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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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noch?«
    »Kennt ihr ihn sonst nicht? Ist er vielleicht – wißt Ihr nicht, ob –«
    »Nein, – kenne ihn weiter gar nicht«, rief der Virginier und machte sich von der Hand, die ihn hielt, frei, »habe auch jetzt keine Zeit, denn ich möchte nicht gern zu weit zurückbleiben. Wollt Ihr mehr über ihn wissen, so steht da oben am Fenster seine Frau, die wird Euch nähere Auskunft geben.« – Und er eilte fort, blieb aber gleich darauf unwillkürlich wieder stehen und sah sich nach dem jungen Burschen um. Die Hand, die er eben in der seinen gehalten hatte, war so weich und warm gewesen, – der Hutrand hatte ihn bis jetzt noch ganz daran verhindert gehabt, das Gesicht des Kleinen zu sehen. Dieser mußte sich indessen rasch von ihm abgewandt haben; denn er drehte ihm jetzt den Rücken zu und starrte zu dem geöffneten Fenster hinauf, aus welchem Mrs. Dayton ängstlich der davonstürmenden Volksmenge nachschaute.
    »Hallo, Mills!« rief da Cook dem Virginier zu. »Kommt, wir dürfen nicht die letzten drüben sein!«
    »Ay, ay«, lautete dessen Antwort, indem er dem Rufe rasch Folge leistete, – »bin gleich dort. – Merkwürdig zartes Bürschchen«, murmelte er dann vor sich hin, während er durch schnelleren Lauf das Versäumte wieder nachzuholen versuchte. »Die Hand fühlte sich an wie das Fell eines fliegenden Eichhorns; muß mir ihn doch nachher einmal genauer betrachten.«
    Der junge Bursche stand vor Squire Daytons Tür allein, und sein Blick hing stier an dem lieblichen Frauenbild, das sich bleich und tränenden Auges aus dem Fenster beugte.
    Wenige Sekunden schien er mit sich zu kämpfen, tat ein paar schnelle Schritte nach dem Hause zu, blieb nochmals stehen, wandte sich, als ob er den Platz fliehen wollte, und trat dennoch plötzlich, wie von einem raschen Entschluß bestimmt, hinein. Gleich darauf schloß sich hinter ihm die Tür.
     
    Im Hause der sonst so genauen und ordentlichen Mrs. Luise Breidelford sah es gar wild und schauerlich aus. – Die stets festverschlossen gehaltene Haustür stand heute weit geöffnet, und aus und ein strömten Scharen von Neugierigen und gingen treppauf, treppab in dem kleinen Gebäude. Freilich konnten sie nur ein einziges Zimmer betreten; die übrigen hatte der Konstabler schon durch gewaltige Vorhängeschlösser verwahrt, und nur hier und da suchten die in reichlicher Anzahl versammelten Knaben und jungen Burschen durch Schlüssellöcher und Türspalten, wenn auch meist erfolglos, einen Blick in die geheimnisvollen Räume zu gewinnen.
    Oben in dem Zimmer aber, wo man die Leiche gefunden hatte, standen in ernstem und feierlichem Schweigen die Leichenbeschauer – geschworene Bürger von Helena – und sahen auf das bleiche, krampfhaft verzerrte Antlitz der Erschlagenen nieder. Wunden hatten sich weiter nicht an ihr gefunden als am Kopfe. Dort war die Haut von dem gewaltigen Faustschlag versehrt, und einzelne Tropfen geronnenen Blutes zeigten die Stelle an, wo sie zu Tode getroffen worden war. Der Richter, der zu den Geschworenen trat, hielt ein Paket Papiere in der Hand, das man nebst einigen Schlüsseln und einem Geldtäschchen bei ihr gefunden und ihm überliefert hatte.
    Der Konstabler gab jetzt Bericht, wie man heute morgen dem Mord auf die Spur gekommen sei. Die Wachen wollten, ihrer Aussage nach, in der Nacht einen Schrei gehört haben, waren jedoch später durch den Anblick der jetzt Ermordeten selbst beruhigt worden und hatten nicht weiter darauf geachtet, bis sie, und zwar erst mit grauendem Morgen, zwei Männer aus eben dieser Straße kommen und die Uferbank am Flusse hinaufgehen sahen. Wohl fiel ihnen jetzt der Schrei wieder ein, und sie schritten rasch hinter den beiden her, verloren sie aber in Dunkelheit und Nebel bald wieder aus den Augen. Indessen war, aber doch erst mit Sonnenaufgang, das Mädchen zurückgekehrt, das Mrs. Breidelford vorigen Abend zu ihren vor der Stadt wohnenden Eltern geschickt hatte. Das junge Ding fand zu ihrem Erstaunen die Haustür nicht allein nur angelehnt, sondern auch noch im Hause manches in höchst auffallender Unordnung: Rasch lief sie die Treppe hinauf, und ihr Hilfeschrei, als sie zurückschreckend die Leiche erkannte, rief bald nachher Nachbarn zusammen. Dort konnte natürlich über den gewaltsam verübten Mord – den noch überdies die wild in den Zimmern umhergestreuten Sachen als Raubmord bestätigten – kein weiterer Zweifel bleiben. Der Ausspruch der Geschworenen lautete: »Durch heftigen Schlag auf den Kopf

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