Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
beunruhigenden, zierlichen, tadellos frisierten Mann ins Wort zu fallen, der offensichtlich betrunken war, aber sehr deutlich artikulierte. Sein schmaler Mund mit einem ebenso schmalen Schnurrbart wirkte ein wenig furchterregend. Trambassac lächelte.
»Aber ich sehe, dass Sie Champagner trinken. Schmilzt die Gänseleberpastete bei dieser Hitze nicht auf den Toastschnitten?«
Nachdem sie sich von der Überraschung erholt hatten, schickten sich die Generäle an zu protestieren und hart durchzugreifen, ein paar athletische Obersten hatten schon ihr Glas abgestellt und waren näher getreten. Trambassac hielt sie mit einer väterlichen Geste zurück. »Oberleutnant Moreau, Sie sind mein Gast, und Sie auch, Salagnon und die beiden anderen, die sich hinter Ihnen verstecken.« Er nahm gefüllte Champagnergläser von dem Tablett, das ihm ein Boy hinhielt, verteilte sie an die verdutzten jungen Männer und behielt eins für sich. »Messieurs«, sagte er und wandte sich an alle, »Sie haben hier die Creme unserer Armee vor sich. In der Garnisonsstadt sind sie Edelmänner, die in Bezug auf ihre Ehre ziemlich empfindlich sind, aber an der Front sind sie Wölfe. Morgen brechen sie auf, ich bemitleide General Giap und sein Heer von Hungerleidern. Meine Herren, es leben die Luftlandetruppen, es lebe das Kolonialreich, es lebe Frankreich; Sie sind das Schwert unserer Nation, und ich bin stolz, auf Ihren Mut zu trinken.«
Er hob sein Glas, alle taten es ihm nach, tranken, manche klatschten sogar. Moreau wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Er errötete, hob sein Glas und trank. Die Musik setzte wieder ein und das Gemurmel der Unterhaltungen. Niemand kümmerte sich mehr um die vier jungen Offiziere ohne Orden. Trambassac stellte sein noch halb volles Glas auf das Tablett eines vorübergehenden Boys und klopfte Moreau auf die Schulter. »Sie brechen im Morgengrauen auf, mein Junge. Bleiben Sie noch einen Moment, nutzen Sie die Gelegenheit, aber gehen Sie nicht zu spät ins Bett. Schonen Sie Ihre Kräfte.«
Dann verschwand er in der bunten Menge. Sie blieben nicht, Salagnon nahm Moreau am Arm, und sie verließen das Hotel. Die warme Luft draußen ließ sie zwar nicht nüchtern werden, aber sie roch gut nach riesigen Blüten. Fledermäuse umflatterten sie lautlos.
»Siehst du«, sagte Moreau leise, »ich falle dabei immer auf die Schnauze. Jetzt brauche ich eine ganze Nacht, ehe ich wieder in Zorn geraten kann.«
Man kann nicht wissen, wie es ist, solange man nicht dort gewesen ist; und deshalb muss man hingehen; und selbst dann hat die Sprache noch Mühe. Selbst wenn man ausschließlich über bekannte Dinge spricht, tut man das nur mit Leuten, mit denen man einverstanden ist, die die Sache schon kennen, und mit ihnen braucht man kaum etwas zu sagen, ein paar Andeutungen reichen. Was man nicht kennt, muss man sehen, um anschließend etwas darüber berichten zu können: Was man nicht kennt, bleibt immer ein wenig in der Ferne, immer außer Reichweite, trotz der Anstrengung der Sprache, denn die ist vor allem dazu da, das zu schildern, was jeder bereits kennt. Salagnon zog mit drei jungen Offizieren und vierzig Typen, deren Sprache er nicht verstand, in den Wald.
Aus dem Flugzeug gesehen gleicht der Wald einer Schafherde; das wirkt nicht unsympathisch. Er mildert das Relief des Hochlands, er überzieht die schroffen Kalkfelsen mit einem Teppich aus grüner Wolle, der gleichförmig und dicht gedrängt unter dem Rumpf der Maschine hergleitet, und von dort oben sieht es so aus, als wäre es angenehm, sich darin auszustrecken. Aber wenn man hinabtaucht und den regelmäßigen, dichten Schirm der Bäume durchquert, stellt man mit Entsetzen fest, dass dieser Teppich nur aus schlecht vernähten Lumpen besteht.
Von so schlechter Qualität hatte sich Salagnon den Wald in Indochina nicht vorgestellt; er wusste, dass er gefährlich war, doch das lässt sich ertragen, aber er bot einen ausgesprochen miesen Rahmen, um darin zu sterben. Und in ihm wird vor allem viel gestorben, die Tiere zerreißen einander mit Raffinesse, die Pflanzen haben nicht einmal Zeit, zu Boden zu fallen, sie werden, kaum dass sie abgestorben sind, von jenen, die ringsumher und über ihnen wachsen, im Stehen verschlungen.
In Frankreich macht man sich eine falsche Vorstellung vom Urwald, denn das Bild, das die Abenteuerromane davon geben, geht auf die großen Pflanzen zurück, die in überhitzten Wohnzimmern neben dem Fenster wachsen, und die Dschungelfilme sind
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