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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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es bei dir der Fall ist.“
    Ich will darauf antworten, will mich verteidigen, will Gregor sagen, dass ich Dr. Mertens, den lieben Hans für ein komplettes Arschloch halte, doch Gregor lässt mich einfach nicht zu Wort kommen.
    „Du bist doch sowieso eine Patientin von Hans. Ich weiß also nicht, wo das Problem liegt, wenn er dir Tabletten zur Senkung deiner Libido verschreibt und eine Computertomografie machen lässt?“, fragt er und ist jetzt wieder auf der sicheren Seite, denn er hat eine Aktion gesetzt, auf die ich reagieren muss. 
    „Du weißt genau, warum ich Dr. Mertens konsultiere“, spreche ich gegen die Wand, die für mich jetzt die Klagemauer einer Mutter ist, die um ihr totes Kind trauert.
    „Du kennst das Datum, es sind die Tage rund um den 15. August, an denen ich an nichts anderes als an den Tod denken kann. An diesem Tag, dem 15. August vor fünf Jahren, hast du unsere Familie zerstört.“

6. Mittwoch – morgens

    Um sechs Uhr morgens ist die Stadt am schönsten. Die Straßen sind noch unberührt von der alltäglichen Hektik und die Reinigungswagen sprühen Wasser über den Asphalt, um den Staub zu binden. So entsteht eine Feuchtigkeit, die langsam in die Luft aufsteigt und einen Geruch nach Urlaub und Freizeit verströmt.
    Doch ich bin nicht im Urlaub und Freizeit kann ich mir nicht erlauben. Ich habe mich eiskalt geduscht und eine von Dr. Mertens Tabletten genommen, die er aus den USA mitgebracht hat und die angeblich das positive Denken unterstützen. Die Tablette beginnt jetzt langsam zu wirken und mein Erwachen in dem weißen Zimmer erscheint mir nur noch wie ein böser Traum. Ich habe meinen Wagen in der Museumsquartiergarage geparkt, weil ich über den Ring zum Café Stein zu Fuß gehen will. Die Garage ist zwar teuer, aber das zahlt mein Kunde, denn heute gibt es ein Fotoshooting in einem Hinterhof-Atelier in der Währinger Straße, das Raul aufgetan hat und wo Infrastruktur und Miete günstig sind.
    Meinen schweren Fotokoffer habe ich im Auto zurückgelassen. Nur die Kamera mit dem riesigen Teleobjektiv trage ich über der Schulter, werde sie aber nicht benutzen. Das habe ich mir ganz fest vorgenommen. Marion hat wahrscheinlich recht, ich benehme mich wie ein Killer, der seine Opfer kaltblütig aus dem Hinterhalt abschießt. Also muss ich mich wieder einmal zusammenreißen.
    Um nicht in Versuchung zu geraten, wollte ich die Kamera zunächst überhaupt nicht mitnehmen, aber ohne sie fühle ich mich irgendwie nackt. Mit einem wattigen Gefühl im Kopf steige ich die Treppe aus der Tiefgarage nach oben und stehe auf dem menschenleeren Platz vor dem Museumsquartier. Reflexartig hebe ich die Kamera und streife mit dem Teleobjektiv über die leeren Wiesen des Parks hinunter zum Heldenplatz. Hier hat alles seinen Anfang genommen, hier habe ich Talvin Singh zum ersten Mal in meinem Sucher gehabt.
    „Sie hat von Anfang an gewusst, wie alles enden wird.“
    „Verzeih mir, Talvin. Das stimmt so nicht. Ich wusste doch nicht, dass ich dich töten werde!“
    „Ja, vielleicht hätte ich sie töten sollen.“
    Der Mann, der plötzlich neben mir steht, sieht ziemlich mitgenommen aus. Er stinkt durchdringend nach Alkohol und hat wahrscheinlich die Nacht auf einer Parkbank verbracht. Für einen kurzen Augenblick dachte ich, es wäre Talvins Stimme, die ich gehört habe, aber jetzt stelle ich nicht die geringste Ähnlichkeit mehr fest.
    „Sie hat mich einfach aus der Wohnung geworfen“, räsoniert der Mann weiter und drängt sich näher an mich heran. „Die Frauen sind doch alle gleich. Sie nutzen uns Männer nur aus und wenn sie genug haben, kommen wir auf den Müll!“
    Ich presse die Lippen zusammen, drehe den Kopf zur Seite und gehe hastig weiter. Der Mann schimpft mir hinterher, doch ich achte nicht auf seine Beleidigungen. Nur seinen letzten Satz verstehe ich und das gibt mir zu denken.
    „Du bringst die Männer wahrscheinlich gleich um, genauso siehst du aus. Du Miststück!“
    Töten! Tot! Talvin ist tot! Aber heute will ich nicht an ihn denken, das habe ich mir fest vorgenommen. Ich muss mich auf meinen Fotojob konzentrieren. Deshalb lasse ich auch die Kamera wieder sinken, mit der ich gerade den Mann abschießen wollte und drehe mich in die andere Richtung.
    Aus einem der sanierten Häuser am Anfang der Mariahilfer Straße kommt ein schlaksiger schwarzgekleideter Mann. Der Kleidung nach könnte er ein Künstler sein, aber auf die Entfernung kann ich das nicht eindeutig erkennen. Wieso

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