beiden Männern hinüber, die jetzt in sehr angelegentlichem Gespräche begriffen schienen. – »Hm – ich wollte, Tom wäre hier. Weiß auch der Henker, weshalb ich den Jungen allein voranfahren ließ. Höre einmal, Bob Roy« – und er wandte sich damit zu einem der Bootsleute, der ihm am nächsten stand, und zwar an denselben, der schon früher den Streit mit dem Steuermann gehabt hatte, »was hältst du von dem Nebel? Du bist doch auch nicht das erste Mal auf dem Mississippi.«
    »Ich halte davon, daß wir sobald wie möglich irgendwo an Land laufen oder den Notanker über Bord lassen«, sagte der Mann unwillig, »hier so in den Nebel hineinzusegeln ist wahre Tollkühnheit. Wenn uns ein Dampfboot begegnet, sind wir verloren, und begegnet uns keins, so bleibt uns doch noch immer die ziemlich sichere Aussicht, irgendwo festzurennen. Wenn ich ein Boot zu befehligen hätte, so wüßte ich so viel, daß es bei solchem Nebel lieber Mississippisand als Mississippiwasser unter sich haben sollte, obgleich beides noch manches zu wünschen übrigläßt.«
    »Ihr meint, wenn der Nebel dichter würde, sollte ich beilegen?«
    »Gewiß meine ich das, wenn Ihr mich denn einmal drum fragt«, sagte der Rudermann, »es ist mir ohnedies ein unheimliches Gefühl, so gar nicht zu sehen, wohin man fährt, und dann dem Burschen da –« und er wies rückwärts über die Schulter mit dem Daumen nach Bill hin – »anvertraut zu sein!«
    Edgeworth folgte der Bewegung mit den Augen, brach aber jetzt, als Blackfoot langsam auf ihn zuschritt und bald darauf neben ihm Platz nahm, das Gespräch mit dem Mann ab.
    »Es wird trübe!« sagte der, während er dabei den Strom hinabdeutete, wo die Nebelmauer höher und höher zu steigen schien. – »Es wird verdammt trübe. Wir können froh sein, daß wir einen so guten Lotsen an Bord haben.«
    »Ja, ja«, erwiderte Edgeworth und blickte unruhig umher, »es sieht böse dort unten aus. – Dauern diese Mississippi-Nebel lange?«
    »Sehr verschieden, Sir, sehr verschieden; manchmal treibt sie ein leichter Abendwind wie gar nichts vor sich hin, manchmal aber liegen sie so zäh auf dem Strom, als ob sie aus Gummi elasticum wären und immer weiter und weiter sich ausbreiteten, je mehr der Wind daran zerrte und zöge. Wahrscheinlich wird's aber, wenn der Mond aufgeht, besser; jedenfalls können wir noch ein oder zwei Stündchen

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