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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Haus war, in dem Alexa Senger wohnte, blieb sie abrupt stehen. Schalt endlich dein Gehirn ein, dachte sie. Es gibt ihn, den Mann, der kurz nach dem Mord an Martin Schmid aufgetaucht ist und der, folgt man Pauls Beschreibung, das richtige Alter hat. Ein Fremder, ein Deutscher. Ein Mann, der weiß, wo man hintreten muß, damit eine alte Tür aus dem Schloß springt. Ein Mann mit entsprechender Ausbildung…
    Sie hatte unwillkürlich die Luft angehalten. Langsam atmete sie aus.
    Das Tor zum Haus von Alexa Senger stand offen, sie ging hinein, die Treppe hoch zur Veranda. Der Mann, der dort an einem Bauerntisch saß, sah erstaunt auf und deckte dann ein Tuch über den Gegenstand, mit dem er sich beschäftigt hatte. Karen lächelte wieder. Sie wußte, wozu man Ballistol benutzte. Nicht nur für einen wunden Hintern beim Fahrradfahren, Paul, dachte sie.
    Der Mann stand auf, sah sie abwartend an und sagte dann höflich: »Frau Senger wird erst in einer Stunde zurück sein. Sie ist mit der Katze beim Arzt. Kann ich etwas…?«
    »Karen Stark«, sagte sie. »Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main.«
    »Sehr erfreut.« Der Mann begann zu lächeln. War es klug, hierherzukommen? Karen straffte den Rücken. Was kann schon passieren, dachte sie. »Ich würde gern mit Ihnen reden.«
    Er breitete die Arme aus und machte eine einladende Handbewegung. Sie folgte ihm ins Haus, durch die Küche, dann wieder hinaus auf eine große Terrasse. Der Blick von dort hinunter ins Tal war atemberaubend.
    Das Glas Wasser, das er ihr anbot, lehnte sie ab. Er setzte sich an den Tisch, sie stellte sich an die Terrassenmauer neben einen Topf mit einem Zitronenbaum und blickte hinunter zur Schafherde, die durchs Tal getrieben wurde und deren Glockengeläut noch hier oben zu hören war.
    Dann musterte sie Alexa Sengers Freund. Der Mann sah auf eine etwas verwegene Weise gut aus. »Woher haben Sie die Narbe in der Unterlippe?«
    Der Mann wirkte überrascht. »Zwei marokkanische Drogendealer. Ich war nicht schnell genug.« Er zuckte mit den Schultern.
    »Und das gebrochene Nasenbein?«
    Jetzt grinste er sie an. »Dreimal einen draufgekriegt beim Fußballspielen. Das hält auch die stärkste Nase nicht aus!«
    Die dunklen Augen des Mannes guckten nicht mehr ganz so wachsam. Er hielt die Hände ruhig. Seine Gesichtszüge waren entspannt.
    Karen überlegte eine Weile. Dann sagte sie leise: »Es tut mir leid um Ihren Vater.«
    Volltreffer, dachte sie, als sie sein Gesicht sah.
    Wider Willen hatte sie Mitleid mit ihm.
    »Ihr Vater«, sagte Karen, den Kopf zur Seite gelegt. »Ihr Vater kam beim Attentat auf den Vorstandschef der Sievers-AG um. Im Jahr 1986.«
    »Er kam nicht um. Er wurde massakriert.«
    Ruben Berg hatte sich schnell gefaßt. Seine Stimme war hart geworden. »Mit einem HK-43. Mit 25 Schüssen. Sogar in die Hände haben sie ihm geschossen, die er sich vors Gesicht geschlagen hatte. Als ob ihn das hätte schützen können.« In Bergs Gesicht waren nicht nur Trauer und Wut zu lesen. Sondern auch Enttäuschung, dachte Karen. Enttäuschung über den Vater, der sich ohne Gegenwehr hatte abschlachten lassen.
    »Sie waren wie alt, damals?«
    »Sechzehn.« Ruben Berg verzog das Gesicht.
    »Wir wollten uns am Abend gemeinsam das Fußballspiel ansehen. Frankfurt gegen Mannheim. Es ging 2 : 2 aus.«
    Was fühlt ein junger Mensch mit sechzehn Jahren? Karen erinnerte sich nicht mehr genau. Außer daran, daß sie in diesem Alter die Welt verbessern wollte.
    »Und warum gingen Sie zum BKA?«
    »Warum sind Sie bei der Staatsanwaltschaft gelandet? Wenn man jung ist, bildet man sich allerhand ein – zum Beispiel, daß man etwas für die Gerechtigkeit tun könnte.« Er lachte, ein kurzes, freudloses Lachen.
    Im Rechtsstaat hat man Anspruch auf ein Urteil, nicht auf Gerechtigkeit, hatte ihr der alte Berger immer wieder eingebleut. »Gerechtigkeit gibt es nicht«, sagte Karen.
    »Stimmt.« Seine Lippen waren schmal geworden.
    »Und Sie haben all die Jahre an Rache gedacht?«
    »An Rache?« Ruben Berg spielte mit der Gartenschere, die auf dem Terrassentisch lag. »Nein.
    Die Mörder meines Vaters sind tot oder haben lebenslänglich.«
    »Und – wieso Martin Schmid?«
    Berg hatte den Stengel einer Rose in der Hand und schnitt ihn in feine Späne. Dann legte er die Schere beiseite und sah Karen an.
    »Ich habe jahrelang nicht an Rache gedacht. Ich habe auf den Rechtsstaat gesetzt. Bis ich mitgekriegt habe, wie die Sache wirklich läuft.«
    »Und wie läuft die Sache

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