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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Schlüssel um. Felis kam ihr schnurrend entgegen, als sie die Küchentür öffnete, und strich ihr um die Beine. Nachdem sie dem Tier den Freßnapf gefüllt hatte, legte sie sämtliche Fotos eins nach dem anderen auf den Küchentisch. Ihre eigenen Aufnahmen kamen zuletzt. Die Lampe über dem Tisch leuchtete alle Einzelheiten aus. Und plötzlich hatte sie das Gefühl, daß die Bilder ihr eine Geschichte erzählten.
    Das Foto aus der Zeitung war ihr vertraut – aber seit wann? Und woher? Sie legte die anderen offenkundig aus einer Zeitung abfotografierten Dokumente auf die eine, die Fotos, die Ada Silbermann von Persson gemacht hatte, auf die andere Seite. Auf den ersten Blick gab es nichts, was beides verband. Höchstens eines…
    Der berstende Donnerschlag ließ sie zusammenfahren. Felis, die auf der Anrichte gesessen und ihr zugeschaut hatte, sprang mit ausgestreckten Pfoten auf den Tisch, rutschte auf den Fotos aus und auf dem glatten Tisch immer weiter, bis sie am anderen Ende beinahe heruntergefallen wäre.
    »Das ist doch nur ein Gewitter!« sagte Alexa und nahm die Katze auf den Arm. Als das Tier sich beruhigt hatte, sortierte sie die Fotos neu und zog die Küchenlampe noch ein bißchen weiter herunter. Was hatte sie gesehen, bevor Felis in Panik geraten war?
    Das Gewitter hörte sich an, als tobe es direkt über ihrem Kopf. Draußen bogen sich die Bäume im Schein der Blitze, der Donner rollte ohne Pause, das Licht flackerte. Als der nächste Donnerschlag Felis in wilder Flucht von ihrer Schulter springen ließ, ging das Licht aus.
    »Verdammter Mist.« Alexa stand hastig auf. Sie hatte eine Eingebung gehabt, einen Gedanken, just in dem Moment, in dem die Beleuchtung ihren Geist aufgab. Sie knipste den Lichtschalter aus und wieder an. Nichts. Sie tastete sich zum Flur, versuchte dort, das Licht einzuschalten. Auch nichts. Sie ging zum Fenster und schob die Gardine zur Seite. Es schüttete erbarmungslos. Die Straßenlampe schwankte im Wind, aber sie leuchtete noch. Das Problem mußte im Haus liegen. Wahrscheinlich war die Sicherung herausgesprungen.
    Alexa ging zur Tür und nahm die Taschenlampe vom Garderobenhaken. Sie haßte es, nach unten in den Keller zu gehen, vor allem bei Dunkelheit. Warum man den Sicherungskasten nicht an einem gemütlicheren und leichter zugänglichen Ort untergebracht hatte, war ihr ein Rätsel.
    Sie lief die Treppe hinunter und drückte den Lichtschalter am Eingang zu den Kellergewölben. Nichts – natürlich. Aus dem rabenschwarzen Gang schlug ihr feuchte Luft entgegen. Sie spürte, wie sich die Härchen an ihren Armen aufrichteten. Dann tastete sie sich an der Wand entlang. Im Kegel des müden Lichts der Taschenlampe sah sie nur unebene Steine, Staub und die Pfotenspuren der Katze.
    Mit einem Mal war ihr, als ob das Haus sie verschluckt hätte. Sie hörte weder das Donnern noch den Regen rauschen, statt dessen ein Wispern und Flüstern und Rascheln um sich herum. Sie hätte schreien mögen – aus Angst und aus Ärger über ihre eigene Zimperlichkeit. Es gab keine Geisterhäuser. Aber der Gedanke ließ sich nicht abschütteln, daß das Haus lebte; daß es beseelt war vom Geschick all der Menschen, die jemals in ihm gelebt hatten. Daß Ada Silbermann noch immer anwesend war.
    Quatsch, dachte sie.
    Ihre innere Stimme widersprach. Er ist noch nicht gefunden worden, flüsterte sie – Adas Mörder.
    Eine Windbö fegte vom Eingang her in den dunklen Gang und ließ die schweren alten Kellertüren erzittern. Links ging es zu einem Teil des Hauses, in den sie sich noch nie hineingetraut hatte. Hier schienen alle Vorbesitzer Schutt und Steine und Balken gelagert zu haben. In der Mitte, an der Stirnseite des Ganges, lag der Raum, in dem sie ihren Wein lagerte. Er war in den nackten Fels gehauen, glänzender Schiefer, aus dem die Feuchtigkeit tropfte. Das erzeugte Verdunstungskälte – so, wie es im Schulbuch stand. Rechts lag der Keller, in dem die Sicherungen und der Wasserboiler untergebracht waren, die leeren Gasflaschen und Wasserkisten.
    Mit dem nächsten Windstoß zerriß der Klangteppich der Kellergeräusche, der sie eingehüllt hatte, und sie hörte wieder, wie der Donner rollte und grollte. Oben knallte die Küchentür. Und jetzt nahm sie auch den Regen wahr, der mit Urgewalt herunterrauschte. Der Bach war sicher längst aus seinem kanalisierten Bett gestiegen und hatte die Straße unten vor der Auberge du Sud in einen trägen Strom verwandelt.
    Das Kellergewölbe hatte zwar kein

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