Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
einer zivilisierten Stadt, und sosehr ich auch selbst geneigt bin, jeden Verbrecher seiner gerechten Strafe überliefert zu sehen, so werde ich mich doch andererseits sicherlich jedem willkürlichen Gerichtsverfahren widersetzen.«
    »Also haben wir auf Ihre Hilfe nicht zu rechnen?« fragte Cook scharf.
    »Allerdings haben Sie das«, entgegnete der Richter, »ich halte es sogar für meine Pflicht, Ihnen in jeder gerechten Sache Vorschub zu leisten, ebenso aber auch jede ungerechte zu unterdrücken. Übrigens glaube ich wirklich«, brach er plötzlich lächelnd ab, »daß Sie diese Sache in zu schwarzen Farben sehen. Ich habe jenes Haus schon seit längerer Zeit selber in Verdacht, bin aber ziemlich fest überzeugt, daß es nichts Schlimmeres als eine Spielhölle ist, die jedoch allerdings auch ungesetzlich wäre und deshalb nächstens einmal ausgehoben werden soll. Nur fehlen mir erst noch die Beweise; habe ich die erst, so sollen auch die Gesetze in aller Strenge ihre Ausübung finden.«
    »Ja, das haben wir in Vicksburg gesehen«, sagte Cook unwillig; »was hat der Magistrat dort ausrichten können? Nichts! Die Bürger mußten sich erst selbst ihre Hilfe verschaffen, und hätten sie nicht damals die Verbrecher ohne weitere Umstände gehängt, so liefen sie jetzt noch zum Skandal der Menschheit und zur Schande der Stadt herum. Doch wir vertrödeln hier die schöne kostbare Zeit, Squire Dayton; deshalb jetzt direkt zu meinem Auftrage. Ich fordere Sie vermöge der mir verliehenen Vollmacht hiermit im Namen meiner Nachbarn nochmals auf, uns vor allen Dingen und ohne weiteren Aufschub Ihre Hilfe zu leihen, jene Kneipe, ›Zum Grauen Bären‹ genannt, zu umstellen und durchsuchen zu lassen. Ich verspreche Ihnen auch noch, daß wir Farmer uns bei der ganzen Sache gar nicht wirklich tätlich beteiligen, sondern nur Ihre Schutzwache bilden wollen. Das übrige mag sich später aus dem ergeben, was wir dort finden.«
    »Sir«, entgegnete der Richter ernst, »bedenken Sie, was Sie tun! Sie wollen gesetzlose Menschen bestrafen und stellen sich zu gleicher Zeit auf dieselbe Stufe mit ihnen. – Sie wollen –« Er hielt plötzlich inne und horchte hoch auf, und auch Cook bog sich, aufmerksam lauschend, dem Fenster zu. Ein wunderlicher Laut tönte von dort herauf. Fast wie das schäumende Gebraus der See vor Ausbruch eines Sturmes murmelte es in dumpfen, drohenden Tönen, und nur dann und wann scholl der einzelne gellende Schrei einer zürnenden Menschenmenge hervor aus dem Chaos von immer wachsendem Lärm und Aufruhr. Aus dem Fenster, an dem sie standen, konnten sie die in die Stadt hineinführende Straße übersehen, und von dorther wälzte sich jetzt ein wildverworrenes Menschenknäuel, den Konstabler an der Spitze, gerade auf das Haus des Squire zu und verlangte nach dem Friedensrichter.
    »Hallo, da gärt's schon!« rief jetzt Cook freudig. »Nun, Sir, wollen wir doch einmal sehen, ob die Männer von Helena aus anderem Teig geknetet sind als die vom Fourche la Fave.«
    Er riß schnell das Fenster auf und rief mit lauter, fröhlicher Stimme auf die Straße hinunter: »Was gibt's, meine wackeren Burschen? Wo hat's eingeschlagen? Wo brennt's?«
    Ein tolles, entsetzliches Geschrei, aus dem nur manchmal die einzelnen Wort »Breidelford – Mörder – Räuber« hervorschallten, war die Antwort, und Cook, der sich rasch gegen den Richter wandte, sah, daß dieser leichenblaß wurde und vom Fenster zurücktrat.
    »Alle Wetter, Sir«, rief der Farmer und blickte ihn erstaunt an, »Sie werden ja käseweiß; – sind Sie krank?«
    »Krank? – Ich? Nein, – wahrhaftig nicht«, sagte Squire Dayton schnell; »aber die Nachricht überraschte mich. – Ich weiß kaum, ob ich recht gehört habe; – es wäre fürchterlich!«
    »Was ich aus dem Gebrüll heraushören kann«, sagte Cook und griff rasch nach seinem Hute, »ist, daß sie einen gewissen Breidelford ermordet haben, – kenne den Menschen nicht.« Und mit flüchtigen Sätzen sprang er die Treppe hinab, riß beinahe den Konstabler um, dem Cäsar eben die Tür geöffnet hatte, und sprang mitten zwischen das Volk hinein.
    »Hallo, Boys!« rief er, als er hier mehrere Bekannte aus der Nachbarschaft erblickte. »Seid ihr gekommen, um die Gerichte zu holen, oder was gibt's sonst? Keine Spur von den Mördern gefunden?«
    »Noch keine, Cook«, sagte ein langer Virginier, der sich vorarbeitete und dem Freunde die Hand bot; »ich denke aber, wir finden sie, haben auch noch gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher