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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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sie die drei Fotos von Persson ein und lief aus dem Haus.

15
    D u kannst nicht erwarten, daß die Leute hier mit jemandem kooperieren, der keine offizielle Funktion hat.« Paul Bremer versuchte, beruhigend zu klingen.
    »Da ist was faul, ich schwör’s. Ich spüre das.« Karens Augen schimmerten verräterisch – aus Wut? Oder aus Ohnmacht?
    »Eine Verschwörung bis ins ferne Südfrankreich?« Fast hätte Bremer gelacht. Aber das hätte sie ihm nie verziehen.
    »Warum nicht?« Der Trotz ließ ihre Stimme jung und verletzlich klingen.
    »Denk doch mal nach, Karen. Die beiden Frauen haben nichts miteinander zu tun, außer daß sie beide über fünfzig sind.«
    »Beide haben in Paris gelebt.«
    Die eine nur kurzfristig – und auch das war schon lange her, dachte Paul.
    »Und bei beiden sind Waffen gefunden worden, die aus ein und demselben Raubüberfall stammen.« Das war im Grunde der einzige Anhaltspunkt, den sie hatte. Und ausgerechnet damit war sie keinen Schritt weiter gekommen. Er hatte mit einer Mischung aus Mitleid und Bewunderung zugesehen und -gehört, wie sie den ganzen Nachmittag über versucht hatte, Manfred Wenzel zu erreichen, immer wieder, mit dickköpfiger Geduld. Die Sekretärin wimmelte sie ab. Und Kollege Wenzel hatte nie zurückgerufen.
    »Und es wird nicht bei diesen beiden Morden bleiben.«
    »Karen – du weißt doch gar nicht, ob…«
    »Du wirst sehen.«
    Seit einer halben Stunde zog sich der Himmel langsam zu, und es wurde kühler unter den Platanen auf der Terrasse vor dem Hotel. Der Patron hatte »das Barometer fällt« gemurmelt, als er Paul den Milchkaffee und Karen ein Mineralwasser brachte. Bremer hätte das Ganze als unverdienten Urlaub genossen, wenn Karen neben ihm nicht immer unruhiger geworden wäre.
    Ihre Augen suchten beständig den Platz ab und die Häuserfront, die sich dahinter erhob, eines der mächtigen alten Steinhäuser höher als das andere. Vor einer Viertelstunde war wieder Musik aus dem Haus mit dem Erker herübergeweht, dann war sie abgebrochen, seither war es still. Die Ruhe vor dem Sturm. Selbst die Vögel hatten sich zurückgezogen.
    Plötzlich, als der ferne Donner näher gekommen war und es aussah, als ob es gleich regnen würde, packte Karen seinen Arm.
    »Siehst du, was ich sehe?« flüsterte sie. »Das kann doch nicht…?«
    Sie zeigte mit dem Finger nach links.
    »Ich kann nichts erkennen«, sagte Bremer.
    Karen ließ sich zurücksinken in den weißen Plastikstuhl. »Hast ja recht. Ich sehe wahrscheinlich Gespenster.«
    Jetzt bemerkte auch Bremer etwas. »Du meinst das Mädchen da drüben?« Eine schlanke Gestalt mit dunklen Haaren stand vor der Gasse, die hoch zum Haus des rabiaten Musikliebhabers führte. Bremer hörte die ersten Regentropfen auf die großen Blätter der Platanen pochen. Das Mädchen drehte sich um und verschwand hinter dem überdachten Waschplatz.
    Karen schüttelte den Kopf. »Welches Mädchen?«
    »Es fängt an zu regnen, Karen.« Sie tat ihm plötzlich leid. »Laß uns reingehen.«
    »Ich hätte schwören können…« murmelte sie, schüttelte wieder den Kopf und folgte ihm wie ein Lamm.
    Monsieur Dutoit hatte die Leuchtstoffröhren über der Bar und dem Gastraum angemacht. Es roch nach gekochtem Hammel. Der Raum wirkte nackt und leer. »Möchten Sie essen, Madame, Monsieur?« Dutoit hatte zwei Speisekarten in der Hand. »Meine Mutter kocht.«
    »Ist das eine gute oder eine schlechte Nachricht?« flüsterte Karen mit mattem Lächeln.
    Sie ließen sich an einen Tisch am Fenster geleiten. Wenigstens konnte man von hier aus dem Gewitter zusehen. Nach und nach kamen andere Gäste, die meisten naß vom Regen. Karen würdigte niemanden auch nur eines Blickes. Seltsamerweise beängstigte ihn das am meisten.

16
    A ls sie die steile Calade hinter dem Waschplatz heruntergelaufen war und auf dem Platz vor der Auberge du Sud ankam, da, wo die nächste Gasse wieder hochführte zu Perssons Haus, traf Alexa der erste Regentropfen. Jetzt erst sah sie nach oben: Der Himmel hatte die Farbe von Bimsstein angenommen, an den Rändern waren die zur Faust geballten Wolken von einem ungesund aussehenden bräunlichen Gelb. Dann grollte es am Horizont.
    Sie blieb stehen. Plötzlich war ihr unbehaglich.
    Was für eine Schnapsidee, mit Persson reden zu wollen. Worüber? Über ein paar Fotos? Das würde ihn nur wütend machen. Sie drehte sich um und lief zum Haus zurück. Kurz bevor der Regen losbrach, erreichte sie das Tor, zog es hinter sich zu und drehte den

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