Die Frau an Seiner Seite
beherrschten sächsischen Dialektes außerordentlich beliebt. Schon als Schülerin in Ludwigshafen war sie gern gesehener Gast in Annegrets Elternhaus. Jetzt spielte Annegret bis wenige Tage vor Hannelores Tod eine wichtige Rolle. Sie kam häufig nach Ludwigshafen und tröstete ihre frühere Mitschülerin in ihrem tiefen Schmerz wegen der Lichtallergie. Gleiches gilt für Ursel Schönig aus Bruchsal, die wie Hannelore einst zu den Jüngsten in der Gymnasialklasse gezählt hatte. Auf die studierte Übersetzerin für Englisch und Französisch, verheiratet mit einem Zahnarzt und Mutter von zwei Söhnen, war Verlass. Auch sie ließ Hannelore in ihrer schwersten Lebensphase nicht im Stich. Auch sie zählte zu jenen Freundinnen, die ihr bis zum Schluss beistanden.
Zu Hannelores Freundschaftsnetz, das sie vor vielen Jahren zu flechten begonnen hatte und Jahrzehnte liebevoll pflegte, zählte auch die Leipzigerin Rena Krebs. Die beiden Kriegskinder aus Leipzig verband seit Kindertagen eine besonders innige Freundschaft. Rena, mit einem Arzt verheiratet und selbst psychologisch geschult, war Hannelore eine wichtige Stütze. Sie kannte eine Reihe namhafter Ärzte, die immer wieder konsultiert wurden, und war in medizinischen Fragen eine kompetente Ansprechpartnerin. Für Hannelore war sie unverzichtbar.
Ursula Fischer aus Speyer, Dolmetscherin mit internationalen Erfahrungen bei der BASF, spielte im Netz der Freundinnen ebenfalls eine herausragende Rolle. Als ehemalige Arbeitskollegin kannte sie Hannelores Lebensweg seit den Fünfzigerjahren, hatte nie den Kontakt zu ihr verloren und begleitete sie auch in den letzten Monaten vor ihrem Tod in vorbildlicher Weise.
Ganz in Hannelores Nähe lebte Anneliese Wiß und war allein deshalb zu jeder Zeit abrufbar. Die Mutter von zwei Söhnen und einer Tochter war seit vielen Jahren verwitwet und wusste selbst, was es bedeutet, allein zu sein. Sie gehörte zu den entscheidenden Stützen und war die letzte Besucherin, die Hannelore vor ihrem Tod gehabt hatte. Freundin Anneliese war immer dann zur Stelle, wenn sie dringend gebraucht wurde, wenn Hannelore Hilferufe aussandte und ihre Verzweiflung schlimme Formen annahm.
Helga Massa, selbstständige Immobilienkauffrau aus Frankenthal, war die Jüngste in Hannelores Freundschaftsnetz. Die außerordentlich hübsche, sehr gepflegte und erfolgreiche Unternehmerin, die im März 2011 verstarb, hatte Hannelore vor langer Zeit überredet, Mitglied im Ludwigshafener »Zonta Club« zu werden, der weltweit gezielt Projekte finanziell und ideell unterstützt. In diesem internationalen Frauenclub, der damals rund fünfzig Mitglieder allein in Ludwigshafen zählte und sich die Verbesserung der Lebensqualität von Frauen zur Aufgabe gemacht hat, fühlte sich Hannelore Kohl außerordentlich wohl. Wann immer sie konnte, kam sie jeden dritten Dienstag im Monat zum gemeinsamen Treffen ins »Europa Hotel«. Aber auch privat sahen sich die beiden Frauen häufig. In der Wohnung des Ehepaars Massa konnte Hannelore entspannen, sich gehen lassen und frei von der Leber weg reden. Freundin Helga überbrückte durch ihre Gegenbesuche im Bungalow manche langen Stunden der Einsamkeit. Auch auf diese Freundin war hundertprozentig Verlass, als es Hannelore in ihrer letzten Lebensphase fürchterlich schlecht ging.
Eine weitere enge Bezugsperson war Irene Ludwig, ein ehemaliges Model und bis zu ihrer Pensionierung in der Modebranche selbstständig tätig. Seit Ende der Sechzigerjahre kannten sich die beiden Frauen, aus einer Urlaubsbegegnung wurde Freundschaft. Später begleitete die inzwischen verwitwete Irene Hannelore regelmäßig in die Privatklinik am Tegernsee. Irene Ludwig schätzte die Charakterstärke der Freundin, ihre Disziplin, ihr hohes Maß an Intelligenz und ihren Mut. Mut, sich für andere einzusetzen, sich in den Dienst einer Sache zu stellen.
Während eines gemeinsamen Kuraufenthaltes hatte es einmal eine akute Bedrohungssituation gegeben. Die Kanzlergattin gehörte zu den Prominenten, die hier Ruhe und Erholung suchten und von fachlich versierten Ärzten und kompetentem Pflegepersonal betreut wurden. Zu den langjährigen Gästen gehörten unter anderem Berthold Beitz, Zarah Leander, der frühere österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky, Ruth Leuwerik, Peter Frankenfeld, Walter Scheel und Peter Alexander. An jenem Tag mussten Patienten und Personal das Haus verlassen. Hannelore folgte der Aufforderung nicht. Sie schnappte sich einen Polizeihund,
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