Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
rötlich und schließlich schön blau färbte wie im Sommer in Frankreich, und den restlichen Tag blieb er fast weiß, er nahm all die Farben einer Metallplatte an, die man ganz langsam erhitzt, bis sie glüht. Sie schwitzten, ohne sich zu rühren.
Wenn ich mich ganz still verhalte, dachte Salagnon während dieser langen Stunden, schwitze ich vielleicht nicht; oder spüre den Schweiß nicht. Der Körper gewöhnt sich nicht daran, aber das kann einem egal sein. Die Hitze verfolgt mich; seit ich erwachsen bin, begleitet mich der Schweiß. Aber hier schwimme ich wenigstens im eigenen Saft. In Indochina hat mich die gesamte Atmosphäre vergiftet. Von der Luft bekam ich Atembeschwerden. Alles klebte an mir, ich kochte im Dampf, im stinkenden Schweiß von allen, den wir gemeinsam von uns gaben. Hier brate ich nur im eigenen Schweiß. Viel besser.
Sie überwachten den Saum des dunklen Waldes, des staubigen, knisternden Blätterdachs. Sie rechneten damit, dass eine Kolonne von hundertzwanzig bewaffneten Männern daraus hervorkommen und die Straße ohne Deckung überqueren würde. Sie erwarteten sie. Hundertzwanzig Männer: im Maßstab dieses Krieges eine ganze Armee. Meistens sieht man nichts. Man durchkämmt ein Gelände und findet nichts; man weiß, dass sie sich verstecken. Ein Jeep war auf einer einsamen Straße angegriffen worden, als hätten sich die Steine und die Büsche über ihn hergemacht, und man fand die Insassen zerstückelt am Straßenrand liegen. Das war so was wie eine Schlacht. Als Reaktion darauf waren sie gezwungen, das nächstgelegene Dorf aus kleinen Steinbehausungen zu überfallen und alle zu verhören, die sie festnehmen konnten. Die Dorfbewohner verstanden die Fragen nicht, und die französischen Soldaten die Antworten nicht. Das entsprach einer Gegenoffensive. Daher waren sie erleichtert bei dem Gedanken, auf hundertzwanzig bewaffnete Männer zu stoßen. Kämpfen ist besser, als ständig in der Furcht zu leben, überrascht zu werden. Die jungen Männer, die zwischen den Felsblöcken lagen, bemühten sich, keinen Sonnenstich zu erleiden, ihren Herzschlag unter Kontrolle zu halten und in jedem Muskel einen Funken Glut zu wahren, wie eine Sparflamme, bereit sie zu entfachen, sobald die Kolonne von hundertzwanzig Mann unter dem Blätterdach der Bäume hervorkam.
Salagnon hatte unter einer mageren Mimose ein Funkgerät aufgebaut, dessen Antenne den Zweigen zum Verwechseln ähnlich sah, sodass man nichts erkennen konnte, die glänzenden Metallteile waren mit körniger, vom Sand gedämpfter, grüner Farbe überstrichen worden. Dreißig Kilometer von ihnen entfernt warteten zwei Hubschrauber, deren Piloten in voller Ausrüstung im Schatten warteten, bereit eine Abteilung dort abzusetzen, wo sie gebraucht wurde, und wieder loszufliegen, um Männer hier oder dort abzusetzen. Trambassac schwor inzwischen nur noch auf Hubschrauber. Er steckte an bestimmten Stellen Fähnchen in die Karte. Er steckte sie in das durch Höhenlinien dargestellte Relief. Wenn die Truppe vor Ort eingetroffen war, wurde er per Funk darüber informiert. Er baute Fallen mit den kleinen bunten Nadeln, spielte Dame auf der Karte, umstellte den Feind; er schnitt ihm den Durchgang ab; er erwartete ihn hinter einer Wegbiegung; er umgab ihn mit bunten Nadeln. Und vor Ort, in der Hitze zwischen den Steinen, mitten in einem Gelände, in dem man den gesamten Horizont ringsumher sehen konnte, lauerten die Männer, um den Feind anzugreifen. Trambassac zeigte mit dem Finger auf die Karte; und schon wurden Männer dorthin geflogen, wo er mit dem Finger hingezeigt hatte.
Zwei Sikorsky H 34 konnten eine Abteilung an jedem beliebigen Ort absetzen. Dreißig Männer, das ist nicht viel, aber mit etwas Schwung, Präzision und automatischen Handfeuerwaffen konnten sie den entscheidenden Schlag führen. Die fünfzehn Typen, die jeder Hubschrauber transportierte, wussten, dass sie sich aufeinander verlassen konnten. Eine Truppe von jungen Männern, die sich kennen und schätzen, ist unbesiegbar, denn keiner von ihnen wird es wagen, vor den Augen seiner Freunde kehrtzumachen, keiner wird jene im Stich lassen, mit denen er kämpft und mit denen er lebt, denn das hieße, sich selbst im Stich zu lassen.
Mit halb geschlossenen Augen unter seiner Schirmmütze wartete Salagnon darauf, dass sich etwas bewegte. In einem kleinen Heft mit weißen Seiten, das er in der Brusttasche mit sich herumtrug, skizzierte er das dürre Tal, zeichnete dessen Konturen mit
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