Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
Vom Netzwerk:
festliche französische Menü blieb ihr fast im Hals stecken. Dieser 70. Geburtstag ihres Mannes markierte für sie wie kaum ein anderer Tag ihres Lebens einen unglücklichen Wendepunkt. Von manchen Freunden im Stich gelassen und vergessen, von Gegnern verhöhnt, verachtet und gehasst, war es einsam um den Pfälzer geworden. Seine Lebensleistung war durch die Spendenaffäre beschmutzt, seine Verdienste waren geschmälert – und Hannelores eigener Einsatz an der Seite ihres Mannes spielte ohnehin keine Rolle mehr. Die ganze Situation war ein einziges Debakel, das ihr nicht nur psychisch immer mehr zusetzte. Ihre Krankheit bekam einen neuen Schub, die Folgen nahmen ein kaum noch erträgliches Ausmaß an.
    Und die Spendenaffäre wollte kein Ende nehmen. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss in Berlin kam kontinuierlich zusammen, die Zeugenvernehmungen bestimmten die Schlagzeilen der Presse. Anfang Juni wurde Helmut Kohls Vertraute Juliane Weber ebenso vor den Ausschuss zitiert wie Büroleiter Michael Roik. Durch eine direkte Intervention beim damaligen Kanzleramtsminister konnte gerade noch verhindert werden, dass Kohls Chauffeur Ecki Seeber von den Ausschussmitgliedern zur CDU-Spendenaffäre befragt wurde.
    Die Bilder, die in Nachrichten und Sondersendungen ins abgedunkelte Wohnzimmer in Ludwigshafen flimmerten, taten Hannelore weh. Ohnmächtig verfolgte sie von Woche zu Woche den Fortgang der Ausschussarbeit und fieberte dem Auftritt ihres Mannes entgegen. Sieben Monate nach Beginn der Spendenaffäre konnte der Altkanzler vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss erstmals zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen. Es sollten noch viele Befragungen folgen.
    * * *
    Von Ende Juli bis Mitte August 2000 machten die Kohls wieder einmal Urlaub im österreichischen Sankt Gilgen. Anders als früher mussten nicht nur die notwendigen Utensilien für Helmut Kohl ins kleine Ferienhaus am Wolfgangsee transportiert werden. Wegen Hannelores Lichtempfindlichkeit waren diesmal weitreichendere Maßnahmen notwendig. Während selbst der Privatwagen des Ehepaars längst mit speziell getönten Scheiben ausgestattet war, die zusätzlich mit doppelt genähten Vorhängen verdunkelt werden konnten, war das Ferienhaus natürlich nicht entsprechend gerüstet. Sämtliche Fenster des Hauses mussten mit schwarzen Folien ausgelegt und sämtliche Glühbirnen gegen solche mit einer ganz niedrigen Ohmzahl ausgetauscht werden. Hannelore öffnete schon seit Monaten die Rollläden im Ludwigshafener Bungalow nicht mehr, sie konnte nur noch in abgedunkelten Räumen leben. Hätte man das Ferienhaus nicht entsprechend umrüsten können, hätte sie nicht mitkommen können.
    Der Urlaub war für alle Beteiligten geprägt von schweren Belastungen, an Entspannung war nicht nur wegen der Spendenaffäre kaum zu denken. Hannelore mied die Öffentlichkeit und verließ nur nach Einbruch der Dunkelheit das Haus. Das Einzige, was sie sich nicht nehmen ließ, waren abendliche Ausflüge zum Schwimmen. Die begeisterte Schwimmerin hatte vorgesorgt und trug beim Baden einen Neoprenanzug, der sie vor Lichtstrahlen schützte. Die geliebte Urlaubszeit wurde auch für Helmut Kohl unter den obwaltenden Umständen zu einer schweren Belastung. Er mied tagsüber die Innenräume des Ferienhauses, war ständig unterwegs, als ob er auf der Flucht sei. Ein Urlaub unter diesen Umständen war eine einzige Katastrophe, und das für alle Beteiligten. Ich selbst machte bei mehreren Besuchen in Sankt Gilgen die Erfahrung, dass unter diesen Umständen selbst für einen gesunden Menschen das Leben nicht mehr lebenswert war.
    In Berlin wurden unterdessen neue Vorwürfe gegen den Altkanzler bekannt. Angeblich seien Akten verschwunden und Daten im Bundeskanzleramt gelöscht worden. Jahre sollten vergehen, bis diese Unterstellungen entkräftet, diese Missverständnisse aufgeklärt waren. Die Gerüchte hielten sich hartnäckig und es war schwierig, sie als Lügen zu entlarven. Das alles nagte an Hannelores Selbstwertgefühl und belastete sie erheblich.
    Im Spätherbst 2000 konnte Kohls Tagebuch abgeschlossen werden. Parallel zu seiner ständigen Präsenz in Berlin nutzte er jede freie Minute zur Fertigstellung des Buchmanuskriptes. Seine Tagebuchaufzeichnungen mussten überprüft, ergänzt und erweitert werden. Dabei spielte das Berliner Büro eine herausragende Rolle. Vor allem Michael Roik und Lutz Stroppe leisteten dem Altkanzler vorzügliche Zuarbeit. Als das Manuskript

Weitere Kostenlose Bücher