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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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man niemandem vertrauen. Außer meinen Männern. Sie sind ein Idiot, Chambol.«
    »Ich werde Sie degradieren lassen, Salagnon.«
    »Und wenn ich nicht mehr da bin, um Ihre Haut zu retten, was tun Sie dann? Verstecken Sie sich dann in Ihren idiotischen Posten? Was glauben Sie, wie lange die brauchen, um Sie zu holen? Lassen Sie nur die respektlosen Fallschirmjäger degradieren, dann kommen die Fellagha und schneiden Ihnen im Bett die Eier ab. Und zwar ohne dass Ihre Wachposten etwas merken. Und die werden ebenfalls dran glauben müssen und erst dann etwas merken, wenn sie die Kälte des Messers spüren – bei den Nieten, die Sie da in Ihren Lastwagen transportieren und den Wracks, die ihnen als Vorgesetze dienen.«
    »Ich verbieten Ihnen …«
    »Sie verbieten mir gar nichts, Herr Oberst. Und jetzt sehen Sie zu, wie Sie zurückkommen. Ich habe andere Dinge zu tun.«
    Als es Abend wurde, brachte man ihm Ahmed Ben Tobbal. Salagnon erkannte ihn an seinem riesigen, kohlschwarzen Schnurrbart, der ihn so beeindruckt hatte, als er sich selbst noch nicht zu rasieren brauchte. Sein Gesicht war schmaler, aber sein Blick noch durchdringender geworden, und sein Schnurrbart war noch ebenso buschig und drohend wie eh und je. Die Dämmerung brach an, keines der Kriegsgeräusche war mehr zu hören, und ein wenig Kühle kam auf. Es roch nach Kiefernharz, nach Fettpflanzen, die abends ihre schweren Düfte verbreiteten, und nach heißem Flintstein. Die Fallschirmjäger kehrten mit schlurfenden Füßen in ihr Quartier zurück, sie begleiteten die Gefangenen, deren Hände gefesselt waren, und führten die Esel, die auf beiden Flanken Kisten transportierten und quer darüber zwei gefallene Kameraden. Als man Salagnon in seinem gescheckten Kampfanzug den Gefangenen brachte, Salagnon, dessen Züge von sechsunddreißig schlaflosen Stunden gezeichnet waren und der wie ein von Toten umgebenes, in den Boden gerammtes römisches Feldzeichen wirkte, erkannte dieser ihn wieder und musste lächeln.
    »Wenn du mir in die Hände gefallen wärst, kleiner Victorien, wäre es dir nicht gut ergangen«, sagte Ben Tobbal.
    »Wir fallen Ihnen nicht in die Hände, Ahmed, wir nicht.«
    »Das kann passieren, Hauptmann, das kann passieren.«
    »Aber es ist nicht passiert.«
    »Nein. Dann ist das also mein Ende. Und ziemlich bald, wie ich vermute«, fügte er mit einem Lächeln hinzu, bei dem sich all seine Züge entspannten, als gäbe er einen Seufzer der Erleichterung von sich, als würde er sich gleich recken und nach einem langem Marsch einschlafen, einem Lächeln, das niemandem galt und das ihn eher sympathisch machte.
    »Das lasse ich nicht zu.«
    Ben Tobbal zuckte die Achseln.
    »Das liegt nicht in deinen Händen, Hauptmann. Deine Männer haben mir keine Kugel in den Kopf gejagt, weil ich der Chef der Kolonne bin. Darum haben sie mich hergebracht. Aber ich weiß genau, wem ihr mich anschließend übergebt. Und falls ihr mich freilasst, werde ich von unserer Seite umgelegt. Die Tatsache, dass ich meine katiba verloren habe und gefangen genommen worden bin, hat mich beschmutzt, und bei uns ist die Säuberung sehr einfach: das macht man mit Blut. Hast du schon bemerkt, dass in diesem Land die Säuberung immer mit Blut vorgenommen wird? Mit reichlich Blut, so wie man das anderswo mit reichlich Wasser tut. Hier ist das Wasser knapp, das Blut dagegen nicht.« Das brachte ihn zum Lachen. Er hockte sich hin und ließ sich von einer Welle der Entspannung überfluten wie von einem leichten Rausch. »Daher sehe ich meine Zukunft genau vor mir, sie ist kurz, auch wenn du so nett bist, mir zuzuhören, kleiner Victorien. Der Doktor Kaloyannis hat dich immer sehr gern gemocht, er hat sich eine Zeit lang gewünscht, du würdest seine Tochter heiraten. Aber die Dinge haben sich geändert, warum, weiß ich nicht. Der gute Doktor ist ein verängstigter Mann geworden, die schöne Euridice hat einen Mann geheiratet, der sie nicht verdient, ich bin vom Krankenpfleger zum Mörder geworden, und du kleiner Victorien hast früher so schön gezeichnet, und nun bist du zu einem hochmütigen Soldaten geworden, ein paar Stunden oder ein paar Tage vor meiner Hinrichtung. Alles hat eine schlimme Wendung genommen, und es wird immer schlimmer werden, bis sich alle gegenseitig umbringen. Ich bin nicht böse darüber, dass das aufhört. Seit Jahren streifen wir durch das Gelände und tun alles, um uns nicht von euch erwischen zu lassen, und wenn wir jemandem begegnen, töten wir ihn

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