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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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dem Feuer abgeworfen hatten, es angestachelt hätten.
    »Und wenn das Feuer nicht zu löschen ist?« Sie merkte, wie sich auf ihren nackten Armen trotz der Wärme eine Gänsehaut bildete.
    Crespin guckte kurz zu ihr hinüber, bevor er wieder auf den Horizont starrte.
    »Zwischen Beaulieu und dem Feuer liegt der Fluß. Den hat noch kein Waldbrand übersprungen.« Der alte Herr schüttelte den Kopf und murmelte: »Die Idioten.«
    »Brandstiftung?« fragte Alexa.
    »Dummheit«, sagte der Alte. »Meistens ist es Dummheit.«
    Alexa griff zum Fotoapparat und versuchte, das Feuer so nah wie möglich heranzuholen. Sie glaubte, die roten Flammenwände auflodern und wieder zusammensinken zu sehen. Aus der Ferne sah das Feuer wunderschön aus.
    Nach einer Weile ging sie ins Haus und zog sich um. Catherine lud sie ab und an zum Essen ein ins Relais des Roses. Ohne das würde sie in ihrem Dornröschenschloß versauern. Die täglichen Gespräche mit Crespin über das Wetter mochten ja noch angehen. Aber an manchen Tagen sprach sie mit der Katze fast so viel wie mit sich selbst, und ab da ist es meist nur ein kurzer Schritt zu einem Zustand, in dem man Stimmen hört und göttlichen Einflüsterungen folgt. Sie strich Felis über die Nase und schloß das Tor hinter sich ab.
    Auf dem Platz vor der Kirche hatte sich das halbe Dorf versammelt. Die durchdringende Stimme der Metzgersfrau übertönte das aufgeregte Gemurmel und Geraune.
    »Aber mein Axel hat gesagt…«
    Axel war das unbestrittene Oberhaupt der Freiwilligen Feuerwehr, die offenbar bereits ausgerückt war. Madame Renoir schien sich nicht entscheiden zu können, ob sie stolz sein oder Angst um ihren Sohn haben sollte. Alexa drängte sich durch die Menschenmenge vor.
    »Brandstiftung«, sagte Monsieur André und nickte mit dem Kopf, die Hände in beide Hosentaschen gesteckt, als ob er jeden davor warnen wollte, ihm zu widersprechen.
    »Erinnerst du dich an Pierre le Puce?« fragte eine helle Frauenstimme hinter Alexa.
    »Maria und Joseph!« rief Adèle und knetete mit nervösen Fingern ihre nicht mehr ganz saubere Schürze. Monsieur André spuckte mit Nachdruck aus.
    »Pierre le Puce war ein Genie«, flüsterte jemand. Alexa drehte sich erschrocken um. Crespin legte den Finger auf den Mund und lächelte. »Ein abgefeimtes, verbrecherisches Genie.«
    »Was war los?« fragte Alexa.
    »Es war im Spätsommer vor…« Crespin hob die Linke und berührte mit dem Zeigefinger der rechten Hand Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger – »vier Jahren. Es hatte seit dem Frühjahr nicht geregnet, der Fluß war ein staubtrockener Geröllhaufen, sogar der See am Col de Lamar stand tief, und niemand wußte, wie lange die Wasserreserven reichen würden. Eines Tages brannte es an zwei Stellen, dann an vieren, dann an sieben Orten gleichzeitig. Der Wald von Chastre und die Ferienkolonie fackelten ab, bei St. Privat hätte die Feuerwalze fast das Dorf erreicht – eine Sache von ein paar hundert Metern. In Rochemaure hat es einen ganzen Weinberg erwischt.«
    Der alte Herr schien Vergnügen an der Aufzählung des Schreckens zu finden. Alexa hätte ihm fast zugegrinst.
    »Zwei, drei Selbstentzündungen oder Zigarettenkippen – das kommt schon mal vor. Aber sieben? Wir alle hatten nicht den geringsten Zweifel, daß es Brandstiftung war – nur: dann hätten mindestens fünf Täter zugleich auf die Idee kommen müssen. Die Brandherde lagen zu weit auseinander.«
    Alexa versuchte sich vorzustellen, wie man in den unwegsamen Cevennen Brände legte, ohne dabei aufzufallen. Auf allen Anhöhen gab es Feuerwachen, die in den Sommermonaten rund um die Uhr besetzt waren. Die Dorfjugend meldete sich freiwillig zu diesem Dienst, wahrscheinlich, weil man so endlich mal unbeobachtet war. Was immer sie sonst treiben mochten: denen wäre kein Rauchkringel entgangen, auch nicht ein Auto, das den Ort über eine der einsamen Paßstraßen verließe.
    »Axel ist ihm auf die Spur gekommen. Ihm ist ein Wagen aufgefallen mit dem Kennzeichen der Nachbarregion, das in diesem Sommer auffällig oft in unserer Gegend zu sehen war. Er meldete das weiter, man beobachtete den Mann und veranlaßte schließlich eine Hausdurchsuchung bei Pierre le Puce – et voilà! Der Mann war ein Genie.«
    »Läßt sich ein Genie erwischen?« fragte Alexa.
    Aber Crespin schüttelte noch immer den Kopf vor Bewunderung.
    »Weißt du, was er gemacht hat? Er hat die Häuser von Weinbergschnecken mit Sprengstoff gefüllt, sie an Stellen ins trockene

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