Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
gewaltsam getötet!« Die Aufmerksamkeit der Männer richtete sich jetzt auf das Zimmer selbst, um hier vielleicht etwas zu entdecken, was auf die Spur der Mörder führen konnte. Besonders wichtig schienen hierbei einige Gegenstände, die man neben einer geleerten Stew-Bowle und der niedergebrannten Lampe auf dem Tisch fand. Es waren eine kleine, lederne Brieftasche, ein gewöhnliches, aber noch neues und erst wenig gebrauchtes Jagdmesser mir ordinärem Holzgriff und zwei halbgerauchte und verlöschte Zigarren. Mrs. Breidelford hatte, obgleich das sonst im Westen von Amerika nichts Ungewöhnliches gewesen wäre, selber nie geraucht. Männer mußten sich also auf jeden Fall, und zwar eine ziemlich geraume Zeit, im Innern des Hauses, ja, wenn man das Zeugnis der Wache annahm, auch mit Einwilligung der Frau aufgehalten haben. – Wer aber konnten sie gewesen sein? Cook, dem es grauste, in all dem wilden, lauten Treiben der Gerichtsbeamten die Leiche der Frau mit dem blutigen Angesicht so kalt und starr daneben ausgestreckt zu sehen, war mit dem Virginier wieder unten vor die Tür getreten, während unterdessen oben die gefundenen Sachen von Hand Hand gingen und genau besehen und geprüft wurden.
Unter den Leuten, die sich jetzt herzudrängten, befand sich auch ein deutscher Krämer, der in Helena mit allerhand Sachen handelte, sie mochten Namen und Wert haben, wie sie wollten. Dieser aber hatte kaum das Messer gesehen, als er rasch danach griff, es von allen Seiten aufmerksam betrachtete und schnell hin- und herwandte. Die Augen der Umstehenden hafteten schon auf ihm, als wenn sie eine Erklärung erwarteten. Da sagte der kleine Mann, während er das Messer in die Höhe hob und die rechte Hand dabei aufs Herz legte: »Soll mer Gott helfe, ich waiß, wem das Messerche ischt.«
»Und wenm gehört es, Bamberger?« rief der Konstabler und faßte den kleinen Burschen an der Schulter. – »Heraus mit der Sprache, Mann! Die Frau ist allerdings mit keinem Messer getötet worden, aber der Mörder kann es hier vergessen haben.«
»En elender Mensch will ich sain«, beteuerte Bamberger, indem er sich gegen den ihn scharf beobachtenden Richter wandte, »en erbärmlicher, elender Mensch, wenn's Messerche nicht ä jungem Borschen vom Lande isch – Schämes Lively haißt er met Nomen. – Hot er mer doch erscht am vergangena Donnerschtog ä blanken, baren Silberdollar defir gegebe.«
»James Lively«, brummte der Konstabler, »nun, der hat die Frau nicht ermordet; – weiß aber der Henker, wie sein Messer hier hereinkommt!«
»James Lively?« wiederholte der Richter schnell. »Das wäre wunderbar. – Wo ist Mr. Cook? Nach jenes Mannes Geständnis soll er selbst gerade mit diesem James Lively heute morgen schon vor Tagesanbruch in Helena gewesen sein. Watchman, – Ihr saht heute morgen zwei Männer rasch am Flußufer hinaufgehen?«
»Ja, allerdings«, entgegnete der Angeredete; – »aber ich kann natürlich nicht gewiß behaupten, daß es die Mörder waren.«
»Gentlemen«, sagte der Richter ernst, »die Sache verdient mehr Erwägung, als Sie vielleicht jetzt glauben. Dieser Cook ist ganz plötzlich, und zwar gleich nach jenem am Fourche la Fave gehaltenen Regulatorengericht von dorther hier eingetroffen «
»Das spricht in der Tat nicht besonders für Cook«, erwiderte der Konstabler; »James Lively aber ist ein ehrlicher, braver Mann und als solcher auch hinlänglich bekannt.«
»Sein Messer ist hier gefunden worden«, sagte ruhig der Richter.
»Ja, und zum Henker auch! – Wir wollen den Burschen doch erst einmal sprechen«, fiel hier einer der Beistehenden ein. »Auf jeden Fall sind die Beweise stark genug, einen Verdacht zu wecken. Überdies möchte ich hier noch bemerken, daß vorgestern erst – kaum eine Meile von eben dieses Livelys Haus entfernt – ein Mann erschlagen und beraubt gefunden worden ist. – Und wenn er auch des Konstablers Freund wäre –«
»Halt da, Sir«, fiel ihm der Konstabler ins Wort, »es soll niemand sagen, daß ich meine Freunde begünstige. Ich bin augenblicklich bereit, James Lively zu verhaften; desto schneller wird er seine Unschuld beweisen können.«
»Heda, wer sagt hier was gegen James Lively oder Bill Cook?« rief dieser in demselben Augenblicke, indem er rasch in die Tür sprang. Ein Freund von ihm hatte ihn schnell gerufen, damit er sich gegen die auftauchende Anklage verteidigen könne. »Hier kommt Cook, und Lively ist auch nicht weit. – Wer hat Mut oder
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