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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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dem Expeditionskorps. Man bekämpft es. Ein ganzes Regiment, um das zum Ausdruck zu bringen. Als sich diese Nachricht herumgesprochen hat, hat das in sämtlichen Bordellen Indochinas bis hin nach Saigon wie eine kalte Dusche gewirkt. Eine gewisse Anzahl von vietnamesischen Soldatenbräuten hat schleunigst das Weite gesucht und ist in die Dörfer zurückgekehrt. Das Expeditionskorps ist an den Eiern getroffen worden.«
    Sie tranken stumm ihr Glas aus, fühlten sich eins in der gerechten Überzeugung, wie absurd die Welt war.
    »Der revolutionäre Krieg ist ein Krieg der Zeichen«, sagte Salagnon schließlich.
    »Oberleutnant, das ist zu hoch für mich. Ich stelle nur fest, dass wir uns hier in einem Land von Verrückten befinden, in dem das Überleben zu einem Fulltimejob geworden ist. Keine Zeit mehr zum Nachdenken, im Gegensatz zu all den Drückebergern, die sich in ihren Posten verkriechen. Ich sitze in einem Lastwagen und schaufele Gräben wieder zu. Aber, was soll’s. Vielen Dank für den Pastis. Der Nachschub dürfte inzwischen abgeladen worden sein. Ich mache mich wieder auf den Weg.«
    Salagnon sah zu, wie sie die Kolonialstraße hinabfuhren. Selten war das Wort »klapprig« so zutreffend wie hier, dachte er; die Lastwagen fuhren laut scheppernd und mit keuchendem Motor zitternd über die Steine. Sie bewegten sich die Piste hinab wie eine Reihe müder Elefanten; aber nicht jene von Hannibal, keine Kriegselefanten, sondern eher ausgediente Zirkuselefanten, die zum Lastentragen eingesetzt wurden und die sich eines Tages am Rand der Piste hinlegen und dort sterben würden.
    Im Innenhof des Postens verstauten die Thai die Munitionskisten, die Ersatzwaffen, die Stacheldrahtrollen, einen Scheinwerfer, alles, was sie zum Überleben brauchten. Die Posten überlebten nur dank der Konvois, die sie mit Nachschub versorgten, und Konvois gab es nur dort, wo eine Straße ihnen erlaubte, durch den Dschungel zu fahren. Das Expeditionskorps war nicht in Kasematten stationiert, sondern verteilte sich über Hunderte von Kilometern entlang der Straßen, verzweigte sich wie Blut in einer Vielzahl feiner, empfindlicher Haargefäße, die beim geringsten Stoß zerrissen, sodass das Blut herausfloss und sich verlor.
    Dieser Konvoi, der soeben in den Wald vorgedrungen ist, kommt vielleicht nie an, oder doch, oder nur die Hälfte von ihm. Er wird vielleicht von einem Granathagel getroffen oder von einem Feuerstoß aus Maschinengewehren, dessen Kugeln die Kabinen zerlöchern wie Pappe. Dann kippen die Lastwagen um, gehen in Flammen auf, die getöteten Fahrer sinken am Steuer zusammen, die auf der Straße in Stellung gegangenen Infanteristen bemühen sich, das Feuer zu erwidern, ohne etwas zu sehen, und alles geht zu Ende. Wenn die Konvois am Ziel eintreffen, können sich die Fahrer kaum noch auf den Füßen halten, sie würden am liebsten sofort einschlafen, dennoch treten sie den Rückweg an.
    Bei jedem Konvoi gibt es Schäden, gibt es Verluste. Das Expeditionskorps wird allmählich aufgerieben, es verliert Tropfen für Tropfen sein Blut. Wenn eine Zufahrtsstraße nicht mehr befahrbar ist, werden die Posten, die über diese Piste versorgt wurden, aufgegeben, als verlassen erklärt, auf der Karte im Befehlsstand ausradiert, und die Soldaten, die diese Posten besetzt hielten, müssen zum Stützpunkt zurückkehren. Aus eigener Kraft, so gut es eben geht. Die französische Zone wird immer kleiner. In Tonkin beschränkt sie sich auf das Delta, und selbst das füllt sie nicht ganz aus. Im Hinterland befindet sich eine große Anzahl von in regelmäßigen Abständen errichteten Posten mit verschanzten Türmen, deren Aufgabe darin besteht, die Straßen zu überwachen. Es gibt zwar zahlreiche Posten, doch jeder ist nur mit sehr wenigen Männern besetzt, die zögern, sich außerhalb der Umzäunung zu bewegen. Man versucht, Wasser in einem Sieb zurückzuhalten, man versucht, die Löcher zu verkleinern, um ein bisschen weniger Wasser zu verlieren; selbstverständlich gelingt das nicht.
    Sie mischten Beton. Sie hatten mit dem Konvoi genügend Zementsäcke erhalten, um vier Mauern zu errichten. Sie setzten die kleine Mischmaschine instand, die in jedem Posten vorhanden war – sie wirkte äußerst bescheiden, dennoch war sie der wichtigste Bestandteil der französischen Präsenz in Indochina –, und warfen den Motor an. Gascard stellte sich mit nacktem Oberkörper vor die Maschine und übernahm eigenhändig die unangenehme Aufgabe, in einer Wolke

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