Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
Wege gewesen, weder Spaten noch Hacke hatte hier je eine Scholle aufgeworfen, und der Pflug mußte dem ganzen Platz ein ebenso fremder Gegenstand sein, wie es Hobel oder Kelle dem Hause gewesen waren. Nur die Axt hatte für den kecken Menschen ein Asyl aus dem Walde herausgehauen und den Bären und Panther aus seinem angestammten Wohnsitz vertrieben, in das sich unser munterer Musikfreund, ein Sohn des alten wackern Kentucky, häuslich und mutterseelenallein niedergelassen hatte.
    Ein paar große gelbe Rüden, über und über mit Narben bedeckt, waren seine einzigen Gesellschafter und lagen vor der Tür der Wohnung ausgestreckt. Obgleich sie aber bemerkten, daß sich ein Fremder näherte, schienen sie es jedoch nicht einmal der Mühe wert zu halten, auch nur den Kopf deshalb zu heben. Er kam ja in Gesellschaft ihres Herrn, und diesen nur begrüßten sie mit einem lebhaften Versuch, die außerordentlich kurzen Schwänze in eine sichtbare Bewegung zu bringen, was ihnen übrigens ohne starke Anstrengung des ganzen Hinterteils gar nicht möglich gewesen wäre.
    Was der Kentuckier an Lebensmitteln brauchte, mußte ihm der Wald liefern; seinen sehr geringen Brotbedarf bezog er von den dort anlegenden Dampfbooten, und im übrigen versorgte ihn der Mississippi mit Wasser und Fischen. Durch seine Axt konnte er aber ein gutes Stück Geld verdienen, von dem es ihm, selbst mit dem besten Willen, nicht möglich gewesen wäre, auch nur einen Cent wieder auszugeben, und er erreichte so, wie er dem jungen Bootsmann versicherte, wenn auch nicht gerade außerordentlich schnell, doch ziemlich gewiß seinen Zweck, ein kleines Kapital zu sammeln, um sich später in gesünderer Gegend und ›mehr unter Menschen‹, jedoch mit der Beibemerkung, ›keinen Nachbarn näher als fünf Meilen zu haben‹, niederzulassen.
    Sie traten jetzt in das kleine Haus, und einfacher, was Möbel und Hausgerät betraf, konnte allerdings keine Wirtschaft eingerichtet sein. Ein leeres Mehlfaß war der Tisch; ein paar gerade abgehauene Klötze bildeten die Stühle – er hatte deren zwei, um, wie er meinte, nicht auf der Erde zu sitzen, wenn er einmal Gesellschaft bekäme; sein ganzes Kochgeschirr bestand aus einem einzigen eisernen Topfe ohne Henkel und Deckel, einem Blechbecher und zwei aus Rohr geschnitzten Gabeln. Eine Art Löffel hatte er sich ebenfalls aus Holz geschnitzt, der mußte aber nur bei festlichen Gelegenheiten benutzt werden, denn er steckte ruhig und mit Staub bedeckt über dem Kamin. Besser im Stande schien sein Schießgerät zu sein: eine treffliche Büchse lag, mit der Kugeltasche daran, über der Tür, und das sogenannte ›Skalpiermesser‹, das unsere Jäger Genickfänger nennen, war in dem Riemen der Tasche befestigt.
    Außerdem lagen noch verschiedene Felle und eine wollene Decke auf der Erde ausgebreitet, und ein in der Ecke aufgespanntes Moskitonetz zeigte den Platz an, wo sein Bett gewöhnlich war; denn eine Bettstelle ließ sich weiter nirgends blicken. Ohne Moskitonetz hätte es hier auch kein Mensch ausgehalten, wenigstens hätte er kein Auge schließen können.
    Die Speisekammer schien noch am besten bestellt; denn oben im Kamin hingen eine Anzahl geräucherter Hirsch- und Bärenkeulen und breitmächtiger Speckseiten, ebenfalls von Bären, – Vorrat für die Zeit, wo die Arbeit entweder zu dringend oder die Jagd nicht besonders gut war oder der einsame Mann vielleicht gar krank auf sein hartes Bett ausgestreckt lag und, vom Fieberfrost geschüttelt, kaum zum Fluß hinabkriechen konnte, um sich selbst einen Trunk frischen Wassers zu holen.
    »Nun, Fremder«, sagte jetzt der Kentuckier, während er unter dem Moskitonetz eine bis dahin verdeckte, roh aus Holz gehauene Schüssel hervorholte, die kalte, aber feiste und delikate Hirschrippen und ein paar Stücke gebratenen Truthahn enthielt, »macht's Euch bequem und langt zu! Viel ist nicht da; halt, da drunter liegen auch noch ein paar kleine Weizenkuchen. – So! – Ein Schelm gibt's besser als er kann. – Das Essen ist übrigens nicht zu verachten; – das Wildbret schmeckt delikat, und der Truthahn kann gar nicht besser sein. – Ein Tropfen Whisky fehlt nur, um die kompakten Sachen damit hinunterzuspülen.«
    »Hallo, wenn's Euch an Whisky fehlt, da kann ich aushelfen«, rief Tom lachend; »ich habe mir von Helena aus genug Vorrat mitgenommen, um acht Tage damit auszukommen, und will doch nur eine Nacht unterwegs sein; aber – wie komme ich dazu? Die Flasche liegt im Boot;

Weitere Kostenlose Bücher