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Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition)

Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition)

Titel: Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrico Coen
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Wechselwirkungen aus einer Population von Bildern Tendenzen herausarbeiten lassen, wenn wir einander entsprechende Positionen identifizieren können (zum Beispiel über neuronale Augen).
    (74) Zwei der Trends, die von Korrelationsneuronen aus der gesamten Porträtsammlung erfasst werden.
    Das Korrelationsneuron im unteren Teil von Abbildung 74 verhält sich anders. Seine Feuerungsrate ist hoch, wenn Porträts mit langer Nase und langem Hals keinen Hut tragen, und sie ist niedrig, wenn ein Porträt die entgegengesetzten Merkmale aufweist. Dieses Neuron nenne ich »langer Kopf ohne Hut«. In unserer Porträtsammlungzeigt sich, dass Porträts von Modellen mit langen Hälsen und langen Nasen (etwa die von Modigliani) meistens keinen Hut tragen. Solche Korrelationen erfasst das Neuron »langer Kopf ohne Hut«.
    Betrachten wir ein bestimmtes Porträt, so feuern unsere Korrelationsneurone mit einer bestimmten Rate. Ein Modigliani-Porträt mit langem, dünnem Kopf und ohne Hut etwa würde sowohl das Neuron »langer, schmaler Kopf« als auch das Neuron »langer Kopf ohne Hut« zu einer hohen Feuerungsrate veranlassen. Die Feuerungsmuster für einige Porträts von Rembrandt und Modigliani habe ich in Abbildung 75 dargestellt. In diesem Diagramm wird die Feuerungsrate des Neurons »langer, schmaler Kopf« an der horizontalenAchse dargestellt und die Feuerungsrate des Neurons »langer Kopf ohne Hut« an der vertikalen Achse. Die Kombination der Feuerungsraten, die jedes Porträt auslöst, lässt sich nun durch einen Punkt an der Schnittstelle dieser beiden Messwerte anzeichnen. Diese (vom Computer errechneten) Punkte werden für Rembrandt-Porträts mit hellgrauen Punkten dargestellt und für Modigliani-Porträts dunkelgrau. Wir stellen fest, dass die Gemälde von Modigliani sich tendenziell oben rechts im Diagramm konzentrieren. Das liegt daran, dass die meisten davon lange, dünne Köpfe ohne Hut darstellen. Daher feuern sowohl das Neuron »langer, schmaler Kopf« als auch das Neuron »langer Kopf ohne Hut« stark. Modiglianis Porträt der Jeanne Hébuterne zum Beispiel stimuliert diese beiden Neurone besonders stark, und deshalb taucht es ganz oben rechts auf. Allerdings gibt es auch ein paar Ausnahmen. Modiglianis Oscar Miestchaninoff zum Beispiel liegt eher in der Mitte als oben rechts. Nicht alle Porträts von Modigliani nämlich haben lange, dünne Köpfe. Besonders seine Männerporträts zeigen häufig sehr viel rundere Gesichter und kürzere Hälse, und so landen sie in der Nähe der Rembrandts.
    (75) Feuerungsmuster der Korrelationsneurone bei der Betrachtung von Porträts von Rembrandt (hellgraue Punkte) und Modigliani (dunkelgraue Punkte). Das Kreuz in der Mitte zeigt die Position des Durchschnittsporträts. Zwei Einzelporträts sind abgebildet. Rechts: Porträt der Jeanne Hébuterne . Amedeo Modigliani, 1919. Oben: Oscar Miestchaninoff . Amedeo Modigliani, 1917.
    Indem ich Rembrandts Gemälde mit hellgrauen und Modiglianis mit dunkelgrauen Punkten dargestellt habe, habe ich Vorinformationen genutzt, über die ich bereits verfüge – ich wusste, welches Bild von welchem Künstler stammt. Und zwar wusste ich das, weil die Porträts mit dem Namen des Künstlers beschriftet sind. Wenn Sie ein Porträt betrachten, verfügen Sie außer über den visuellen Input des Bildes vielleicht auch über Zusatzinformationen, etwa über den Urheber. Sein Name könnte auf einem Schild stehen, oder jemand nennt Ihnen den Namen. Demnach feuern jetzt bei der Betrachtung eines Modigliani-Porträts sowohl die Neurone, die an der Wiedererkennung des Namens Modigliani beteiligt sind, als auch die Neurone »langer Kopf ohne Hut« und »langer, schmaler Kopf«. Diese Korrelation kann jetzt erlernt werden, und damit entwickeln wir etwas, was wir als Modigliani-Neuron bezeichnen können. Das Modigliani-Neuron erfasst die Haupttendenzen für Bilder, von denen wir wissen, dass sie von Modigliani sind; wir illustrieren sie in Abbildung 76 mit einem Pfeil durch die Gruppe von Modigliani-Porträts.
    (76) Vom Modigliani-Neuron erfasster Trend.
    Das Porträt in Abbildung 76 zeigt die Abweichung im Verhältnis zum Durchschnittsporträt; sie entspricht einer hohen Feuerungsrate des Modigliani-Neurons. Einige Merkmale dieses Bildes sind für viele Modigliani-Porträts typisch: langer Hals und kein Hut. Noch stärker feuert das Modigliani-Neuron bei dem Bild rechts in Abbildung 77. Hier habe ich nur die Konturen skizziert, es handelt sich also eher um

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