Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
einer raffinierten Mischung aus Verlangsamung und Schreien das Schauspiel interessant zu machen. Ich unterstreiche noch einmal, dass wir den Fenstern den Rücken kehrten, denn dieser Umstand ist wichtig: Wir konnten ihnen gefahrlos den Rücken zuwenden, denn sie waren gesichert, mit aufgehäuften Sandsäcken versperrt. Auf dicke Sofapolster gelümmelt tranken wir bei eingeschaltetem Licht Bier. Man hatte mich zwischen Salagnon und Mariani Platz nehmen lassen, und ringsumher und in den anderen Räumen befanden sich mehrere von Marianis jungen Typen, sie saßen vor uns auf dem Boden, sie standen hinter uns. Sie glichen sich alle, kräftige Kerle von angsterweckender Statur, zumeist waren sie schweigsam, aber sie konnten auch brüllen, wenn es nötig war, und sie gingen in der großen leeren Wohnung ein und aus, als seien sie dort zu Hause. Mariani war ebenso nachlässig eingerichtet wie Salagnon, aber im Gegensatz zu diesem, der seine Wohnung grundlos mit Gegenständen gefüllt hatte, so wie man Kartons mit Chips aus Polystyrol vollstopft, um darin zerbrechliche Gegenstände zu lagern, wollte Mariani etwas freien Raum behalten, um diese dickwanstigen Kolosse bei sich empfangen zu können, die nicht stillhalten konnten.
Zwischen den Sandsäcken, die die Fenster versperrten, hatten sie Schießscharten angelegt, um nach draußen blicken zu können. Bei unserer Ankunft hatte Mariani mir alles gezeigt, ich hatte seine Vorrichtungen besichtigt und er hatte, während er mit mir sprach, auf die mit Sand gefüllten groben Jutesäcke geklopft.
»Eine wunderbare Erfindung«, hatte er gesagt. »Fass die mal an.«
Ich hatte sie angefasst. Unter dem rauen braunen Sackleinen wirkte der Sand ganz hart, wenn man darauf klopfte, aber flüssig, wenn man sanft auf ihn drückte; er reagierte wie Wasser, nur langsamer.
»Als Schutzmaterial ist Sand viel besser als Beton; vor allem als dieser Beton«, fügte er hinzu und schlug gegen die Wand, die sich hohl anhörte. »Ich bin mir nicht sicher, ob diese Wände Kugeln standhalten; aber diese Säcke auf jeden Fall. Die halten Kugeln und Granatsplitter auf. Sie dringen ein Stück ein, werden aufgehalten und gehen nicht weiter. Ich habe mir eine Lastwagenladung Sand liefern lassen. Meine Jungs haben ihn Eimer für Eimer mit dem Fahrstuhl hochgebracht. Andere haben hier mit Schaufeln die Säcke gefüllt und sie ordnungsgemäß aufgestapelt. Es hat eine Menschenansammlung auf dem Parkplatz gegeben, aber in einiger Entfernung, sie wagten nicht uns Fragen zu stellen. Sie sahen, dass wir arbeiteten, das machte sie stutzig, sie fragten sich, was wir mit dem Sand anfangen wollten. Wir haben durchblicken lassen, dass wir die Betondecke und den Kachelboden erneuerten. Da haben sie alle zugestimmt. »Das ist wirklich nötig«, sagten sie. Wir haben uns ins Fäustchen gelacht. Sie wären nie auf die Idee gekommen, dass wir hier oben Säcke damit füllen und diese um die Schusswinkel herum aufstapeln könnten, genau wie damals. Die Kunst, sich zu verschanzen, ist nur eine praktische Anwendung der Geometrie. Man schafft freie Schusslinien, vermeidet tote Winkel und sorgt dafür, dass man die gesamte Oberfläche unter Kontrolle hat. Von hier aus beherrschen wir das Plateau von Voracieux. Wir halten abwechselnd Wache. Am Tag, an dem diese Zone wiedererobert wird, geben wir Feuerunterstützung. Ich habe eine dicke Schicht Sand unter meinen Bett aufgeschüttet, die als Schutz vor Granatsplittern dient, falls wir von unten angegriffen werden. Ich habe keinerlei Vertrauen in die Betondecken. So kann ich in Ruhe schlafen.«
Zum Glück hat er mir anschließend etwas zu trinken angeboten, und wir haben uns in den dicken Polstern der Sofas geräkelt und uns Sport im Fernsehen angesehen. Die Typen von Mariani sagten nicht viel, und ich auch nicht. Die Journalisten sorgten für den Kommentar.
»Die Iren sind doch nicht schwarz«, begann Mariani erneut. »Sonst besagen die Worte überhaupt nichts mehr. Stellt man etwa Camembert mit Kamelmilch her? Und wenn man das tun würde, heißt das Ergebnis dann noch Camembert? Oder Wein aus Johannisbeersaft? Würde man wagen, das Wein zu nennen? Man müsste das AOC -Siegel auch auf Bevölkerungen anwenden. Der Mensch ist wichtiger als Käse, und er ist ebenso stark an ein bestimmtes Gebiet gebunden. Ein AOC -Siegel für Menschen würde solche Absurditäten verhindern wie einen schwarzen Iren, der einen Wettlauf gewinnt.«
»Ich bin sicher, dass er die irische
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